In Zell an der Mittelmosel wachsen die besten Rieslinge nördlich der Alpen, und entlang des Flusses reihen sich die besten Weinlagen der Weinwelt. Unter ihnen das Weingut Hallenbach, dessen Jungwinzer Johannes Hallenbach regelmäßig Preise für seine Weine holt.
Wer kannte sie nicht, die Damenrunden, die sich die einsamen Stunden mit einer Partie Rommé versüßten. Bevor es an das Auslegen der Karten ging, nippten die Damen allerdings erst einmal an einem Gläschen mit einer süßen Flüssigkeit, die in der gutbürgerlichen Schicht des aufkeimenden Wohlstandes nicht fehlen durfte. Die Rede ist vom Moselwein. Damals allerdings gab es sie eher selten, die staubtrockenen Varianten des Sorgenbrechers. Man trank den „Lieblichen" Rebensaft, der alle Frauenherzen höherschlagen ließ. Anno dazumal war die Flasche noch für schlappe 3,90 DM im kleinen Einzelhandel zu haben. In den Regalen der Tante-Emma-Läden standen die Flaschen dieser Mosel-Spezialität neben jenen Roten aus dem algerischen Oran oder einem Pfälzer Süffikus oft in Augenhöhe, um die potenziellen Kunden von der Großartigkeit des Kaufangebotes zu überzeugen. Die legendäre „Zeller Schwarze Katz" aus dem Moselstädtchen Zell war berühmt, manchmal auch berüchtigt.
Heute mag es die neue Weiblichkeit auch eher feinherb bis trocken, denn die Damenwelt hat sich modernen Zeiten nicht verschlossen. Süffige Weine sind im Trend. In den Weinbergen des Moseltales, Deutschlands ältester Weinbauregion, wachsen die besten Rieslinge nördlichen der Alpen, und entlang des Flusses reihen sich die besten Weinlagen der Weinwelt, meist Steillagen, aneinander.
Die Weinbautradition weitergeführt
Zell wurde als römische Siedlung im Jahr 70 n. Chr. gegründet. Schon der gallo-römische Dichter Ausonius beschrieb im 4. Jahrhundert in seinem Gedicht „Mosella", einzige überlieferte antike Flussbeschreibung dieser Zeit, die Naturschönheit des Flusses, Fleiß und Liebreiz seiner Bewohner und die Fruchtbarkeit des Moselufers an dem fast 2.000 Jahre später immer noch die besten Weine kultiviert werden.
Zur Erklärung, was denn ausgerechnet süffiger Mosel-Riesling mit schwarzen Katzen zu tun hat, bedarf es ein paar Zeilen. Die Geschichte trug sich im Jahr 1863 zu. Drei Weinhändler aus Aachen waren in Zell unterwegs, um Fasswein zu kaufen. Bis weit ins 20. Jahrhundert wurde Wein im Fuder gehandelt. Beim Winzer Mayntzer standen drei Fass zur Disposition. Wein verkosten macht hungrig. Das wusste des Winzers Frau und brachte den vier trinklaunigen Herren eine Vesper in den Keller. Mit ihr gesellte sich die rabenschwarze Katze des Weinbauern dazu. Als eine Probe aus dem dritten Fass anstand, verteidigte das Tier fauchend und um sich schlagend das Behältnis. Die drei Händler nahmen die Gegenwehr des Tieres zur Verteidigung des Weinfasses sehr ernst.
Unbeachtet der entgangenen Probe waren sie davon überzeugt, dass es sich bei dem Inhalt des Fasses um erstklassigen Wein handeln musste. Ohne weitere Prüfung kauften sie das Fass Riesling und in Folge die gesamte Erntemenge aus dieser Lage. Um dem köstlichen Vergnügen eine verkaufsfördernde Bezeichnung zu geben, nannte sie Weinbergslage und den Flascheninhalt nach der erlebten Weinverkostung im Keller des Winzers Mayntzer ganz einfach „Zeller Schwarze Katz". Heutzutage erfahren die Rieslinge aus Zell die Beachtung, die sie verdienen. Stammen diese doch aus besten Steil-Lagen und die jüngere Winzergeneration schafft Weine von ausgezeichneter Qualität.
