Nach dem 2:2 in Wolfsburg will Hertha BSC auch im Heimspiel gegen die punkt- und torgleiche Borussia aus Mönchengladbach zumindest ungeschlagen bleiben.
Dass das Spitzenspiel am vergangenen Wochenende VfL Wolfsburg gegen Hertha BSC hieß, damit hatten vor der Saison 2018/19 sicher die wenigsten gerechnet. Der VfL hatte dabei zwar zuvor die beiden Vereine bezwungen, die nun das Tabellenende zieren, dennoch hätte man dem zweifachen Relegationsteilnehmer kaum zugetraut, die volle Punktzahl aus den beiden Partien gegen Schalke 04 und Bayer Leverkusen zu holen. Auch Hertha schlug „Königsblau", sogar auf deren Platz, und veredelte damit den Auftaktsieg gegen Nürnberg. Somit waren die Experten natürlich besonders gespannt, was das Topspiel „Platz zwei gegen drei" denn nun wirklich zu bieten haben würde. Danach dürften sie durchaus zufrieden gewesen sein, was die Teams taktisch und auch vom Einsatz her lieferten.
So sah es in Wolfsburg allerdings lange Zeit so aus, als sollte die Partie vom reinen Unterhaltungswert nicht an seine beiden „Vorgänger" in der Volkswagen-Arena anknüpfen können. Im Dezember 2016 stand es etwa nach 18 Minuten bereits 2:1 für den VfL, wegen einer ungewohnt unkonzentrierten Defensivleistung der Gäste aus der Hauptstadt. Im weiteren Verlauf dominierte Hertha aber das Geschehen, kam nach knapp 70 Minuten durch Fabian Lustenbergers Tor zum Ausgleich – und setzte nach. Die Belohnung: In letzter Minute erhielten die Berliner einen Foulelfmeter, den Salomon Kalou zum völlig verdienten Siegtreffer nutzte. Vor zehn Monaten hatte Hertha noch wie die Feuerwehr in der Autostadt losgelegt und nach 20 Sekunden bereits getroffen. Vedad Ibisevic hatte seinerzeit eine 900-Minuten-Flaute beendet. Danach wirbelten die Wolfsburger allerdings die Defensive von Pal Dardais Schützlingen kräftig durcheinander. Zur Halbzeit waren die Berliner mit dem 1:2 angesichts zweier (korrekterweise) aberkannter Tore und eines verschossenen Elfmeters noch gut bedient. Bis in die Schlussphase führte der Gastgeber dann mit 3:2, ehe Davie Selke noch der durchaus schmeichelhafte Ausgleichstreffer gelang. Ein Unentschieden also mit dem Charakter, einen Punkt gewonnen zu haben.
Gute Taktik und Einsatzfreude
Diesmal sollte es beim Aufeinandertreffen beider Mannschaften in der Autostadt anders laufen. Die Gastgeber präsentierten sich offensiv bemüht, kamen aber gegen die defensiv gut aufgestellte Hertha-Elf kaum zum Zug. Dabei musste Trainer Dardai sogar weiter auf Abwehrchef Karim Rekik verzichten, der auf Schalke schon früh wegen einer Adduktorenverletzung passen musste. So begannen in Wolfsburg Niklas Stark und Jordan Torunarigha – dessen Einsatz wegen Problemen mit der Achillessehne im Vorfeld noch fraglich war – in der Defensivzentrale. Dazu stand Javairô Dilrosun anstelle des ebenfalls verletzten Maximilian Mittelstädt erstmals in der Startelf. Die Mannschaft war somit also wieder im 4-1-4-1-System aufgestellt, das im letzten Auswärtsspiel schon gut aufging. Nach einer Stunde hatten es Dardais Spieler zwar nur auf einen Torschuss und eine gefährliche Situation vor des Gegners Tor gebracht, aber als Dilrosun dann einen Fehlpass des VfL im Mittelfeld zum 1:0 verwertete, schien der nächste Dreier möglich.
