Der Fernseher ist meist das Zentrum des modernen Wohnzimmers. Doch wer sich ein neues Gerät zulegen möchte, der stolpert über jede Menge unverständliche Abkürzungen: Full-HD, UHD, 4K, HDR, OLED, QLED. Martin Gobbin von der Stiftung Warentest bringt im Interview Licht in den Abkürzungsdschungel.
Herr Gobbin, wie viel Fernseher braucht der Mensch eigentlich?
Das kommt ganz auf die Bedürfnisse an. Jemand, der einfach nur fernsehen möchte, braucht einfach nur einen Fernseher – ohne Internetanschluss, UHD-Auflösung und anderen Schnickschnack. Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, ein Gerät zu kaufen, das eine möglichst gute Bildqualität hat. Sonst macht das wenig Spaß. Ansonsten kommt es eben darauf an, was ich mit dem Fernseher machen möchte. Wenn ich zum Beispiel großer Netflix-Fan bin, dann muss das Gerät natürlich internetfähig sein und sollte möglichst die Netflix-App schon vorinstalliert haben. Wenn ich eine große Familie habe, dann sollte der Blickwinkel relativ groß sein, sodass man auch, wenn man außen sitzt und nicht zentral vor dem Fernseher, alles noch gut erkennen kann. Wenn ich hingegen Sport- oder Actionfilm-Fan bin, bietet es sich an, darauf zu achten, dass der Fernseher sehr gut mit schnellen Bewegungen umgehen kann. Da haben einige durchaus Probleme – gerade bei flotten Kameraschwenks oder schnellen Bewegungen etwa von Fußballern. Dann ruckelt es oder im Bild zeigen sich Artefakte, also Pixelklötzchen. Übrigens einer der häufigsten Mängel bei günstigeren Fernsehern.
Worauf sollte ich noch achten, wenn ich mir ein neues Gerät zulegen möchte?
Das Allerwichtigste ist zu schauen, wie die Bildqualität bei der Signalquelle ist, die man selbst verwendet. Wir testen das ja relativ vielfältig und schauen, wie die Bildqualität bei Kabel, bei Antenne oder bei Sat ist. Es gibt da durchaus Unterschiede. Einige Fernseher sind beispielsweise bei Sat weniger gut als bei Kabel oder Antenne. Daher sollte man sich einen Fernseher suchen, der bei der individuellen Empfangsquelle möglichst gut ist und dann überlegen, was will ich mit dem Fernseher machen.
Bin ich beispielsweise sehr audiophil, will aber keine Zusatzboxen kaufen, sollte ich gleich darauf achten, dass ich einen Fernseher mit gutem oder sehr gutem Ton kaufe. Die gibt es, aber sie sind durchaus rar. Viele Fernseher haben einen relativ schlechten Ton, sodass man da etwa eine sogenannte Soundbar anschließen kann, um diesen zu verbessern. Eine Soundbar verbraucht aber zusätzlich Strom, zudem fällt der Kaufpreis an. Da ist ein etwas teurerer Fernseher mit gutem Ton oft die günstigere Wahl.
Geht man in einen der großen Elektrofachmärkte, findet man fast nur noch ultra-hochauflösende Fernseher, also UHD oder auch 4K genannt. Gibt es überhaupt genügend Inhalte für diese Fernseher mit Vierfach-HD-Auflösung? Die meisten Sender haben ja gerade erst auf normales Full-HD umgestellt …
Nö, gibt’s nicht. Es wird seit vier, fünf Jahren für sogenannte UHD-Fernseher geworben. Die sind auf den großen Messen zu sehen, es wird ganz viel Werbung damit gemacht, aber es gibt immer noch das Problem, dass die Geräte zwar die 4K-Auflösung – also das Vierfache von Full-HD – können, aber die Materiallage relativ schwach ist. Genau wie Sie gesagt haben: Einige Sender haben gerade erst auf Full-HD umgestellt, an UHD ist gar nicht zu denken. Es gibt nur ganz vereinzelte Angebote. Ein bisschen über Sat und Kabel, ein wenig im Internet bei Streamingdiensten wie Netflix und Amazon. Letzteres setzt aber wieder eine sehr schnelle Internetverbindung voraus. Es gibt inzwischen natürlich auch UHD-Blu-Rays, dafür braucht man aber wieder einen speziellen Player. Ein alter Blu-Ray-Player kann die nicht abspielen. Es kommen also wieder Zusatzausgaben hinzu.
