Konsequente weltweite Mülltrennung ist der erste Schritt zum Umweltschutz, so Professor Christoph Tzschucke.
Herr Tzschucke, kann Plastik überhaupt verrotten?
Grundsätzlich ja, es altert, oxidiert und zersetzt sich im Laufe der Zeit. Das Problem dabei ist: Dieser Prozess dauert viel zu lange für menschlich relevante Zeiträume, nämlich Hunderte oder Tausende von Jahren. Angesichts der großen Mengen, die jährlich in die Ozeane der Welt eingeschwemmt werden, ist das zu lange. Man schätzt, dass das zwischen fünf und 13 Millionen Tonnen pro Jahr sind. Auf biologische Abbaubarkeit zu setzen, ist da der falsche Weg.
Gilt das auch für Bio-Kunststoffe?
Ja, auch diese zersetzen sich nicht schnell genug. Ich bin bei „Bio" immer vorsichtig. Bio-Kunststoffe haben große Nachteile: Ihre Herstellung verbraucht viel zu viel Energie und kostet wertvolle, knappe Ackerflächen. Wir sollten Kunststoffe nicht generell verteufeln. Wenn man alles, also die gesamte Nutzungsdauer, einbezieht, sind sie oft besser als Alternativen wie Metall oder auch Glas. Selbst die in Plastik eingeschweißte Gurke kann ihre Berechtigung haben, wenn sie damit länger haltbar ist und so der Ausschuss reduziert wird, was auch Ressourcen spart.
Was ist dann stattdessen zu tun gegen das Plastik in den Weltmeeren?
Entscheidend ist, die Stoffkreisläufe zu schließen und Abfälle zu 100 Prozent zu erfassen. Dabei ist die energetische Nutzung nicht schlechter als die stoffliche Verwertung. Wenn alle Kunststoffabfälle in geschlossenen Systemen vernünftig erfasst und entsorgt werden würden, gelänge davon nichts mehr in die Ozeane. Das muss das Ziel sein. Dazu gehört auch ein Ende des Müllexports. Zur Energiegewinnung zu verbrennen ist mit Sicherheit ökologisch sinnvoller als der Plastik-Export in Länder, in denen keine vernünftigen Systeme bestehen.
Also alles in die richtige Tonne?
Ja, wobei das in Deutschland ja gut funktioniert. Das Problem sind Länder wie China, Indonesien, die Philippinen und so weiter, wo die Abfallentsorgung erst in den Kinderschuhen steckt. Das sind die mit Abstand größten Verursacher des Plastikmülls in den Ozeanen. Allerdings ist das eigentliche Mikroplastik-Problem ein anderes: Etwa 40 Prozent des weltweiten Mikroplastiks stammt von Kunstfasertextilien, die ausgewaschen werden, weitere 30 Prozent vom Reifenabrieb. Hier können Filter in Kläranalagen helfen. Beim Reifenabrieb hilft aber wohl letztlich nur: weniger Autofahren.
Dann würde das Verbot von Plastikgeschirr in Europa also gar nicht helfen?
Durch ein Plastikverbot in Europa reduzieren wir Plastik und Mikroplastik in den Weltmeeren nur marginal. Die Verbote von Einweggeschirr helfen, die Vermüllung von Parks und Stränden zu mildern. Das ist auch wichtig, löst aber die globalen Plastikprobleme nicht.