In der Krebstherapie gilt die Immunonkologie als junge, starke Speerspitze: Das körpereigene Immunsystem wird durch spezielle Wirkstoffe aktiviert, sodass es gezielt entartete Zellen oder Erreger bekämpft. Doch verspricht diese Behandlung bei allen Krebsarten Erfolg?
Erst vor wenigen Jahren beginnt ein neues Kapitel in der Onkologie und beim schwierigen Kampf gegen Krebs. Als erstes immunonkologisch wirksames Medikament wird 2011 Ipilimumab, ein sogenannter Checkpoint-Hemmer, beim schwarzen Hautkrebs zugelassen. Wenige Jahre später sind in 2018 bereits mehrere immunonkologische Therapieansätze für verschiedene Krebserkrankungen zugelassen. Zudem werden gegenwärtig in rund 1.000 Studien weltweit immunonkologisch wirksame Substanzen geprüft. Viele untersuchen dabei nicht nur das Zusammenspiel mit der herkömmlichen Chemotherapie, sondern die Kombinationen von verschiedenen Substanzen. Diese und viele weitere Forschungsprojekte zeigen das große Potenzial der Immunonkologie.
Die Tumorentstehung bei Immun-Checkpoints
Immun-Checkpoints sind regulatorische Rezeptoren, eine Art Steuermoleküle auf der Oberfläche von T-Zellen (Abwehrzellen) im Blut. Sie dienen als zentrale Kontrollpunkte des Immunsystems und regulieren die Aktivität der T-Zelle. Diese Regulierung ist bedeutsam, denn ein überaktives Immunsystem könnte im schlimmsten Fall die körpereigenen Zellen angreifen. Autoimmunerkrankungen sind ein Beispiel für solch eine Fehlregulation. Das Immunsystem erkennt dabei irrtümlicherweise das körpereigene Gewebe als Fremdkörper und bekämpft es. Krebszellen nutzen die Immun-Checkpoints, um die körpereigenen Abwehrmechanismen lahmzulegen, indem sie gefälschte Stoppsignale senden und so die T-Zellaktivität drosseln. Die T-Zellen sind dadurch nicht mehr in der Lage, die Krebszellen zu eliminieren. Diese können ungehindert wachsen und vermehren sich unkontrolliert. Ein Tumor entsteht.
Bedeutung der Immunonkologie wächst
Die schnelle Entwicklung bei der Medikamentenherstellung und die zunehmende Bedeutung der Immunonkologie zeigt sich seit einigen Jahren auf dem weltweit größten Kongress der Krebsgesellschaft Asco (American Society of Clinical Oncology). Hier wurde dieser Therapieansatz zum wiederholten Male als größter Fortschritt ausgezeichnet. Heute wird die Immunonkologie neben der Chirurgie, der Radioonkologie (Bestrahlung) und der Chemotherapie immer mehr zur vierten Säule bei der Behandlung verschiedener Krebserkrankungen. Patienten im fortgeschrittenen Krebsstadium, denen bis vor wenigen Jahren kaum oder gar keine wirksamen Therapieoptionen zur Verfügung standen, können davon profitieren. Die Immuntherapie kann ihr Überleben deutlich verlängern oder ihre Lebensqualität zumindest verbessern.
Möglich wird die Entwicklung immunonkologischer Wirkstoffe durch die intensive Erforschung des menschlichen Immunsystems. Dabei werden immer mehr biochemische Vorgänge entdeckt, die bei der Entstehung und Ausbreitung von Krebserkrankungen im Körper eine Rolle spielen.