Warum brauche ich dann überhaupt ein UHD-Gerät?
Es ist trotzdem durchaus sinnvoll, gleich ein UHD-Gerät zu kaufen. Zum einen kommt man ohnehin kaum noch daran vorbei, weil es immer weniger Full-HD-Fernseher gibt, und zum anderen ist man damit zukunftssicher. Man sollte beim Kauf allerdings darauf achten, dass der Fernseher das sogenannte HDR – High Dynamic Range – unterstützt. Das ist eine Technik, die für besonders hohe Kontraste sorgt, weil mehr Farbabstufungen möglich sind. Und das sieht richtig toll aus. Diese Technik gibt es allerdings nur bei UHD-Fernsehern. Im Grunde hat UHD einfach nur mehr Pixel als Full-HD, HDR dagegen sind „bessere“ Pixel, wenn man so will. Sie sorgen für eine bessere Bildqualität als UHD alleine. Daher sollte man beim Kauf unbedingt auf HDR achten.
Ist UHD also in erster Linie ein Marketing-Hype?
Die sogenannte UHD-Auflösung funktioniert für das menschliche Auge nur in ganz bestimmten Bildabständen. Wenn ich relativ weit weg sitze, sieht das Bild auch mit Full-HD wunderbar aus. Nur wenn ich extrem nah rangehe, lassen sich Unterschiede erkennen. Dabei müsste ich aber so nah am Fernseher sitzen, dass ich eigentlich nicht mehr das ganze Bild sehe. Sprich, dann habe ich zwar die Super-Auflösung, aber ich habe keinen Überblick mehr. Von daher ist der Hype um UHD etwas hoch, weil das menschliche Auge eigentlich kaum in der Lage ist, diese Auflösung in Gänze wahrzunehmen.
Da sind wir beim Thema Standards und Zukunftssicherheit. Es wird ja alle Nase lang auf gut Deutsch eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Vor ein paar Jahren war es 3D, jetzt gibt es das nur noch im Premiumsegment einiger weniger Hersteller. Dann waren es Curved-TV, die man inzwischen auch nur noch ganz vereinzelt findet …
Das sind wirklich Marketing-Geschichten. 3D hat nicht geklappt, für 4K oder eben UHD ist nur begrenzt Material da. Da muss man sich eben neue Dinge ausdenken, wie man seine Fernseher verkauft. Irgendwann haben die Hersteller beschlossen, die Fernseher unbedingt geschwungen machen zu müssen, und kamen mit ziemlich hanebüchenen Argumenten wie dass die Welt ja auch nicht flach, sondern gebogen sei. Wir haben in unseren Tests keinerlei Vorteile dadurch festgestellt, ganz im Gegenteil. Die geschwungene Form kann sogar einen Nachteil haben, weil solch ein gebogener Bildschirm das Potenzial hat, die Raumbeleuchtung stärker zu reflektieren, sodass man eine störende Spiegelung hat. Curved ist also ein reines Design-Merkmal, das den Fernseher kein Stück besser macht.
Standard ist seit einigen Jahren LED. Jetzt gibt es zudem OLED und QLED. Was bedeutet das für den Verbraucher? Was ist Marketingbegriff, was tatsächlich sinnvoll?
