Die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA wirken noch immer nach. Fast 3.000 Menschen kamen an diesem Tag ums Leben. Bis heute ranken sich die irrsinnigsten Verschwörungstheorien um die Ereignisse.
Es sind schockierende Bilder, die eine ganze Nation bis ins Mark treffen und die Verletzbarkeit der westlichen Welt offenbaren. Wer heute das Kürzel 9/11 liest oder hört, der hat augenblicklich wieder die schier unbegreiflichen Bilder vor Augen. Es ist der Tag, der die moderne Welt, wie wir sie bis dahin kennen, nachhaltig verändert. Am 11. September 2001 schlägt um 8.45 Uhr Ortszeit eine Boeing 767 der American Airlines (AA) in Höhe der 96. Etage in den Nordturm des World Trade Centers in New York ein. Wenige Minuten später – exakt um 9.03 Uhr – durchbohrt eine zweite Boeing 767 der United Airlines den Südturm und explodiert. 2.753 Menschen kommen bei den Anschlägen ums Leben.
In Endlosschleife werden die Aufnahmen vom zweiten Einschlag und den in sich zusammenstürzenden Wolkenkratzern weltweit ausgestrahlt. Als Erstes fällt um 10.05 Uhr der Südturm, etwa 20 Minuten später kollabiert der Nordturm. Zwei weitere von Terroristen gekaperte Maschinen stürzen ab: eine Boeing 757-222 zerschellt in Shanksville, Pennsylvania, eine Boeing 757 trifft die Westseite des Pentagons in Virginia.
Das medial aufsehenerregende Attentat war von den Tätern minutiös und von langer Hand vorbereitet worden. Über Monate lebten die Akteure mit gefälschten Pässen in den USA, ließen sich dort zu Piloten ausbilden, passten sich vermeintlich dem American Way of Life an. Im Gesamten beliefen sich die Kosten für die Vorbereitung des Attentats auf umgerechnet eine halbe Million Euro, Überweisungen kamen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrein. Alle drei Hauptakteure des Anschlags lernten in einer Cesna 152 in den USA das Fliegen. Auch der vierte Pilot und Anführer, Hani Hanjour, bestand die Prüfung zum Verkehrspiloten. Mohammed Atta und Marwan al-Shehhi bereiteten sich am Computer intensiv besonders auf den Todesflug vor: Sie übten in einem Boeing-727-Simulator das Fliegen von Kurven.
Drei der vier Piloten und Anführer kannten sich aus Deutschland: Atta, 33, Sohn eines Rechtsanwalts aus Kairo, al-Shehhi, 23, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Flug UA 175 in den Südturm des World Trade Centers steuerte, und der Libanese Ziad Jarrah, 27, der eine Freundin in Bochum hatte und mit Flug UA 93 auf ein Feld in Shanksville in Pennsylvania stürzte. In Hamburg studierten sie Elektrotechnik, Stadtplanung und Flugzeugbau, lernten Deutsch und wurden zu fanatischen Muslimen, gepaart mit Hass auf den Westen und der Bereitschaft, den Massenmord an Tausenden hinzunehmen.
Sprung in den Tod aus Verzweiflung
Die insgesamt 19 Attentäter, die für die vier Flugzeugentführungen verantwortlich waren, überlassen nichts dem Zufall: Die Maschinen, mit denen die Todespiloten ihren Plan umsetzen, starten allesamt früh in Boston, Newark und Washington. Die Boeing 757 und 767 hatten planmäßig Ziele an der Westküste und daher große Kerosinmengen an Bord, was in der Logik der Terroristen für eine hohe Sprengkraft spricht. Zudem kombinieren sie die Pläne zweier früherer Anschläge: Schon 1993 sollten beide Türme des World Trade Centers in Schutt und Asche gelegt werden und dabei 40.000 Menschen getötet werden, doch die Täter berechneten letztlich die Sprengstoffmenge falsch. Ein Jahr später sollten zwölf US-amerikanische Jumbo-Jets auf ihrem Flug vom Fernen Osten in die USA gleichzeitig gesprengt werden – doch auch dieser Plan zerschlug sich.
