Das neue Semester an der Uni hat gleich mit neuem Streit ums Geld begonnen. Eine „Verwaltungsgebühr“ bringt die Studierenden auf die Barrikaden. Dabei kämpfen sie ohnehin mit den Folgen der Sparmaßnahmen.
Es ist nieselig-trüb, der kühle Wind lässt die dicht gedrängt auf den Bierzeltbänken Sitzenden frösteln. Frühstück morgens um halb neun Ende Oktober im Freien ist eher ungemütlich. Wie auch der Anlass zu diesem Protestfrühstück auf der Wiese vor dem Eingang zum Landtag. Die Studierenden wollen den Abgeordneten vor ihrer Plenarsitzung klarmachen, was sie von dem halten, worüber gleich im Hohen Haus debattiert wird. Die Landesregierung will den Hochschulen ermöglichen, eine so genannte Verwaltungsgebühr von bis zu 50 Euro pro Semester zu erheben. Für die Studierendenvertretungen ein Unding.
Auch wenn sie von den Damen und Herren Abgeordneten freundlich begrüßt werden, selbst von der für die Hochschulen zuständigen Ministerpräsidentin, es wird so kommen. „Zuhören tun viele, ob verstehen, weiß ich nicht, aber Unterstützung kommt am Ende nur von den Linken“, werden die beiden Vorsitzenden der Studierendenvertretung Asta, Katharina Waller und Benedict-Julian Weber, das Ergebnis der Landtagssitzung aus ihrer Sicht später zusammenfassen.
Es ist nur ein weiterer Baustein, der sie auf die Palme bringt. Man müsse sich die Gesamtsituation anschauen, nicht nur isoliert die Verwaltungsgebühr, abgesehen davon, dass ja schon Semestergebühren anfallen. „Mit der Gebühr gehen wir stark auf die 300 Euro zu“, rechnet Weber hoch. Sie wehren sich nach wie vor gegen die Sparpläne, wollen der Landesregierung deutlich machen, dass das „eine Schuld an Generationen“ ist, ergänzt Waller.
„Wir brauchen zuverlässige Zusagen“
Was derzeit durch den Sparkurs an der Uni geschehe, könne „auf gar keinen Fall wieder rückgängig gemacht werden, egal, wie viel sie irgendwann investieren. Es muss jetzt investiert werden“, wettert die Vorsitzende. Wenigstens, um den Status quo zu halten, was so nicht möglich sei. Alleine schon deshalb, weil die Uni mit ihrem festgelegten Globalhaushalt beispielsweise auch Tarifsteigerungen auffangen muss, für die dann an anderer Stelle gespart wird. Das haben sie allen 51 Abgeordneten schriftlich gegeben.
Von der Ankündigung, dass es ab 2020 wieder mehr Geld gebe, hält die Studierendenvertretung reichlich wenig. „Wir brauchen jetzt zuverlässige Zusagen, wir müssen ja planen.“ Das Land stehe schließlich „in der Pflicht, den Zukunftsmotor des Landes am Laufen zu halten“. Dass Studierende dafür selbst via neuer Gebühr sorgen sollen, sei nun wirklich keine Alternative. Und mehr Geld ab 2020 sei „zu spät“. Forschung und Lehre würden sich ganz schnell entwickeln, und „wenn man mal den Anschluss verliert, kommt man nicht mehr so schnell wieder dran“. Mal ganz davon abgesehen, dass die Ankündigung für die aktuell Studierenden „überhaupt nichts bringt“.
Es geht insgesamt um die Attraktivität der Saar-Hochschule, die nach den Spardebatten und jetzt dem neuen Konflikt weiter leidet. Noch sind die Studierendenzahlen nicht eingebrochen, aber der Asta rechnet mit Konsequenzen. Das werde zwar nicht die Studiengänge mit Zulassungsbeschränkung treffen, weil man dort froh ist, überhaupt einen Platz zu bekommen. „Aber die Studiengänge, bei denen man eine Wahlfreiheit hat, da wird die Uni massiv verlieren, das ist unsere Prognose.“
Nun wissen die Studierenden auch, dass das „Saarland ein Schuldenland“ ist, und nicht nur die Uni betroffen ist. „Krankenhäuser brauchen mehr Geld, Kommunen brauchen mehr Geld“, räumen sie ein. Gleichzeitig werde das Land älter im Zuge der demografischen Entwicklung. „Gerade die Universität ist ja die Möglichkeit, dem demografischen Wandel entgegenzuwirken, junge Leute ins Land zu holen. Aber da wird gespart“, ergänzt Benedict-Julian Weber. Übrigens sind beide Asta-Vorsitzenden keine gebürtigen Saarländer, somit selbst Beispiel für das, was sie einfordern.
