Entschleunigen oder beschleunigen? In dem Vorarlberger Tal können Winterurlauber beides. Ruhesuchende und Naturliebhaber finden hier jede Menge Möglichkeiten zur Erholung.
Wie wäre es zum Beispiel mit einer Schneeschuhwanderung? Im Montafon stehen 150 Kilometer markierte Routen zur Auswahl. Anfangs ist die Fortbewegung mit den angeschnallten „Bärentatzen" vielleicht noch ein wenig ungewohnt. Doch bereits nach wenigen Minuten entwickelt sich eine gewisse Routine und bald darauf ist der eigene Rhythmus gefunden. Schritt für Schritt geht es durch die Winterlandschaft. Ruhe macht sich breit. Der Blick schweift von den verschneiten Baumwipfeln zu den schneebedeckten Gipfeln. Der Alltagsstress ist weit weg. „Mit jedem Schritt kommt man so seinem persönlichen Wintermärchen näher", erklärt Manuel Bitschnau, Geschäftsführer von Montafon Tourismus das besondere Erlebnis. Es sei ein Gefühl, wie „auf einem weißen, weichen Teppich dahinzuschreiten und wunderbar, um in sich selbst hineinzuhören". Das Tempo entscheidet jeder selbst, wer es sportlicher mag, kann mit den Schneeschuhen sogar laufen und dabei die Fitness steigern.
Manuel Bitschnau empfiehlt eine kombinierte Schneeschuh- und Stollentour am Bartholomäberg, einem der ältesten Bergbaugebiete im Alpenraum. Die 5,5 Kilometer lange Strecke, für die rund zwei Stunden eingeplant werden müssen, startet und endet an der Bartholomäberger Kirche. Nicht nur Kulturinteressierte sollten die Gelegenheit nutzen, dieses barocke Kleinod, zu dessen Schätzen ein prachtvoller Hochaltar zählt, auf 1.085 Meter Seehöhe zu besichtigen. Die Rundwanderung führt bis auf 1.452 Meter Höhe sowie zu Vorarlbergs einzigem historischem Schaubergwerk. Bei einer Führung erfahren Besucher von den schwierigen Arbeitsbedingungen der Bergknappen in früheren Zeiten sowie der Vielfalt der örtlichen Gesteine, Erze und Mineralien. Die Gemeinde Bartholomäberg ist der Wohnort von Manuel Bitschnau, auf der dazugehörigen Parzelle Valleu hat er seinen ganz persönlichen Ort zum Entschleunigen gefunden: „Dort gibt es einen fantastischen Blick ins Tal, es sind wenige Leute unterwegs und Handyempfang sucht man dort vergeblich."
Anspruchsvoll und beeindruckend zugleich ist die geführte Schneeschuhwanderung zum Silvrettasee. Die rund fünfstündige Tour (Gehzeit: 3 bis 3,5 Stunden), für die nach Angaben von Manuel Bitschnau keine Vorkenntnisse, „nur eine gewisse Grundkondition und viel Liebe zur Bergidylle" erforderlich seien, startet morgens in Partennen mit der Auffahrt mit der Vermuntbahn und weiter mit den Tunnelbussen durch den schmalen Vermunt-Stollen. Dann geht es mit den Schneeschuhen zum Silvrettasee auf über 2.000 Meter Seehöhe. Hier, am südlichsten Punkt Vorarlbergs und nahe der Grenze zur Schweiz, bietet sich ein imposanter Panoramablick auf die umliegenden 3.000er. Der zugefrorene Silvretta-Stausee tut sein Übriges dazu. Ist die Eisdecke dick genug, sind hier auch Snowkiter und Langläufer zu sehen. Neben den beiden Seeloipen gibt es weitere Strecken, um diese faszinierende Landschaft „auf höchstem Niveau" zu genießen.
Tiefschnee und schöne Panoramen
Insgesamt bietet das Montafon Langläufern fast 100 Kilometer und 33 Loipen. Für Manuel Bitschnau ist klar: „Wenn die Ski ins Gleiten kommen, ist das Gefühl erhebend. Die Anstrengung wird schnell zum vollendeten Wohlbefinden."
