„Stronger" erzählt die Geschichte eines Mannes, der durch den Anschlag auf den Boston-Marathon beide Beine verliert. Jeff Baumans Kampf zurück ins Leben startet am 19. April in den Kinos.
Jeff Bauman (Jake Gyllenhaal) ist ein ganz normaler Amerikaner: Nach der Arbeit in einem Supermarkt trifft sich der 27-Jährige mit Freunden in einer Bar. Von seiner Freundin Erin (Tatiana Maslany) hat er sich – nicht zum ersten Mal – getrennt. Am Wochenende geht er gerne zum Baseball. Und ansonsten lebt er zusammen mit seiner Mutter in einer kleinen Wohnung.
Wieder einmal steht Jeff an der Theke, da kommt Erin und sammelt Spenden für einen guten Zweck: Sie wird beim Marathon mitlaufen, beim Boston-Marathon, und das Geld, das sie dabei sammelt, wird dem Krankenhaus, in dem sie arbeitet, zugutekommen. Jeff ergreift die Gelegenheit, greift sich das Spendenglas, und fordert lautstark die Versammelten auf, für Erin zu spenden. Ein wenig beeindruckt fordert sie ihn auf, doch auch beim Marathon mitzulaufen. Was Jeff ablehnt. Aber er werde an der Ziellinie sein, mit einem großen Pappschild. Versprochen. Ist nicht an dem Tag ein wichtiges Baseball-Spiel? Ach, was soll’s.
Was an der Ziellinie des Boston-Marathons am 5. April 2013 gegen 14.50 Uhr passiert, ist Geschichte: Ein Terrorist zündet zwei in Rucksäcken versteckte Bomben, drei Menschen sterben, 264 werden verletzt. Erin ist noch weit genug vom Ziel entfernt, sie sieht die Explosion, bleibt aber unverletzt. Jeff allerdings steht direkt neben einer der Bomben. Im Krankenhaus amputieren ihm die Ärzte beide Beine oberhalb der Knie.
Beide Beine werden amputiert
„Stronger" ist ein Film, der eine ganz persönliche Geschichte erzählt – vor dem Hintergrund eines Ereignisses, das die Welt berührt hat. Damit verzichtet er bewusst ein Stück weit darauf, den generellen Hintergrund des Anschlags zu erklären. Ganz entscheidend für das Gelingen des Films ist die schauspielerische Leistung Jake Gyllenhaals. Er hat ja schon wiederholt gezeigt, wie gut er als Charakterdarsteller ist – sei es als narzisstischer Kameramann, der in „Nightcrawler" (2014) nächtliche Unfälle und Verbrechen filmt, oder als Boxer in der Krise in „Southpaw" (2015). Den Terror-Überlebenden Jeff verkörpert er auf eine glaubhafte, sehr einfühlsame Weise. Es gelingt, dem Zuschauer, sich in diesen Typ hineinzuversetzen, mit ihm zu leiden, ohne dass der Film in Richtung Kitsch oder übertriebenen Heroismus abdriftet.
Nachdem Jeff aus der Narkose erwacht ist, fragt er gleich nach dem FBI. Er hat den Attentäter gesehen; seine Beschreibung ist entscheidend dafür, dass der einige Tage später gefasst wird. Auf einmal ist Jeff ein Held – und das, obwohl in seinem Leben gerade einiges auseinanderzufallen droht. Immerhin hält sein Arbeitgeber zu ihm. Aber was ist mit der Beziehung zu Erin? Sie fühlt sich einerseits schuldig, ist sich andererseits aber auch bewusst, dass es Gründe für das Aus der Beziehung gab. Während Jeff in der Öffentlichkeit gefeiert wird, Interviews geben soll und vor einem wichtigen Eishockey-Spiel die Fahne schwenken darf, rutscht er persönlich immer mehr in die Krise.
Jeff rutscht immer mehr in die Krise
Was passiert, wenn im Leben plötzlich alles anders ist – diese Geschichte ist im Kino schon oft erzählt worden. Sei es in dem Film „The Big Sick" aus dem Jahr 2017, in dem eine junge Frau plötzlich ins Koma fällt, sei es in „Still Alice" (2014), wo eine Frau an Alzheimer erkrankt, oder dem deutschen Film „Halt auf freier Strecke" (2011), in dem bei einem Mann Krebs diagnostiziert wird. Der entscheidende Unterschied zu dieser ganzen Reihe von Filmen, in denen Krankheit das Leben verändert, ist das öffentliche Interesse an der Hauptfigur, die einen Terroranschlag überlebt hat. Und die eigentlich absurde Wahrnehmung, dass diese Person durch ihr bloßes Überleben ein Held sei.
Der Weg aus der Krise – das ist das eigentliche Thema von „Stronger". Es ist nicht leicht für Jeff, doch mit der Zeit offenbart sich, dass er mehr von einem Kämpfertyp in sich trägt, als er selbst glaubt.