Der regierende ANC kümmert sich vor allem um eines: sich selbst
Als der südafrikanische Finanzminister Pravin Gordhan 2015 aus seinem Amt entlassen wurde, brach der Kurs der Währung, Rand, ebenso ein wie die Aktienkurse. Vier Tage lang sah sich der Präsident Jacob Zuma die Entwicklung an, bis er Gordhan wieder auf seinen Posten zurückversetzte. Nichts zeigte deutlicher, wie wichtig die wenigen verbliebenen ernsthaften Minister in Zumas Kabinett waren, um die schwächelnde Wirtschaft des Landes am Laufen zu halten.
Nun wiederholte Zuma, der sich selbst zahlreichen Korruptionsvorwürfen ausgesetzt sieht, diesen Schachzug ein zweites Mal Gordhans Entlassung war diesmal aber offenbar als endgültig geplant. Er wurde zu einem Zeitpunkt etwas stabilerer Wirtschaftsdaten abgesetzt, in der Hoffnung, dass sich die Schockwellen in Grenzen halten würden. Doch der Rand gab um bis zu fünf Prozent nach, und das Land wurde sofort von den Ratingagenturen abgestraft.
Angesichts der hohen Schuldenlast ein fatales Signal. Gordhan selbst, der für die Wirtschaftselite des Landes als Garant für konservative Staatshaushalte und gegen Verschwendung galt, erfuhr vom Ende seiner Karriere aus dem Fernsehen.
Hinter der Kabinettsumbildung steckt ein tief greifender Konflikt innerhalb des bunten Organisationsbündnisses, das sich nach außen hin African National Congress (ANC) nennt und die Republik Südafrika seit Ende der Apartheid regiert. Zwei Fraktionen stehen sich zunehmend unversöhnlich gegenüber: Beide sind sie durch persönliche Loyalitäten für oder gegen den amtierenden Präsidenten gekennzeichnet. Je näher das Ende seiner Amtszeit rückt, desto offensichtlicher werden die Gräben, die aus dem Bündnis von Anti-Apartheid-Kräften ein politisches Wespennest zu machen drohen.
Die unterschiedlichen Standpunkte hängen nicht nur mit dem Wunsch zusammen, Zugang zu den Pfründen der Regierung zu erhalten. Vor allem die stramm linken Aktivisten im ANC, geführt von der Kommunistischen Partei und den radikaleren Gewerkschaften, sind hoch unzufrieden mit der immer noch starken Stellung einer weißen Oberschicht in der Wirtschaft des Landes. Viele Versprechungen des ANC, vor allem eine Verbesserung der ökonomischen Stellung armer Bürger, sind nur teilweise und regional verwirklicht worden. Die Wirtschaftspolitik ist eine Mischung aus irrationalen staatlichen Eingriffen, einer immer weiter um sich greifenden Korruption sowie weitgehender Konzeptionslosigkeit.
Es war Gordhan, der das Budget bisher zusammenhielt und unsinnigen Vorhaben Zumas etwa der Bau eines eigenen Atomreaktors einen Riegel vorschob. Mit seinem Abgang steigt die Gefahr, dass der ohnehin stark verschuldete Haushalt noch mehr als bisher zur Domäne ausgabefreudiger Politiker wird, die mit Wahlgeschenken und unrealistischen sozialen Versprechungen ihre Macht zu sichern beabsichtigen. Die liberalen Kräfte innerhalb des ANC sehen sich zunehmend düpiert und haben es schwer, sich gegen den vor allem rhetorischen Ansturm des linken Flügels zu behaupten.
Die Hoffnungen darauf, dass die Opposition eine echte Alternative zur Regierung des ANC darstellen würde, sind in letzter Zeit etwas gestiegen. Die größte Gruppierung, die Demokratische Allianz, konnte zuletzt bei Kommunalwahlen einige Achtungserfolge erzielen, ihrer Regierungsarbeit wird generell eine größere Effektivität und Effizienz zugeschrieben. Unter ihrem schwarzen Präsidenten und Spitzenkandidaten Maimane gelang es ihr auch ein Stück weit, das Image als politischer Arm der reichen, vor allem weißen Oberschicht abzulegen. Ob es ihr aber gelingen wird, die tief in der Gesellschaft und den staatlichen Strukturen verwurzelte ANC auf diesem Wege von der Macht zu vertreiben, dürfte fraglich bleiben.
Südafrika wuchs zuletzt um magere 0,8 Prozent. Die Arbeitslosenrate liegt offiziell bei 27 Prozent, de facto ist sie aber noch höher. Das Land kann sich politische Unruhen und harte Kämpfe nicht leisten, die Enttäuschung und die Gewaltbereitschaft vor allem der Abgehängten sind groß. Die Art und Weise, wie der ANC seit Jahren vor allem nur noch das Wohl seiner Parteigranden im Auge hat, stimmt einen für die Zukunft leider wenig zuversichtlich.
Von Dirk van den Bloom
Dirk van den Boom, geboren 1966 in Fürstenau, studierte Politikwissenschaft in Münster und arbeitet als Consultant in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Migrationspolitik und Sozialpolitik. Er ist selbstständig, schreibt Romane und lebt in Saarbrücken.
POLITIK
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