Das groß angelegte Kunst- und Ausstellungsprojekt „ReNatur" wird am 11. September auf der Grube Reden eröffnet. Im Sommer startete es bereits in Duisburg. Initiiert hat es der frühere Saarbrücker Galerist Werner Redzimski.
Wenn Werner Redzimski Kunstprojekte plant, dann ist eines programmiert: ein bisschen Chaos, ein bisschen Größenwahn, und alles ist mit heißer Nadel gestrickt. Aber das Schönste kommt zum Schluss, denn irgendwie fügt sich dann doch
alles zusammen.
Wer ihn kennt, weiß, dass er weder Scheu kennt, jemanden anzusprechen und um Mithilfe bei der Umsetzung eines Projektvorhabens oder einer Künstlerunterstützung zu bitten, noch dass er sich von Absagen abschrecken lässt. Jetzt hat er ein Mammutprojekt auf den Weg gebracht, das eine Ausstellung an drei Standorten (mit Katalog) und einen begleitenden Dokumentarfilm beinhaltet. Mit vielen Unterstützern an seiner Seite.
Bereits vor etwa fünf Jahren entstand die Idee zu einem Kunstprojekt mit dem Titel „ReNatur". Künstlerinnen und Künstler sollten sich mit stillgelegten Industriebrachen und der nachfolgenden Renaturierung auseinandersetzen. Gemeinsam mit dem Saarbrücker Maler Jörg Munz entwickelte er ein Konzept und suchte nach Sponsoren. Mithilfe des saarländischen Kultusministeriums gelang es, einen Antrag bei der RAG-Stiftung zu stellen, der jedoch zunächst abschlägig beurteilt wurde. Aber dank Redzimskis Beharrlichkeit gab es im Jahr 2019 doch noch grünes Licht für eine Finanzierung.
Die Idee entstand bereits vor fünf Jahren
Mit diesem Sponsor lag das Hauptaugenmerk nun auf stillgelegten Zechen und Gruben im Saarland und im Ruhrgebiet und gleichfalls Künstlerinnen und Künstlern, die in diesen Regionen beheimatet sind. Die von Redzimski hierfür ausgewählten Künstler („lauter gestandene Künstler mit gefestigtem Stil") sind allesamt „alte" Weggefährten aus seiner Zeit als Betreiber der von 1992 bis 2008 in Saarbrücken ansässigen „Galerie 48". Die Künstlerinnen und Künstler aus dem Ruhrgebiet sind ehemalige Meisterschüler der Klasse Hermann-Josef Kuhna (Kunstakademie Münster), die Künstler aus dem Saarland sind mit Werner Constroffer, Joachim Ickrath und Jörg Munz ebenfalls seit Jahrzehnten mit Redzimski und seinen Galerieprojekten verbunden. Hinzu kam der Saarbrücker Fotograf André Mailänder, mit dem er bislang zwar kein gemeinsames Projekt realisieren konnte, den er aber schon länger im Fokus hatte. Der fünfte „Künstler" innerhalb der saarländischen Riege ist Redzimskis Sohn Roman, der in der Ausstellung mit mehreren „Filmstills" vertreten ist. Diese entstammen dem die Ausstellungsreihe begleitenden Dokumentarfilm, den Roman Redzimski, seines Zeichens Filmemacher, zu diesem Projekt realisiert hat. Der „Kinofilm im Dokuformat", so die offizielle Beschreibung von Redzimski, zeigt in eindrucksvollen Bildern die Assoziationsquellen für die Künstlerinnen und Künstler, also den aktuellen, renaturierten Zustand verschiedener Grubenstandorte, und stellt in Kurzinterviews die jeweiligen künstlerischen Positionen vor. Einziger Wermutstropfen: der Betrachter weiß nicht, welche Grube oder Halde filmisch festgehalten wird, es gibt keine ergänzenden Einblendungen und auch keinen Sprecher. Jedem Standort ist aber eine eigene Musiksequenz unterlegt.
Das von der RAG-Stiftung als Hauptsponsor geförderte Ausstellungsprojekt startete – coronabedingt um ein Jahr verschoben – im Sommer 2021 in der Cubus Kunsthalle in Duisburg, und ist ab dem 11. September auf der Grube Reden in Schiffweiler zu sehen. Im Sommer 2022 folgt mit der Künstlerzeche Unser Fritz in Herne der dritte Ausstellungsstandort.
Ausstellung an drei Standorten, Katalog plus Dokumentarfilm
Ein solches Großprojekt braucht viele helfende Hände und Unterstützer. Während sich Jörg Munz vornehmlich mit verwaltungstechnischen Arbeiten inklusive Finanzen befasste, agierte Werner Redzimski unter anderem als „Helfer" bei den Dreharbeiten des Dokumentarfilms. Neben dem aufwendigen Film ist auch ein Ausstellungskatalog erschienen. Die Texte zu den Künstlern aus dem Ruhrgebiet stammen von Claudia Schaefer, Leiterin der Cubus Kunsthalle. Die Erläuterungen zu den saarländischen Künstlern hat Thomas Girst verfasst.
Thomas Girst? Hat man sich verlesen? Nein. Er ist es: Saarland-Botschafter, Sohn der saarländischen CDU-Politikerin Anita Girst, Leiter des Kulturengagements der BMW Group und 2016 zum „Europäischen Kulturmanager des Jahres" gekürt. Wie hat Redzimski das wieder hinbekommen? Eine typische Redzimski-Story: 2019 war Girst im Saarbrücker Filmhaus als Autor zu Gast und stellte sein neuestes Buch vor. Redzimski besuchte die Veranstaltung, ließ sich das Buch signieren und „quatschte den Kulturmanager mit Informationen zum ‚ReNatur‘-Projekt voll", anhängig mit der Bitte, ob Girst dazu Textbeiträge schreiben könne. Ob Girst von Redzimskis Charme überrumpelt oder vom Projekt überzeugt war, ist nicht bekannt. Redzimski verließ das Filmhaus mit einem signierten Buch inklusive aufgemaltem Herzchen und Handynummer des Kulturmanagers. Girsts Textbeiträge ergänzen als einfühlsame und zugleich erhellende Beschreibungen der saarländischen Künstlerpositionen die abgebildeten Werke.
Die Künstlerinnen und Künstler konnten sich bei diesem Ausstellungsprojekt nicht nur auf ihren künstlerischen Beitrag beschränken. Hugo Boguslawski (Ruhrgebiet) gestaltete das Logo zum Projekt „ReNatur" und betreut die hierfür eigens installierte Website, Werner Constroffer zeichnet für das Design der Einladungskarte für die Ausstellung im Saarland verantwortlich. Alle saarländischen Künstler und Werner Redzimski teilen sich am Ausstellungsstandort in Reden die Aufsichten während der Öffnungszeiten. Auch die Hängung der Werke übernehmen die Künstler in Reden eigenverantwortlich. Während die Künstler aus dem Projektbudget Materialkosten abrechnen konnten und die Ausstellung zugleich auch als Verkaufsausstellung fungiert, geht Redzimski nach eigener Aussage finanziell leer aus. Seine Bezahlung: Er hat sich von jedem der beteiligten Künstler eine Arbeit gewünscht. Auch typisch Redzimski. Na dann: Glück auf!