Union Berlin hat in der Vorbereitung schon früh einige Neuzugänge beisammen. Darunter sind Soforthilfen, Ersatzspieler und Hoffnungsträger für die Zukunft.
Sommerzeit ist Umbruchzeit – daran hat sich bei Union Berlin auch vor der vierten Saison in der Fußball-Bundesliga nichts geändert. Sportchef Oliver Ruhnert und sein Team basteln fleißig am Kader, in dem aufgrund von zahlreichen Wechseln wieder mal viele neue Gesichter auftauchen.
Lennart Grill (Tor)
Die Gerry-Ehrmann-Torwartschule hat schon viele gestandene Keeper hervorgebracht: Roman Weidenfeller, Tim Wiese oder Kevin Trapp. Auch Lennart Grill erhielt beim 1. FC Kaiserslautern unter dem eigenwilligen Torwart-Trainer den Schliff. „Er lebt uns Torhütern eine enorme Mentalität vor. Das färbt ab", sagte Grill einmal über Ehrmann. Mentalität passt gut zu Union, doch auch sportlich soll sich der Transfer für beide Seiten auszahlen. Der U21-Europameister von 2021 soll mittelfristig die Nummer eins werden – und schon in diesem Jahr den Dänen Frederik Rönnow herausfordern.Grill verfüge über „großes Potenzial", schwärmte Ruhnert, „er wird eine wichtige Rolle im Kader einnehmen und unser Team in der kommenden Bundesligasaison stärker machen." Dafür lieh Union den 23-Jährigen für eine Saison von Bayer Leverkusen aus, der Club besitzt eine Kaufoption und würde diese nur zu gern ziehen. Denn in dem Fall hätte Grill wohl den Schritt zum Bundesliga-Stammtorwart geschafft, und sein aktueller Marktwert (eine Million Euro) würde sprunghaft steigen.
Grills Marktwert könnte sprunghaft steigen
Danilho Doekhi (Abwehr)
Der Club weiß um die Nöte von Fußball-Kommentatoren und schickte in der Pressemitteilung zur Verpflichtung des Innenverteidigers gleich die richtige Aussprache des Namens mit: „Daniljo Duki". Experten sind sich sicher: Den Namen sollte man sich merken. Doekhi wird zugetraut, sich von Beginn an einen Stammplatz in der von Trainer Urs Fischer bevorzugten Dreierabwehrkette neben dem gesetzten Robin Knoche zu sichern. Er besitze „ideale Voraussetzungen für einen modernen Innenverteidiger", urteilte Ruhnert über den 1,90-Meter-Hünen, „er verfügt über eine starke Physis, ist aber gleichzeitig auch sehr agil." Und nicht weniger wichtig: Doekhi lief bei seiner vorangegangenen Station beim niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim als Kapitän auf, er ist also auch als potenzieller Führungsspieler geholt worden. Spielerisch dürfte es keine Probleme geben, der Mann mit niederländisch-surinamischen Wurzeln wurde unter anderem in der hochgelobten Nachwuchsschule von Ajax Amsterdam ausgebildet. Zu seinen einstigen Mitspielern in der U19 zählten die heutigen Topstars Matthijs De Ligt, Justin Kluivert und Mitchel Bakker. Das Talent wurde ihm wohl auch in die Wiege gelegt: Sein Onkel Winston Lloyd Bogarde wurde einst Champions-League-Sieger und lief für Spitzenvereine wie Ajax, FC Barcelona, FC Chelsea und AC Mailand auf.
Janik Haberer (Mittelfeld)
Viele meinen: Das ist so ein typischer Union-Transfer. Haberer ist mit 28 Jahren im besten Fußballalter, ablösefrei – und ein oft unterschätzter Bundesligaprofi. Bei seiner ersten Profistation in Hoffenheim schaffte er noch nicht den Durchbruch. Nach einer Leihe nach Bochum landete Haberer schließlich beim SC Freiburg, wo er zum Stammspieler reifte: In sechs Jahren im Breisgau kam er auf durchschnittlich 28 Spiele pro Saison, in der Zentrale war er meist gesetzt.
