Viktoria Köln ist nicht gut in die neue Saison gestartet. So schlecht wie die Mannschaft derzeit dasteht, ist sie auf dem Papier nicht. Der personelle Umbruch erfordert seine Zeit.
In der vergangenen Saison galt Viktoria Köln zunächst als Geheimfavorit. Doch dann lief fast alles schief. Erst eine starke Rückrunde glättete die Wogen ein wenig. Doch vor der Saison verließen wichtige Spieler den Verein.
Die sportliche Lage
Der frühzeitige und letztlich doch noch souveräne Klassenerhalt als Tabellenzwölfter täuschte ein wenig über die schwierige Saison am Höhenberg hinweg, besonders der Winter hatte es in sich. Da trudelte Viktoria Köln bis in den Abstiegskampf, gewann nur eines von elf Spielen, Trainer Pavel Dotchev musste gehen. Nachfolger Olaf Janßen stabilisierte die Rheinländer schnell, am Ende sah die Rückrundenbilanz sogar sehr ordentlich aus. Doch so richtig aus dem Sumpf haben sich die Kölner noch nicht gekämpft. Einen wichtigen Posten hat Andreas Rettig, ehemaliger Geschäftsführer der DFL, bei Viktoria zur neuen Saison angenommen. Als Geschäftsführer unterschrieb er für vier Jahre bei den Rheinländern. Rettig nannte unter anderem die kurzen Wege als Motiv für sein Engagement in Köln, wo er mit seiner Frau zu Hause ist. „Außerdem möchte ich im letzten Drittel meines beruflichen Wirkens keine Kompromisse mehr eingehen. Ich will mich mit Menschen umgeben, mit denen ich vertrauensvoll und mit Freude zusammenarbeite. Und dieses Gefühl habe ich hier", sagte er. Er würde bei Viktoria den „Gestaltungsspielraum" vorfinden, „den ich mir wünsche", so Rettig weiter. Sportlich gesehen war es gleich ein schwieriges Unterfangen. Viele Abgänge und lange nicht genug Neuzugänge. Am letzten Tag der Transferperiode schlugen die Kölner dann aber zu.
Die Transfers
Es ging einiges an Qualität verloren. Kapitän Mike Wunderlich, der dem Club seines Vaters Franz den Rücken kehrte und sich dem 1. FC Kaiserslautern anschloss, ist kaum zu ersetzen. Auch Flügelstürmer Lucas Cueto (Karlsruher SC), der zu den schnellsten Spielern der Liga zählte, und der in der Rückrunde ausgeliehene und eingeschlagene Verteidiger Michael Schultz (Braunschweig) fehlen sehr. Insgesamt waren es 14 Abgänge, denen sehr lange nur wenige Neuzugänge gegenüberstanden. Doch die hatten es durchaus in sich. Dass Marcel Risse (31) fest vom großen Stadtrivalen FC verpflichtet werden konnte, ist ein kleiner Coup, auch Linksverteidiger Daniel Buballa (31/St. Pauli) bringt enorm viel Erfahrung mit. Federico Palacios (23/Regensburg) soll der nächste Torjäger werden. Was allerdings lange fehlte, ist neben Spielern für die Außenpositionen ein Spielmacher, wie es Wunderlich war. Deshalb wurden die Kölner am letzten Tag der Transferperiode noch mal aktiv. Luca Marseiler, der von Unterhaching nach Paderborn wechselte, kommt nun auf Leihbasis zur Viktoria. „Luca verfügt über viel Potenzial. Er benötigt für seine weitere Entwicklung aber mehr Spielzeit auf höherem Niveau, als er sie aktuell in Paderborn bekommen kann. Deshalb haben wir uns gemeinsam mit dem Spieler für eine einjährige Leihe in die 3. Liga entschieden", sagt SCP-Geschäftsführer Sport Fabian Wohlgemuth. Bei den Rheinländern werde er „gute Möglichkeiten bekommen, den nächsten Schritt in seiner Karriere zu machen". Zudem wurde Lenn Jastremski von Bayern München II ausgeliehen. „Wir sind sehr froh, dass der FC Bayern die Tür für diese Leihe geöffnet hat", sagt Marcus Steegmann, der Sportliche Leiter der Viktoria. „Lenn ist ein Spieler, der sehr viele Fähigkeiten hat, die ihn für uns interessant machen. Er hat ein tolles Kopfballspiel und arbeitet viel für die Mannschaft. Was aber für einen Stürmer viel wichtiger ist: Er hat einen Torriecher, den er beispielsweise in Wolfsburg hervorragend unter Beweis gestellt hat. Und er hat auch in seinem ersten Seniorenjahr in der 3. Liga getroffen. Daher sind wir sehr froh, dass wir ihn für uns gewinnen konnten und freuen uns auf eine erfolgreiche Zeit mit ihm." Damit ist der Kader der Kölner komplett. Die finanzielle Ausstattung des Vereins ist aber überaus gut, sodass notfalls im Winter nachgelegt werden könnte.
Bisherige Saison
Die bisherige Saison verlief eher nicht nach Plan der Verantwortlichen. Beim unangenehmen Aufsteiger aus Berlin setzte es gleich zu Beginn eine Niederlage. Den ersten Punktgewinn gab es dann mit einem 1:1 zu Hause gegen den FSV Zwickau. Ein engagierter Auftritt im DFB-Pokal blieb ohne Happy-End. In der Verlängerung musste sich Janßens Mannschaft mit 2:3 geschlagen geben. Mit Niederlagen ging es dann auch in der Liga weiter. Gegen Verl, Mannheim und 1860 München gab es insgesamt neun Gegentore und keine Punkte. Doch dann gab es gegen die zweite Mannschaft des SC Freiburg einen 3:1 Sieg – den ersten in der aktuellen Spielzeit. Der letzte Auftritt auswärts beim VfL Osnabrück verlief dann aber wieder mäßig.
Der Trainer
Als Olaf Janßen vergangene Saison nach Köln zurückkam, war keine große Vorstellung nötig. Von Januar bis Juni 2018 war der 54-Jährige schon einmal Chefcoach der Höhenberger, ehe ihn der VfL Wolfsburg als Co-Trainer von Bruno Labbadia zu sich lockte. „Für mich hat sich die Zeit bei der Viktoria nie beendet angefühlt, der Weg ist nur unterbrochen worden. Alles fühlt sich sehr vertraut und gut für mich an. Köln ist meine Stadt, meine fünf Kinder sind hier geboren. Es ist ein Nachhausekommen", erklärte der frühere FC-Profi pathetisch. Vor seinem erneuten Engagement arbeitete Janßen bei Hertha BSC – wieder als Co-Trainer von Bruno Labbadia.
Die Spielweise
So ganz klar wurde die Spielidee in der bisherigen Saison noch nicht. Mal agierten sie tiefer stehend, mal gibt es Episoden, in denen höher angelaufen wurde. Im Spiel nach vorne läuft viel über die Außenbahnen und Marcel Risse, das hohe Tempo auf den Außenbahnen ist sicherlich eine Stärke von Janßens Mannschaft. Mit den Neuzugängen Marseiller und Jastremski steht offensiv wieder viel mehr Qualität zur Verfügung. Sehnlichst erwartet wird die Rückkehr von Torjäger Timmy Thiele, der mit Adduktoren-Problemen zuletzt ausfiel.