Am Morgen des 11. September 2001 besteigen Mohammed Atta und Abd al-Asis al-Umari in Portland den Zubringerflug nach Boston, wo sie mit den übrigen Mitgliedern ihrer Gruppe für Flug AA 11 einchecken. Die Boeing 767-223 ER mit 92 Passagieren und fünf Entführern an Bord hebt vom Logan International Airport in Boston ab, doch ihre Flugroute soll sich schon bald ändern. Atta und seine vier Kämpfer sollen laut Augenzeugenberichten mehrere Passagiere und Crew-Mitglieder mit einem Spray attackiert haben. Zwei Flugbegleiter werden dabei niedergestochen. Daraufhin, so berichten Augenzeugen, sollen die Entführer ins Cockpit eingedrungen sein. Über Worcester in Massachusetts beschreibt die Maschine kurze Zeit später eine sanfte Nordkurve, ehe sie scharf nach Süden abdreht. Wenige Minuten später sind letzte Funksprüche aus dem Cockpit zu vernehmen.
Um 8.45 Uhr Ortszeit schlägt die Boeing 767 in Höhe der 96. Etage in den Nordturm ein – und trifft ihn in seiner Mitte. Durch den Aufprall werden die Aluminiumtanks in den Flügeln regelrecht zerfetzt, der Treibstoff schießt heraus und zerstäubt in der Luft. Die Explosion hat eine solche Wucht, dass ganze Flugzeugteile an der anderen Seite des Turms herausgeschleudert werden. Das Kerosin, das nicht sofort explodiert, schießt aus den Tanks und verteilt sich in die darunterliegenden Stockwerke. Alle 667 Angestellten der Finanzfirma Cantor Fitzgerald, die zu diesem Zeitpunkt zwischen dem 101. und 105. Stock arbeiten, sterben entweder infolge der gewaltigen Explosion, durch Verbrennungen oder Erstickung. Aus schierer Verzweiflung springen einige aus den Fenstern – und in den sicheren Tod.
343 Opfer sind Feuerwehrkräfte
Nur eine Viertelstunde nach Flug AA 11 startet vom Bostoner Flughafen der Flug UA 175 – planmäßiges Ziel Los Angeles. Marwan al-Shehhi hat kurz zuvor mit seiner Gruppe eingecheckt. An Bord der Maschine befinden sich 54 Passagiere, unter ihnen der spätere Pilot und Anführer Marwan al-Shehhi und vier Terrorkämpfer. Knapp eine halbe Stunde nach dem Start reißt der Funkkontakt zur Maschine ab. Mittlerweile haben die fünf Terroristen die Kontrolle der Boeing 767 an sich gerissen. Die gesamte Crew und alle Fluggäste werden in die hinteren Reihen der Maschine getrieben. Mindestens eine Flugbegleiterin wird von einem der Kämpfer mit einem Messer erstochen. Al-Shehhi verschwindet im Cockpit und nimmt in südwestlicher Richtung Kurs auf New York. 13 Minuten vergehen, ehe sich die Maschine um 9.03 Uhr Ortszeit in den Südturm bohrt und explodiert. An zwei Seiten des Turms schießt ein riesiger Feuerball hervor. Auch hier ist die Wucht des Aufpralls gewaltig, doch man vermutet, dass der Einschlag allein nicht den Turm zum Einsturz gebracht hat.