Dem jungen Winzer Johannes Hallenbach vom Weingut Hallenbach aus der Stadt Zell, jener Ortschaft mit dem schönsten Moselbogen der Mittelmosel, ist die Katzengeschichte gelegentlich mal eine kleine Gesprächsnotiz wert, stellt aber für ihn und die Marketingstrategie des Familienweinguts kein Problem dar. Er benennt seine Weine nach den bewirtschafteten Lagen, die allesamt zur Gemarkung Zell gehören und aus verwitterten Grau- und Blauschieferböden bestehen.
Diese sind teils mit eisenhaltigen Elementen durchsetzt, die leichte Rotfärbungen des Bodenareals sichtbar machen. Die bewirtschafteten Lagen befinden sich fast ausschließlich in Steil- bis Steilstlagen. Johannes Hallenbach ist einer von 44 Vollerwerbswinzern, die eine Weinbaufläche von etwas mehr als 300 Hektar in der Gemarkung Zell bewirtschaften. Ursprünglich dachte Johannes Hallenbach nicht daran, wie sein Vater (ebenso Johannes) und dessen Vorfahre Nicolaus Müller, der das Weingut 1885 gründete und 1897 das Winzergebäude in Zell errichtete, als Winzer tätig zu werden.
Jedoch ereilte die Winzerfamilie im Jahr 2010 ein Schicksalsschlag. „Ich studierte gerade im dritten Semester BWL an der Fachhochschule Westküste im Schleswig-Holsteinischen Heide, als die Nachricht vom Gesundheitszustand meines Vaters mich erreichte", berichtet der junge Winzer. Winzermeister und Familienvater Johannes Hallenbach sen. erlag Ende 2010 einer schweren Krankheit. „Ich kam mit dem Einverständnis meiner Mutter Brigitte und dem Zuspruch meiner Schwester Judith Hallenbach zu der Entscheidung, ich mache eine Winzerlehre und übernehme das Weingut. So sollte die nachweislich seit dem 16. Jahrhundert bestehende Weinbautradition der Familie in Zell weitergeführt werden."
In der Tat, Weinbautradition besitzt die Familie. Johannes Großmutter Erika Hallenbach, geborene Höller, war die erste weibliche Person, die 1947 allein unter etwa 50 männlichen Auszubildenden eine Lehre als Winzer absolvierte und somit wahrscheinlich die erste Winzerin an der Mosel war. Bis zu ihrer Heirat mit Franz Hallenbach 1959 kümmerte sie sich um den Weinbau in der Familie.
Heute umfasst das Weingut Hallenbach fünf Hektar Schiefer-Steillagen mit einem Bestand von 95 Prozent Riesling-Reben. Auf etwas mehr als einem Hektar Fläche in Pacht stehen die Rebsorten Spätburgunder und Dornfelder sowie ein paar Reihen der Rebsorte Müller-Thurgau. In der fünften Generation werden edle Weine erzeugt und vorwiegend ab Hof an Privatkunden verkauft.
Nach Tod des Vaters eingesprungen
Unter dem Winzergebäude befindet sich ein historischer Keller mit Kreuzgewölbe, in dem die Trauben im Edelstahl gekeltert und bis zur individuellen Reife ausgebaut werden. Winzer Johannes, der eine Lehre bei Weingütern in Briedel und Zell absolviert hat, profitiert von der langen kellerwirtschaftlichen Tradition seiner Vorfahren, einer für Pflanzen schonenden Arbeitsweise im Weinberg und einer langsamen kalten Gärung des Mostes.
