Steve Jobs, Spitzname „iGod", hat die Welt der modernen Medien wie kein anderer revolutioniert. Durch die perfekte Verbindung von Technik und ästhetischem Design hat er einen bis dahin unbekannten digitalen Lifestyle geschaffen. Am 5. Oktober vor zehn Jahren ist er verstorben.
Die Nachricht über das friedliche Ableben des gerade mal 56-jährigen Steve Jobs am frühen Morgen des 5. Oktober 2011 im kalifornischen Palo Alto im Kreise seiner Familie konnte kaum jemanden wirklich überraschen. Der von seiner millionenfachen Anhängerschar wie ein Guru verehrte Apple-Medien-Pionier litt an diversen Krebserkrankungen, die bereits im Oktober 2003 erstmals diagnostiziert wurden und die seinen Gesundheitszustand im Laufe seines letzten Lebensjahres ständig verschlechtert hatten. Anfang 2011 hatte sich der vom „New York Magazine" zum „iGod" gekürte Herrscher über die moderne Technikwelt aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, acht Monate später seinen CEO-Posten bei Apple an seinen Vertrauten Tim Cook abgegeben.
Dieser Schritt ließ die Alarmglocken bei den Aktienbesitzern des gerade zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegenen Silicon-Valley-Konzerns schrillen. Für die Investoren stand Jobs wie kein Zweiter für Apple, nur ihm allein trauten sie das untrügliche Gespür für Erfolge und Innovationen im Umfeld der modernen Medien zu. Schließlich hatte er nacheinander dem Heimcomputer, dem PC, dem MP3-Player, dem Smartphone und dem Tablet zum Durchbruch verholfen, obwohl keines dieser Produkte eine Erfindung des gebürtigen Kaliforniers gewesen war. Aber dank seines viel bewunderten Verkaufs- und Marketingtalents sowie seinem Faible für kreatives Design – gewissermaßen für die zeitgemäße Verpackung der Technik in einem Lifestyle-Produkt – hatte er die Konkurrenz weit hinter sich gelassen und den digitalen Lebensstil begründet.
Einzig den Aufbau des modernen World Wide Web konnte er sich nicht auf seine Fahnen schreiben, auch wenn dessen Erfinder Tim Berners-Lee dafür eine von Jobs Computerfirma NeXT 1988 entwickelte Workstation benutzt hatte. Aber mit seinem 2007 präsentierten iPhone fand das Internet Eingang in die noch junge Smartphone-Welt, die Jobs zudem durch die kinderleichte Touchscreen-Bedienung auf den Kopf stellen und damit den Niedergang des bisherigen Marktführers Nokia einleiten sollte. Die ungewöhnlichen Leistungen Steve Jobs‘ wurden entsprechend von berühmten Kollegen unmittelbar nach seinem Tode gebührend gewürdigt. „Die Welt sieht selten jemanden", sagte Microsoft-Legende Bill Gates, „der so einen immensen Einfluss ausgeübt hat wie Steve, und noch viele zukünftige Generationen werden diesen Einfluss spüren."
Jobs wurde als Baby adoptiert
Die Schattenseiten des bekennenden Buddhisten und Veganers Jobs wurden natürlich nicht erwähnt. Dabei war Jobs als Choleriker berüchtigt, auch mit seiner Kompromisslosigkeit, Kontrollwut und seiner Ungeduld hatte er sich bei Apple nicht unbedingt beliebt gemacht. Er war ein Mann, „der um seine Ausnahmestellung wusste" und „sich gerne für einen Prometheus hielt und bestimmt kein Philanthrop war", schrieb die „Süddeutsche Zeitung".
Die „Taz" wie auch die „Süddeutsche" bescheinigten ihm zudem eine lebenslange Hippie-Allüre, nicht nur wegen seiner Bewunderung für Bob Dylan oder den Beatles, deren LSD-Eskapaden oder Sinnsuche im Fernen Osten er nachgeeifert hatte. „Steve Jobs hat das alte Hippie-Ethos der Gegenkultur", so die „Taz", „auch auf Unternehmenskulturen anwendbar gemacht. Im Grunde sind deshalb auch der iMac, das iPhone oder das iPad nichts anderes als Manifestationen der romantischen Idee, das Technische könnte mit dem Sinnlichen vereinbar sein."
Dass der von der „Süddeutschen" zum „Bob Dylan der digitalen Welt" Ernannte mit seinem ewig gleichen Outfit aus schwarzem Pullover, Jeans und Turnschuhen wenig Wert auf Äußerlichkeiten bekundet hatte, dürfte bekannt sein. Bevor er mit Laurence Powell 1991 in den Hafen der Ehe eingefahren war, schien er dem Hippie-Motto der freien Liebe ausgiebig gefrönt zu haben. Was sich in einer unehelichen und von ihm trotz Vaterschaftstest nicht anerkannten Tochter mit der Künstlerin Chrisann Brennan oder in einer Affäre mit der Folksängerin Joan Baez – in Dylans Fußstapfen – niedergeschlagen hatte. Zu den wenigen Extravaganzen seines Lebens, das ihn schon im Alter von 23 Jahren zum Dollar-Millionär gemacht hatte, zählte das Sammeln von Mercedes-Cabrios und antiken BMW-Motorrädern.