Wo so viele Berge sind – mit Rätikon, Silvretta und Verwall im Montafon sind es gleich drei Gebirgszüge mit einer Vielzahl an Gipfeln – gibt es auch jede Menge Möglichkeiten für Skitourengeher. Sie verbinden die Entschleunigung mit der Beschleunigung. Erst geht es bergauf. Es ist anstrengend, aber oben angekommen machen sich Glücksgefühle breit. Mancher freut sich, dass er den inneren Schweinehund besiegt hat, andere über den vollendeten Gipfelsturm. Dieser erfordert manchmal einiges an Kondition und Schweiß, doch die Belohnung kommt sogleich: Durch den Tiefschnee geht es über unverspurte Hänge hinab – atemberaubendes Glück!
Eine legendäre Herausforderung für Skitourengeher ist die Madrisa Rundtour. Sie führt auf Schmugglerpfaden in die Schweiz und nach herrlichen Abfahrten sowie einer Fahrt mit der Rhätischen Bahn wieder zurück nach Österreich. „Wer die Umrundung der Madrisa, der 2.826 Meter hohen Gipfelgruppe, einmal gemacht hat, wird lange davon schwärmen. Allerdings ist sie nicht ganz einfach zu haben – was ja auch ihren besonderen Reiz ausmacht", beschreibt Manuel Bitschnau die Tour, für die fünf bis sechs Stunden Zeit (rund zwei Stunden Anstieg) eingeplant werden muss. Deshalb sei eine Begleitung von einem einheimischen, staatlich geprüften Berg- und Skiführer sehr empfehlenswert.
Sechs Tage muss für die „Montafon Traverse" eingeplant werden, die einen einmaligen Mix aus traumhaften Tiefschneehängen und den schönsten Panoramen im Grenzgebiet zwischen Österreich und der Schweiz bietet. Aber Achtung: Diese hochalpine Skidurchquerung ist nichts für Anfänger! Steile Anstiege und schwierige Abfahrten stellen hohe Anforderungen an Kondition, Technik und Körperbeherrschung. Die Königsetappe, die von Gargellen zur Lindauer Hütte führt, wird als „konditionell schwierig, aber landschaftlich einmalig" beschrieben.
Die bekannte Berghütte, zu der auch einfachere Skitouren führen, lädt im Winter auch zur Rodelgaudi ein. In zweieinhalb Stunden geht es gemütlich von Latschau durchs Gauertal bergauf. Sie liegt in Panoramalage am Fuße der Drei Türme, der markanten, dolomitengleichen Gebirgsformation aus kleinem, mittleren und großem Drusenturm, die als eines der Wahrzeichen des Montafons gilt, und lädt zur Rast ein. Wer sich stärken möchte, findet eine Auswahl an herzhaftem Bergsteigeressen und regionalen Spezialitäten, wie deftige Knödel, würzige Hauswurst oder süßer Kaiserschmarren, der als einer der besten der Region gilt. Die Naturrodelbahn, eine der längsten im Montafon, ist rund sieben Kilometer lang und im Winter gut präpariert und eignet sich auch für Familien. Stirnlampen vorausgesetzt, lädt sie zudem zur zünftigen Nachtrodelpartie ein.
Genussvolle Abfahrten – und dementsprechend Beschleunigung – schätzen nicht nur Skitourengeher und Rodler, sondern auch Skifahrer und Snowboarder. Für sie ist das Montafon ein echtes Paradies: Schnee in Hülle und Fülle bis weit in den Frühling, 292 Pistenkilometer, 75 Seilbahn- und Liftanlagen. Das macht bei Sonnenschein und blauem Himmel natürlich großen Spaß, aber nicht nur dann, wie Manuel Bitschnau erzählt: „Da ich nicht nur ein Schönwetter-Skifahrer bin, verbringe ich auch weniger schöne Tage beim Skifahren mit meinen zwei Buben. Wir lassen es dann gemütlicher angehen und genießen die gemütlichen Stunden in den Hütten und Bergrestaurants."
Der Montafon-Experte hat auch für die Skifahrer einen besonderen Tipp: die zwölf Kilometer lange Hochjoch-Totale. „Bevor die Sonne ins Tal scheint, stehst du auf dem höchsten Punkt der Silvretta", schwärmt er. Das Schneeabenteuer beginnt um 7.20 Uhr mit der ersten Auffahrt der Grasjochbahn. Vom 2.430 Meter hohen Alpigrat geht es über 1.700 Höhenmeter ins Tal hinab nach Schruns, wo auf die Skifahrer und Snowboarder ein herzhaftes Bergfrühstück wartet.