Seine Produkte sind von überdurchschnittlich guter Qualität mit ausgeprägtem Bukett und einer spritzigen Frische. Die Familie verfügt über drei Gästezimmer und eine Ferienwohnung, die erholsame Tage in der Urlaubs- und Weinbauregion Mittelmosel garantierten. Übers Jahr stehen während der arbeitsintensiven Zeit zwei Saisonkräfte zur Verfügung, und zur Lese im Herbst helfen seine Frau Anna, Schwester und Mutter und weitere acht bis zehn Erntehelfer, ohne die das „Herbsteln" in den Steillagen äußerst strapaziös bis schwierig wäre.
„Als ich mit 23 Jahren nach dem Tod meines Vaters ins kalte Wasser springen musste, konnte ich mir nicht so recht vorstellen, wie die Situation um die Familie und das Weingut weitergehen würde", erzählt Johannes Hallenbach. „Heute, nach einigen Jahren der Reife und obwohl ich noch jeden Tag lernen muss und Gott sei Dank auch der Unterstützung von Kollegen sicher sein kann, weiß ich, dass ich nichts anderes mehr machen möchte. Ich habe viel mit Menschen unterschiedlicher Herkunft zu tun, bin immer, wann ich es will, an der frischen Luft im Moseltal und genieße die Zeit mit meiner Frau und den beiden Kindern."
Gemeinsam mit fünf Jungwinzern aus Zell und Briedel laden Johannes Hallenbach und seine Freunde jedes Jahr zu „Wine Times – Zeit für junge Weine" ein, einer Veranstaltung in der Weinlounge am Marktplatz (https://www.mosel-weinfeste.de/weinfest_zell_mosel_veranstaltungen.htm). Dort gibt es die neuen Weine zum Verkosten. Mit Sicherheit gehören diese wieder zu den Bestprämierten der Landesweinprämierung Rheinland-Pfalz. Die Weine der Hallenbachs wurden in den vergangenen Jahren fast alle mit Goldenen Kammerpreismünzen prämiert, was für ihre außerordentliche Qualität spricht.
Handgerüttelte Schaumweine
Liebhaber ausdruckstarker Riesling-Winzersekte kommen in diesem Weingut auf ihre Kosten. Nach traditioneller Flaschengärung handgerüttelt, erfrischen die Schaumweine nicht nur an Feiertagen, sondern auch mal zwischendurch. Das trockene Hallenbach Riesling-Hochgewächs gefällt mit seinen prägnanten Noten. Zunge und Gaumen spüren die mineralischen Besonderheiten, die die Wurzeln der Reben aus großen Tiefen des Schiefergesteins in die Trauben transportieren. Dieser Vertreter ist ein adäquater Begleiter zum leichten Mittagessen mit gesottenem Fisch oder einfach auch einem Casse-Croûte, einem Imbiss zwischendurch.
Frisch und voller Trinkvergnügen präsentiert sich auch der Riesling 2020 aus der Zeller Einzellage Kreuzlay mit tollem Süße-Säure-Spiel, einem Wein für die kommenden warmen Abende mit Freunden im Garten. Die Fans sogenannter lieblicher Weine kommen bei einem Riesling aus gleichem Jahrgang auf ihre Kosten. Die Einzellage Zeller Nußberg besticht durch ihre ausgeprägte Säurestruktur und eine ausgesprochene Aromatik, Zitrusnoten spielen mit gelben Früchten am Gaumen mit einem lang anhaltenden Nachhall. Der Süße passt bestens zur Schärfe von asiatischen Gerichten. Der Riesling Edelsüß 2020 aus der Zeller Kreuzlay ist saftig, spritzig und erfreut den Liebhaber restsüßer Tropfen sowohl als Aperitif, aber auch zum Roquefort, dem Blauschimmelvertreter aus Schafsrohmilch schlechthin, oder „dem verrückten kleinen Kerl" der etwas milderen Variante Le Blu Fou aus der Auvergne.