Dass sich der Sparkurs an allen Ecken bemerkbar macht, ist nicht nur am Zustand der Gebäude, sondern im alltäglichen Studienbetrieb zu besichtigen. Lehrstuhlmitarbeiter müssen versuchen, immer mehr aufzufangen, um wenigstens halbwegs das Lehrangebot auf dem jetzigen Niveau zu halten, ergänzende Veranstaltungen wie Exkursionen insbesondere in den Geisteswissenschaften würden ausfallen. „Die Kompensationsmittel zur Verbesserung der Lehre stecken wir in Stellen für die Prüfungsämter“, kritisiert Waller, Bibliotheken würden teilweise nur noch für zwei Stunden geöffnet, was gerade die Geisteswissenschaften betreffe. „Das ist eine Abwärtsspirale, und die dreht sich immer schneller und schneller.“ Dabei habe die Saar-Uni „ein wahnsinniges Potenzial“. Das aber werde „durch eine blöde Spardiskussion kaputt gemacht“, machen sich die beiden Studierendenvertreter Luft über ihre Verzweiflung.
Neue Gesprächskultur
Die Entwicklung ist aus Studierendensicht aber nicht nur eine Frage, die sich auf den Campus beschränkt. „Das ganze soziale Umfeld ist nicht gut“, so Waller. Das fängt mit studentischen Wohnraum an, geht über die Essenspreise in der Mensa bis hin zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, die immer teurer würden. „Man muss sich überlegen, welches Umfeld man für junge Leute schaffen will, und da ist überhaupt kein Konzept zu sehen.“ Bezahlbarer Wohnraum? „Nur ein Wohnheim des Studentenwerks in der Innenstadt kann für eine Universitätsstadt doch wohl nicht alles sein!“ Das Kopfschütteln will kein Ende nehmen. Letztlich, so die Asta-Sicht, gibt es kein vernünftiges Konzept von Land und Stadt. „Dazu gehört nicht nur die Universität an sich, sondern auch die Umgebung.“ Und dazu gehört auch das, was man gemeinhin unter „studentischer Kultur“ versteht. „Wenn man eine Stadt jung halten will, muss man Spielräume bieten.“ Was derzeit in der Ecke ums Römerkastell und dem Osthafen geschieht beziehungsweise geplant ist, sei dafür nicht gerade eine Paradebeispiel, da müsse „Kultur der Wirtschaft weichen“.
Ein gewisser Lichtblick aus studentischer Sicht ist der neue Präsident der Universität, Manfred Schmitt, und sein Präsidium. Es gebe eine „neue Gesprächskultur am Campus“. Wobei es zumindest im Nachhinein ein gewisses Verständnis für den Vorgänger Volker Linneweber gibt. In dessen Amtszeit seien schließlich das Gutachten des Wissenschaftsrats mit den folgenden Auseinandersetzungen um die Umstrukturierung an der Uni und den Sparvorgaben der Landesregierung gefallen. Und außerdem könne „der Nachfolger vom Vorgänger lernen“. Trotzdem betont Waller: „Nur weil das Gesprächsklima jetzt besser ist, macht es die Verwaltungsgebühr nicht einfacher.“ Und so stehen auch hier neue Auseinandersetzungen ins Haus, denn am Ende wird der Senat der Uni darüber entscheiden müssen. So will es die Politik. Frustrierend, gewiss, aber aufgeben gilt für die Vertretung der Studierenden nicht: „Wir müssen es tausend Mal wiederholen, damit wir einmal im Gedächtnis bleiben.“