Bereits um 8.47 Uhr werden die New Yorker Feuerwachen alarmiert, allerdings ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand das Ausmaß des Terroranschlags. Der erste Einschlag in den Nordturm überrascht die Feuerwehrleute ausgerechnet beim Schichtwechsel. Auf eine Löschaktion in dieser Größenordnung ist keiner vorbereitet – die Boeing wiegt mehr als 120 Tonnen, hat rund 34.000 Liter Kerosin in den Tanks, das Feuer im Turm erreicht rasch 1.200 Grad Celsius. Dazu kommt, dass immer wieder Gebäudeteile aus Eisen und Stahl in rasender Geschwindigkeit herabfallen, teilweise stürzen Menschen aus den Stockwerken. In schwerer Montur müssen erst einmal die Feuerwehrmänner die Überlebenden, die in den abgeschnittenen Stockwerken festsitzen, befreien. Für 343 Wehrleute wird dieser Einsatz ihr letzter.
Zuerst stürzt um 9.58 Uhr der Südturm ein. Da der Punkt des Einschlags dort niedriger war, drückte eine größere Last auf die Stützen in den betroffenen Stockwerken. Nach Expertenmeinung könnte der Gebäudekern des Südturms deutlich mehr beschädigt worden sein als der im Nordturm. Ein überlebender Feuerwehrmann, der sich zeitgleich im Nordturm aufhält, berichtet später von einem höllischen Lärm, als ob ein Sattelschlepper durchs Wohnzimmer fährt. Über Lower Manhattan steigt sogleich eine riesige Wolke aus Eisen, Glas, Staub und Beton auf. Es ist 10.28 Uhr, als schließlich auch der Nordturm in sich zusammenstürzt – auf eine Weise, die an eine kontrollierte Sprengung erinnert.
Sammelsurium wilder Theorien
Um die Anschläge mit fast 3.000 Toten ranken sich bis heute etliche Verschwörungstheorien. In den USA verbreiten Anhänger des „9/11 Truth movement", sogenannte Truther, ihre Verschwörungstheorien und alternativen Fakten im Internet. Auch die Tatsache, dass sich Osama Bin Laden mehrfach zu den Terroranschlägen bekannte, spielt für die Verschwörungstheoretiker keine Rolle. Viele aus der Bewegung glauben, die US-Regierung unter George W. Bush habe die Anschläge bewusst zugelassen. Eine andere Verschwörungserzählung geht davon aus, dass ein überschaubarer Personenkreis innerhalb der US-Führung die Anschläge geplant und mithilfe Dritter ausgeführt habe. Dadurch sollte ein Vorwand geschaffen werden für die Invasion in Afghanistan und im Irak – allein wegen der dortigen Ölvorkommen.
Viele Truther glauben zudem, dass am 11. September die Luftverteidigung der USA aus eben diesem Grund die Anschläge absichtlich nicht verhindert habe. Das wohl stärkste Indiz für eine 9/11-Verschwörung fußt angeblich auf technischen Fakten: Die Wucht der Einschläge und die Hitze infolge der Explosionen und Brände hätten nicht ausgereicht, um die Gebäude einstürzen zu lassen. Stattdessen sollen gezielte Sprengungen den Kollaps der Twin Towers herbeigeführt haben. Andere Truther wiederum sehen eine internationale Finanzverschwörung in den Ereignissen vom 11. September. Es sei bei den Anschlägen um Insiderdeals an der Börse gegangen. Als ein angeblich eindeutiges Indiz führen die Anhänger dieser Theorie ungewöhnliches Verhalten an den Aktienmärkten kurz vor den Anschlägen ins Feld. Eine geheime Elite soll die Anschläge initiiert haben und dadurch noch reicher geworden sein.
Eine besonders krude Erzählung liegt der No-Planes-Theory zugrunde: Anhänger dieser Theorie sind davon überzeugt, dass überhaupt keine Maschinen ins World Trade Center geflogen sind. Medien sollen die Fernsehbilder manipuliert, Geheimagenten und US-Behörden die Augenzeugenberichte gefakt haben. Die zwei Türme sollen vielmehr, so der Glaube, gesprengt worden sein – wobei sich die Truther da nicht festlegen wollen, ob dahinter die Illuminaten, Freimaurer oder Reptiloiden stecken.