Zumal die Wolfsburger trotz jetzt erhöhten Risikos im Spiel nach vorne von weiter kompakt stehenden Berlinern am Ausgleich gehindert wurden. Kurz vor Schluss aber hatten die Blau-Weißen das Glück dann nicht auf ihrer Seite, als der Schiedsrichter einen – vielleicht etwas ungestümen – Körpereinsatz von Arne Maier an der Strafraumgrenze als Foul wertete und auf Hinweis des Video-Assistenten einen Elfmeter als Strafe aussprach. Somit war das erste Gegentor der Saison für Hertha BSC nach insgesamt fast zweieinhalb Stunden Spielzeit fällig. In den letzten Minuten bekam das Spiel dann doch noch den Charakter, den man von den letzten beiden Partien her kannte. Denn Hertha gab sich mit dem Punkt nicht zufrieden und wurde belohnt: Ondrej Duda verwandelte – wie schon auf Schalke – einen Freistoß direkt. Nur, dass er diesmal den Ball nicht in den Winkel schoss, sondern unter der hoch springenden Wolfsburger Mauer hindurch im Tor platzierte – angesichts so hünenhafter VfL-Spieler wie Brooks, Ginczek oder Knoche im Verteidigungswall ein probates Mittel.
Drei Tore in den letzten sechs Minuten
Dummerweise war das – aus Berliner Sicht – aber immer noch nicht das letzte Wort: Nach einem langen Flankenball setzte sich ausgerechnet Ex-Herthaner John Anthony Brooks im Strafraum per Kopf durch. Vor dem Tor schaltete dann Stürmer Admir Mehmedi schneller als Lustenberger und sorgte für den erneuten und endgültigen Ausgleich. Drei Tore in den letzten sechs Minuten – am Ende ging es also wieder so hoch her, wie man es von den Gastspielen aus Wolfsburg schon kennt. Wäre nach 85 Minuten Schluss gewesen, hätte man den Herthanern zu einer taktischen Glanzleistung und einem weiteren Sieg ohne Gegentor gratulieren können. So allerdings blieb, obwohl das Ergebnis im Grunde gerecht ausfiel, am Ende eher der Eindruck, zwei Punkte verloren zu haben. Abseits der nackten Zahlen durfte man sich aber als Hertha-Fan durchaus an anderen Dingen freuen: dem lebendigen Auftritt der Hauptstädter, den starken Leistungen der Neuzugänge Dilrosun und Marko Grujic – und auch dem Comeback von Davie Selke, der nach seiner schweren Verletzung in der Schlussphase eingewechselt wurde.
Am Samstag, 22. September, 15.30 Uhr, muss sich die Truppe von Pal Dardai nun gleich dem nächsten Härtetest unterziehen – und das nicht nur angesichts der Statistik: In den sechs letzten Aufeinandertreffen im Olympiastadion zog Hertha gegen Borussia Mönchengladbach vier Mal den Kürzeren. Zuletzt setzte es eine 2:4-Niederlage im November 2017, bei der Dardais Elf nach 20 Minuten bereits 0:3 im Rückstand war. Da erinnert man sich auf blau-weißer Seite lieber an den 3:0-Sieg ein Jahr zuvor, bei dem der dreifache Torschütze Salomon Kalou zum Mann des Tages avancierte. Auch die Gladbacher haben nach den ersten Spieltagen einiges mit Hertha BSC gemeinsam, mehr sogar noch als der VfL Wolfsburg: nicht nur, ungeschlagen zu sein und sieben Punkte auf dem Konto zu haben. Beide Vereine weisen auch dasselbe Torverhältnis auf – und teilen sich somit logischerweise auch den Tabellenplatz, nämlich Rang vier. Die Voraussetzungen für das nächste Topspiel der Bundesliga sind also gegeben.