Kurz nach seiner Geburt am 24. Februar 1955 in San Francisco wurde der Junge zur Adoption freigegeben und wuchs im Santa Clara Valley, das vom Silicon Valley umfasst wird, beim Ehepaar Jobs unter dem Namen Steven „Steve" Paul Jobs auf. Erst im Erwachsenenalter sollte er erfahren, dass er ein Adoptivkind war und eine leibliche Schwester in der Schriftstellerin Mona Simpson hatte. Während seiner Highschool-Zeit jobbte Steve bei Firmen wie Hewlett-Packard oder Intel und lernte dabei den Computer-Bastler Steve Wozniak kennen. Das 1972 aufgenommene Studium am Reed College in Portland brach er schon nach einem Semester ab, danach fand er eine Anstellung beim Spielecomputer-Hersteller Atari und begab sich auf eine Selbstfindungsreise nach Indien.
Rauswurf aus der eigenen Firma
Mit dem Geld aus dem Verkauf seines VW-Busses gründete Jobs gemeinsam mit seinem Kumpel Wozniak 1976 die Apple Computer Company, deren erstes Produkt der von Wozniak in Jobs‘ elterlicher Garage zusammengebaute und für 666,66 Dollar angebotene Apple I war. Dank Jobs‘ Verkaufstalent wurden von dem einfachen holzeingefassten Modell ohne Monitor immerhin 200 Stück verkauft. Doch den Weg in den Heimcomputer-Markt konnten die beiden Firmen-Gründer erst so richtig mit dem Apple II ab 1977 einschlagen, der in industrieller Massenproduktion hergestellt wurde und von dem rund zwei Millionen Exemplare abgesetzt werden konnten.
Nachdem Apple 1980 mit 1.000 Mitarbeitern die Umsatzgrenze von 100 Millionen Dollar übersprungen hatte, folgte der nächste logische
Schritt – der Gang an die Börse. Das Unternehmen wurde mit 1,8 Milliarden Dollar bewertet. Der nächste Meilenstein aus dem Jahr 1983 namens Lisa war dank der Maus und einer den textlichen Kommandocode ersetzenden grafischen Benutzeroberfläche, die Jobs von Xerox abgekupfert hatte, der Zeit weit voraus. Wegen des hohen Preises von 10.000 Dollar fanden sich dafür aber nur wenige Interessenten. Trotz des Lisa-Desasters brachte Apple 1984 den Macintosh auf den Markt, der dank der grafischen Benutzeroberfläche und der Maus zum Urvater des PC und dank des Preises von rund 2.500 Dollar auch kommerziell sehr erfolgreich wurde. Umso überraschender war dann 1985 der Rauswurf von Jobs aus seinem eigenen Unternehmen.
Mit dem Geld, das Jobs durch den Verkauf seiner Apple-Aktien erzielte, gründete er eine neue Computerfirma namens NeXT, deren Produkte trotz hoher Qualität allerdings nie richtig populär werden konnten. Die Firma entwickelte aber ein Betriebssystem, das später die Basis für Apples legendäres Betriebssystem „Mac OS X" werden sollte. Der Kauf des Pixar-Computertrick-Filmstudios im Jahr 1986 wurde dank Blockbustern wie „Toy Story" für Jobs ein Glücksfall und machte ihn 2006 nach dem durch Aktien abgegoltenen Verkauf von Pixar an Disney zum Mehrfach-Milliardär und größtem Disney-Einzelaktionär. Nach Jobs‘ Tod wurde sein Vermögen von „Forbes" auf 8,3 Milliarden Dollar geschätzt, laut anderen Quellen sollen es sogar 14,1 Milliarden Dollar gewesen sein.
Ohne Jobs fehlen die Innovationen
Da Apple trotz des ersten erfolgreichen Laptops, dem PowerBook 100 aus dem Jahr 1991, und des Kaufs von Jobs‘ Firma NeXT 1996 kurz vor dem Konkurs stand, holte man den Gründer 1997 wieder ins Unternehmen zurück. Mit Erfolg. Jobs wandelte den Pleitekandidaten innerhalb kürzester Zeit zum i-Konzern um und steigerte den Marktwert der Firma bis zu seinem Tod auf sagenhafte 345 Milliarden Dollar. Zunächst einmal kündigte er die Lizenzen für Firmen, die Macintoshs nachbauen durften, und ließ den Apple-Produkten ein modernes Design verpassen. „Die Produkte sind lausig", sagte Jobs, „sie haben keinen Sex".
Schon mit dem kompakten iMac-Computer aus dem Jahr 1998, der mit seinem bunten Plastikgehäuse völlig aus dem Rahmen fiel, gelang Apple die Rückkehr in die Gewinnzone. Ähnlich poppig wurde 1999 das Notebook iBook gestaltet. Dann ließ Jobs sämtliche heimischen Produktionsfabriken zugunsten billiger asiatischer Auftragsfertiger schließen und konzentrierte die Apple-Arbeit auf die Entwicklungslabors. Danach ging es Schlag auf Schlag. Zunächst wurde der Power-Book-Laptop mit einer Titanum-Hülle aufgehübscht.
Im Jahr 2001 stieg Apple mit dem iPod ins Geschäft mit Musik-Playern ein und krempelte mit dem Online-Store iTunes 2003 gleich die komplette Musikbranche um. 2007 mischte Apple mit dem iPhone den Smartphone-Markt auf. 2008 leitete das Unternehmen mit dem dünnen Notebook Macbook Air den Trend zu kompakteren Laptops ein. Und schließlich verhalf Apple 2010 mit dem iPad dem lange belächelten Tablet-Computer zu einer wahren Renaissance. Vom Start weg wurden 15 Millionen Exemplare verkauft.
„Stevie ist ein Genie", sagte Wozniak über seinen Kumpel Jobs. „Der weiß, was sich am Markt durchsetzt, bevor die Kunden überhaupt eine Ahnung haben, was es gibt und was sie wollen."