Im „Maschinenraum" soll Haberer auch bei Union für eine gute Balance zwischen Angriff und Abwehr sorgen. Nach dem Abgang von Grischa Prömel nach Hoffenheim wird hier eine Stelle frei, für die Haberer vorgesehen ist. Ruhnert lobt vor allem „die Variabilität" des Mittelfeldspielers, der auch auf der Sechs als Ersatz von Rani Khedira oder auf der Zehn spielen kann. „Darüber hinaus hat er mir in unseren Gesprächen vermittelt, wie ambitioniert er ist", verriet der Sportchef. Haberer will bei Union nicht nur irgendwie in die Stammelf rutschen, sondern ihr auch seinen Stempel aufdrücken. „Ich habe eine neue Herausforderung gesucht", sagte er, „und diese im Wechsel von Freiburg nach Berlin gefunden."
Jamie Leweling (Angriff)
Wenn ein Sparfuchs wie Oliver Ruhnert so tief in die Tasche greift, dann muss es sich wirklich um einen außergewöhnlich talentierten Spieler handeln. Rund vier Millionen Euro überwies Union für Leweling an Bundesliga-Absteiger SpVgg Greuther Fürth, es ist die zweithöchste Ablöse der Clubgeschichte. Nur für Stürmerstar Taiwo Awoniyi hatte Union im Vorjahr zweieinhalb Millionen Euro mehr bezahlt und diese Investition nicht bereut. Der Nigerianer machte den nächsten Entwicklungsschritt und stand bei Redaktionsschluss kurz vor einem Wechsel zu Premier-League-Aufsteiger Nottingham Forest – für eine Ablöse von 20 Millionen Euro. Eine ähnliche Entwicklung erhofft man sich auch bei Leweling, der ebenfalls großes Offensivtalent besitzt. Der U21-Nationalspieler war mit sieben Scorerpunkten an mehr als jedem vierten Treffer der Fürther beteiligt und hatte zahlreiche Offerten auf dem Tisch liegen. Den Ausschlag für Union hätten auch die Fans gegeben, bestätigte der aktuell verletzte 21-Jährige: „Ich habe kurz vor Saisonende noch mit Fürth hier gespielt, und die Atmosphäre war überwältigend." Ruhnert glaubt, dass der „technisch und physisch starke" Leweling „uns mit seiner Art Fußball zu spielen, neue Impulse und noch mehr Geschwindigkeit verleihen wird".
Paul Seguin (Mittelfeld)
Er ist der zweite Neuzugang, den sich Union von Absteiger Fürth schnappt. Seguin besitzt vielleicht nicht das große Talent von Leweling, doch er kann in der kommenden Spielzeit ähnlich wichtig werden. Der Mittelfeld-Allrounder sei „im besten Fußballalter, hat wichtige Erfahrungen als Fußballprofi gesammelt und mittlerweile einige Spiele auf Bundesliganiveau absolviert", sagte Ruhnert. Und vor allem: „Pauls Spielweise passt sehr gut zu uns." Seguin soll seine Lauf- und Zweikampfstärke einbringen.
Pantovic wegen seines „X-Faktors" geholt
Tim Skarke (Angriff)
Das werden viele Union-Fans gar nicht gern hören: Der neue Flügel-Flitzer ist ein großer Sympathisant des FC Bayern München, als Kind schlief er sogar in Oliver-Kahn-Bettwäsche. Nun ja, immerhin sind die Vereinsfarben bei seinem neuen Club auch Rot-Weiß. Der 25-Jährige, der ablösefrei aus Darmstadt kam, gilt nicht als Startelf-Kandidat. Doch aufgrund der Dreifachbelastung und seiner Vielseitigkeit dürfte auch er zu seinen Einsatzzeiten kommen.
Milos Pantovic (Angriff)
Die gegnerischen Torhüter sollten bei Spielen gegen Union lieber einen Schritt weiter zurückgehen. Denn Pantovic hat schon bewiesen, dass er aus weiter Entfernung Tore schießen kann – und was für welche! Die Traumtore gegen Hoffenheim und Freiburg machten den Serben deutschlandweit bekannt. Doch deswegen hat Union ihn nicht verpflichtet, sondern weil Pantovic den „X-Faktor" hat. Er ist längst nicht so schnell wie Sheraldo Becker oder so lauffreudig wie Janik Haberer, aber er bringt Spielwitz mit. Auch taktisch weiß Pantovic zu gefallen – kein Wunder: Sein Bundesliga-Debüt feierte er 2015 für Bayern München unter Trainer-Guru Pep Guardiola.