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WAS MACHT EIGENTLICH...

Im Kabinett Merkel war Steinbrück als Bundes­finanzminister tätig
Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb

… Peer Steinbrück?

Als Bundesminister kümmerte er sich ab den 1990er-Jahren um die Staatsfinanzen, verlor 2013 den Kampf ums Kanzleramt und gab 2016 sein Bundestagsmandat auf. Heute ist der 76-Jährige als Unternehmensberater und Aufsichtsrat tätig und macht gelegentlich Kabarett.

Peer Steinbrück war stets ein streitbarer Geist, hat sich mit klaren Worten und herbem Auftreten nicht immer nur Freunde geschaffen. Seine Nähe zur Finanzlobby, hohe Nebeneinkünfte aus Vortragsreden und Aufsichtsratsmandaten sowie einige umstrittene Entscheidungen als Finanz- und Wirtschaftsminister machten ihn zu einer polarisierenden Figur, die ihre Positionen rhetorisch versiert gegenüber politischen Gegnern ebenso wie gegenüber Parteifreunden und kritisch nachfragenden Journalisten vertrat.

Nachdem Steinbrück sich 2016 aus dem Bundestag und der „großen Politik“ verabschiedet hat, wurde es etwas ruhiger um ihn. Als Gast in politischen Talkrunden teilt er aber öfter in seiner wenig zimperlichen Art weiterhin gegen „Freund und Feind“ aus. „Nicht zufrieden“ sei er mit der derzeitigen Ampel-Koalition, weil die Akteure sich gegenseitig provozieren und es nicht schaffen, sich bei wichtigen Fragen vorab klar abzustimmen. Steinbrücks Kritik macht sogar vor der SPD nicht halt, deren grundsätzliche Probleme er 2018 in seinem Buch „Das Elend der Sozialdemokratie“ thematisiert hatte. Bei Bundeskanzler Scholz vermisst er heute „mehr Führung, wenn Führung erforderlich ist“. Der CDU als führender Oppositionspartei hält er vor, sie trage derzeit ohnehin nichts Substanzielles zur Problemlösung bei.

Der 76-jährige Steinbrück als Unternehmensberater und Aufsichtsrat tätig und macht gelegentlich Kabarett
Der 76-jährige Steinbrück als Unternehmensberater und Aufsichtsrat tätig und macht gelegentlich Kabarett - Foto: picture alliance/dpa

Als Finanzexperte beobachtet Steinbrück aufmerksam die zuletzt wieder angespannte Situation im europäischen Bankensystem, das sich allerdings seit der Krise 2008/09 positiv „weiterentwickelt und gewandelt“ habe. Angesichts gewachsener Nervosität durch Corona, Inflation und Ukraine-Krieg dürfe die Politik die aktuelle Lage jedoch nicht verharmlosen, damit Anleger und Investoren nicht verschreckt würden. Angst um ihre Einlagen bräuchten die Bürger jedoch nicht zu haben, denn ähnlich wie zu Zeiten von Merkel/Steinbrück könnten sie auch heute auf staatlichen Schutz ihres Vermögens vertrauen.

Nicht zufrieden mit der Ampel

Den von Bundeskanzler Scholz geprägten Begriff „Zeitenwende“ formuliert Steinbrück lieber in „Zeitenbruch“ um, „weil wir es zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkrieges mit einem Kriegsverbrecher im Kreml zu tun haben, der versucht, uns mit der Energiewaffe zu erpressen“, sagte Steinbrück der „Wirtschaftswoche“. In der öffentlichen Kommunikation müsse viel deutlicher gemacht werden, dass dies ein Umdenken für alle bedeutet und auch einen Lösungsbeitrag der Staatsbürger erfordert: „Wir haben zu begreifen, dass wir aus einer lang gepflegten Bequemlichkeit und Leichtfertigkeit langsam aufwachen.“ Er erlebe jedoch zu oft, „dass dieses Land die Gefährdung, die auf unserer Demokratie lastet, nicht begriffen hat“.

Einen Seitenhieb auf die öffentliche Darstellung von Mandatsträgern kann sich Steinbrück auch nicht verkneifen und fordert im Deutschlandfunk für Politiker das Recht auf „eine gewisse Privatheit“ ein, weil der mediale Umgang mit ihnen und „die Art der politischen Debatte, wie wir sie führen, der Politik und der politischen Klasse nicht guttut“. Über Parteigrenzen hinweg dürfe kein Prozess in Gang gesetzt werden, der die Politik und ihre Protagonisten insgesamt beschädigt.

Neben seiner politischen Arbeit war Steinbrück stets auch auf anderen Feldern tätig. 2012 wurde bekannt, dass er die höchsten Nebeneinkünfte aller Bundestagsabgeordneten bezog und zwischen 2009 und 2013 aus Vorträgen, Aufsichtsratsmandaten und Buchverkäufen ordnungsgemäß versteuerte Brutto-Einkünfte von insgesamt rund zwei Millionen Euro erzielt hat. Auch war er 2011 Gastprofessor für Politikmanagement an der Uni Duisburg-Essen und hat seit 2011 eine Honorarprofessur für Finanzwirtschaft und internationale Finanzpolitik an der Uni Leipzig inne. Steinbrück erzielt auch heute noch verschiedene Einkünfte aus Vorträgen und ist beispielsweise als Aufsichtsrats- beziehungsweise Beiratsmitglied der Technologieunternehmen eClear AG und Raquest GmbH und bei Borussia Dortmund sowie als „Senior Advisor“ bei der ING DiBa tätig. Schon seit einigen Jahren ist Steinbrück ehrenamtlicher Vorsitzender des Kuratoriums der Helmut-Schmidt-Stiftung und der Helmut und Loki Schmidt-Stiftung, dazu Vizepräsident des Senats der Deutschen Nationalstiftung sowie Mitglied des Kuratoriums der „Zeit“-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Politischen Beirats im Wirtschaftsforum der SPD.

Professur an der Uni Leipzig

Seit 2017 tritt Steinbrück gelegentlich mit dem Kabarettisten Florian Schroeder auf, um zwei Stunden lang das Publikum wortgewaltig und satirisch mit den „ganz großen Fragen der Zeit“ zu unterhalten Der viel gefragte Ex-Minister hat aber auch noch ein Privatleben, das er seit 1975 mit seiner Frau Gertrud, einer promovierten Bio- und Politiklehrerin, teilt. Steinbrück ist Fußball-Fan und passionierter Schachspieler, liebt Modellbauschiffe und kann nach eigener Aussage genau drei Gerichte kochen: „Spaghetti, Reisfleisch und Toast Hawaii“. Er lebt in Bonn-Plittersdorf und hat eine Zweitwohnung in Berlin-Wedding. 

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