Die OLED-Technik mit selbstleuchtenden Dioden ist tatsächlich von der Bildqualität hervorragend, insbesondere der Schwarzwert und damit der Kontrast. Beim LED-Bildschirm hat man immer eine Hintergrundbeleuchtung. Wenn dann im Film Schwarz zu sehen ist, sehen wir eine Art grau. Light Bleeding nennt sich das, sprich das Licht „blutet“ immer durch, sodass eben kein richtiges Schwarz entsteht. Das kriegen OLED-Fernseher deutlich besser hin. Sie sorgen für deutlich höhere Kontraste und satteres Schwarz. Das QLED hingegen ist ehrlich gesagt ein bisschen eine Mogelpackung. Das ist im Grunde ein normaler LED-Fernseher mit sogenannten Quantenpunkten. Die sollen auch für bessere Farbpräzision und kräftigere Farben sorgen. Die einen nennen das Nanopunkte, Samsung hat sich dazu entscheiden, das QLED zu nennen, um Nähe zu OLED zu suggerieren. Es hat aber mit OLED nichts zu tun. OLED steht für organisch leuchtende Lichtdioden, das heißt, die Pixel leuchten von selbst. Beim LED-Fernseher geschieht das durch die Hintergrundbeleuchtung. QLED ist also einfach nur ein geschickt gewählter Name.
Stiftung Warentest hat Premiummodelle und preiswertere im Test verglichen und bei manchen festgestellt, dass preiswertere teils sogar die Nase vorne hatten …
So pauschal kann man es nicht sagen. Es gibt Fälle, in denen ein günstigeres Gerät tatsächlich besser ist als das teurere. Aber tendenziell haben die teureren Fernseher meistens auch wirklich mehr drauf und eine bessere Bildqualität als günstigere. Man findet aber in der Tat durchaus Ausreißer, wo ein günstiges Gerät eine erstaunlich gute Bildqualität macht und natürlich auch umgekehrt, dass ein teureres im Test gar nicht überzeugt. Da gibt es also durchaus die Möglichkeit, richtig schöne Schnäppchen zu finden.
Wie aussagekräftig ist eigentlich die Qualität der Bilder der Fernseher vor Ort im großen Technikgeschäft? Wird da getrickst?
Ja, da wird natürlich getrickst. Erst mal ist ja der ganze Raum dafür eingerichtet, dass die Fernseher möglichst toll aussehen. Dann werden oft Loops gezeigt, also Clips, die sich wiederholen, in denen die Fernseher möglichst wenig gefordert werden. In denen es beispielsweise wenig schnelle Kamerabewegungen gibt oder besonders poppige Farben herausgestochen werden.
Wird der Fernseher nach Hause geliefert, kann es durchaus passieren, dass er eher auf Stromsparen optimiert ist, sprich dass das Bild dunkler ist als das, was man im Laden gesehen hat. Laden und Hersteller haben unterschiedliche Interessen. Der Laden will das Gerät als möglichst toll darstellen, der Hersteller will gleichzeitig sein gutes Energielabel bekommen – weshalb er die Geräte möglichst dunkel einstellt. Wenn der Kunde diese so im Laden sehen würde, hätte er relativ wenig Spaß daran. Im Geschäft wird also ordentlich die Helligkeit hochgeschraubt, das verbraucht dann aber mehr Strom. Im Laden wirken auch selbst große Fernseher relativ klein, weil meist noch größere daneben stehen. Es ist also schwer, allein durch einen Marktbesuch herauszufinden, welcher Fernseher gut ist. Was man vor Ort aber ganz gut sieht, ist der direkte Vergleich zwischen einzelnen Geräten.
Erste Hersteller werben bereits mit 8K-Auflösung. Reines Marketing?
Das ist aus oben erwähnten Gründen realitätsfern: Das menschliche Auge kann diese Auflösung kaum wahrnehmen, und der Zuschauer müsste extrem nah vor dem Fernseher sitzen. Es kann sogar sein, dass solch eine extrem hohe Auflösung zum Nachteil wird. Wenn ich auf einem solchen Gerät etwa eine Blu-Ray abspiele, die ja Full-HD hat, dann muss der Fernseher das Bild hochrechnen, denn sein Display hat ja achtmal mehr Pixel als die Blu-Ray. Bildinformationen, die aber nicht da sind, können auch nicht hergezaubert werden. Es kann also sogar sein, dass bei der Darstellung gewisse Bildfehler auftreten.