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WAS MACHT EIGENTLICH...

Der „Spiegel“ bezeichnete Meinecke als „Grande Dame der poetischen deutschen Popmusik“
Foto: imago images/Horst Galuschka

… Ulla Meinecke?

In den 80ern wurde sie mit ihren poetischen Texten zu einer der bekanntesten deutschen Musikerinnen. Über 1.000 Konzerte machten sie zur festen Größe in der Musikbranche. Die „Meisterin des treffenden Wortes“ feiert am 14. August ihren 70. Geburtstag.

Im Gegensatz zu ihrem Entdecker und gerade jetzt wieder erfolgreichen Freund Udo Lindenberg steht Ulla Meinecke nicht mehr so sehr im medialen Rampenlicht. Dabei ist sie seit 40 Jahren eine feste Größe im deutschen Musik- und Kulturbusiness. Ihre mal samtige, mal rauchige Stimme, ihre poetische Sprache und ihre oft ironisch-nachdenklichen Texte über Alltagsthemen erreichen nach wie vor das Publikum, vor das sie allerdings nur noch im kleineren Rahmen tritt. In den Wochen nach ihrem 70. Geburtstag gastiert sie beispielsweise unter dem Titel „Ulla Meinecke im Konzert – Songs & Geschichten“ in Theatern oder Kleinkunstbühnen von Berlin und einigen weiteren deutschen Großstädten. Dabei mischt sie ernste und humorvolle Geschichten mit eigenen und adaptierten Liedern, bei denen sie nur von den Multi-Instrumentalisten Reinmar Henschke und Ingo York begleitet wird. Ganz in Schwarz gekleidet und oft barfuß steht die erklärte Pazifistin und „Hardcore-Romantikerin“ auf der Bühne und singt gewohnt kritisch, klug und hintergründig von den Menschen und der Liebe. Als Zugabe mit dabei ist immer auch ihr bekanntester Song „Tänzerin im Sturm“.

Verzichtet auf Playback

Ulla Meinecke feiert am 14. August ihren 70. Geburtstag
Ulla Meinecke feiert am 14. August ihren 70. Geburtstag - Foto: imago images/Chris Emil Janßen

Auf Youtube findet man kaum Mitschnitte ihrer Auftritte: „Dieses Handy-Tourette, was da manchmal ausbricht, ist unmöglich. Ich sage den Leuten auch vorher, dass das nicht geht!“, erklärt die Künstlerin dem „Weserkurier“. Sie verzichtet auch auf die allseits beliebten Playback-Einspielungen, ihre musikalische Unterstützung ist handgemacht. „Wir klingen wunderbar und sehen auch noch gut aus!“, scherzt Meinecke, die an ihrem Publikum die „Unaufdringlichkeit“ schätzt. Zwar gebe sie durchaus mal ein Autogramm, aber diese „Distanzlosigkeit wie im Popbusiness“ finde bei ihr nicht statt. Sie freut sich darüber, dass zunehmend auch wieder jüngere Leute zu ihren Konzerten kommen und auch junge Musiker offenbar das Zeitlose schätzen und sich wieder an Größen wie Bob Dylan oder den Byrds orientieren: „Ich glaube, das ist die Sehnsucht nach etwas Echtem, etwas Authentischem.“ Immer wieder bekommt Meinecke sogar Anfragen von jungen Musikern, für sie zu texten. Für ein vergoldetes Album von Annett Louisan hat sie beispielsweise mehrere Songs geschrieben. Sie selbst hat zuletzt 2019 das Album „Live at Rockpalast 1981 und 1985“ herausgebracht, das auf drei CDs und zwei DVDs eindrucksvoll ihren Karrierehöhepunkt dokumentiert.

Trotz ihres langjährigen Erfolges und über einer Million verkaufter Alben ist Meinecke auf dem Boden geblieben: Nicht mehr arbeiten zu müssen und mit viel Geld im Süden zu leben, ist nicht so ihr Ding. „Ich arbeite sehr gerne! Es ist ja irgendwie so, dass ich jetzt viele Sachen ernten kann“, schätzt sie ihren Stellenwert realistisch ein. „Ich habe mich aus einem Teil des Geschäftes zurückgezogen und mache jetzt genau das, was ich am liebsten tue“, erklärt sie dem „Weserkurier“. Den Preis, deshalb in so manchen Fernsehsendungen nicht mehr vorzukommen, zahle sie gerne: „Ich habe nie mein Privatleben oder Krankheiten öffentlich behandelt. Ich nehme am Boulevard und an der Rote-Teppich-Krabbelei nicht teil!“, blickt sie kritisch auf branchenübliche Gepflogenheiten. So gehe sie auch nicht zum Promi-Dinner und nicht in die Jury von Castingshows: „Das alles ist mir angeboten worden, aber ich habe keinen Bock drauf.“

Wasserschaden in ihrer Wohnung

Neben der Musik hat Meinecke auch Ausflüge ins Berliner Theater gemacht: 2008 spielte sie neben Ben Becker im Tennessee-Williams-Stück „Endstation Sehnsucht“ die Eunice Hubbel und drei Jahre später in Dietmar Loefflers „Der Schlagerexorzist“ Sängerin Roxanne. 2003 hatte sie ihre Lieblingsbücher über Tom Sawyer und Huckleberry Finn als Hörbuch veröffentlicht und alle Rollen selbst gesprochen. 2008 produzierte die vielseitige Künstlerin mit Radio Jena das dreiteilige Hörfunk-Feature „Willkommen in der Höhle der Löwin“. Seit den 90ern ist Meinecke auch mit Lesungen aus ihren drei Büchern unterwegs, wobei der literarische Vortrag mit Musik und passenden eigenen Liedern ergänzt wird. Diese Art von Auftritten war in den vergangenen Jahren immer mehr in den Vordergrund gerückt.

Die ansonsten eher öffentlichkeitsscheue „Grande Dame der poetischen deutschen Popmusik“, wie der „Spiegel“ sie betitelte, geriet 2022 unverschuldet doch mit ihrem Privatleben in die Schlagzeilen. Ihre Altbau-Mietwohnung in der Berliner Kreuzbergstraße, wo sie schon seit über 40 Jahren lebt, war von einem Wasserschaden betroffen, sodass das Wohnungsamt die Wohnungen für unbewohnbar erklärte. Meinecke musste ausziehen und kam inzwischen schon in fünf Übergangsquartieren unter. Weil der Hausbesitzer die geplante Renovierung nicht vornimmt, beschäftigt der Fall nun schon seit einigen Monaten Anwälte und Gerichte. „Das Recht ist auf unserer Seite, aber es hilft nichts“, klagte Meinecke in der „Berliner Zeitung“ über vor Ort leider übliche „Gangstermethoden“ bei Vermietungen. Sie will jedoch unbedingt in ihre bisherige Wohnung zurück, weil man in der Hauptstadt anderswo keine bezahlbare Wohnung mehr finde. 

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