„Darling Denim" ist laut „Vogue" der Umweltsünder Nummer eins in der Modeindustrie. Trotzdem beherbergt jeder Deutsche durchschnittlich acht Exemplare in seinem Kleiderschrank. Wie schön, dass es jetzt umweltfreundliche Alternativen gibt.
Als Levi Strauss im Jahr 1873 das erste Patent auf seine selbsternannten Arbeiterhosen erhielt, konnte er sich wohl kaum vorstellen, dass mehr als 150 Jahre später die Jeans zum beliebtesten Kleidungsstück überhaupt avanciert sein wird. Der robuste Denim-Stoff gilt nicht nur als äußerst strapazierfähig, er ist dank eingearbeitetem Elastan auch sehr bequem. Dabei gibt es inzwischen unzählige Modelle von der Mom-Jeans über Skinny-Jeans bis hin zur Baggy-Jeans mit ausgestellten Taschen.
Was viele Verbraucher dabei kaum interessiert, ist, wo ihre Lieblingshose eigentlich hergestellt wird und unter welchen Bedingungen für Arbeiter und Umwelt. Dabei geistert das Thema „Umweltverschmutzer Jeans" bereits seit Jahren immer wieder durch die Presse. Fakt ist, der Jeans-Import nach Deutschland boomt. Laut Statistikportal statista.com machen sich pro Jahr rund 190 Millionen Jeans auf die lange Reise in unsere Geschäfte und Online-Shops. Aufgrund unterschiedlicher Produktionsschritte kann es leicht passieren, dass eine Hose einen Weg von mehr als 50.000 Kilometern zurücklegt, ehe sie es in den eigenen Kleiderschrank geschafft hat. Doch die weiten Transportwege und der damit verbundene Energieaufwand sind nur ein Grund, warum die Jeans als echter Umweltsünder gilt. Weitere Schwierigkeiten macht der Anbau der Baumwolle. Hier braucht es viel Wasser, zu viel davon. Danach durchlaufen die Hosen noch diverse Färbeprozesse und Bleichungsverfahren, um den beliebten Used-Look zu erhalten. Dabei kommen umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz, die ungeklärt in die Flüsse geleitet werden. Nach einem großen Skandal zum Sandstrahl-Verfahren, bei dem Löcher und Beschädigungen künstlich in die Jeans eingebracht werden, ist zumindest diese Methode in der Türkei seit 2009 verboten. Andere Länder sind noch längst nicht so weit.
Laut Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) gibt es derzeit gerade mal ein Prozent an Jeans, die nachweislich gemäß neusten Sozial- und Umweltstandards produziert werden. Die sind für Verbraucher leicht an ihren Zertifizierungen zu erkennen. Davon gibt es allerdings einige. Eines der bekanntesten ist das „GOTS"-Ökosiegel. Die Abkürzung steht für „Global Organic Textile Standard". Labels können sich um eine Auszeichnung bewerben, wenn sie während der gesamten Herstellungskette ihrer Produkte auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit achten. Noch einen Schritt weiter geht man mit dem Cradle-to-Cradle-Siegel. Hier müssen alle verwendeten Materialien vollständig recycelbar sein.
Umweltschonende Färbetechniken
Ein Label, das diesen Standard sogar mit Goldauszeichnung erfüllt ist G-Star. Die Holländer haben bereits im Februar dieses Jahres ihr Jeansmodell „Elwood RFTPi" herausgebracht – unter dem Leitsatz „Wenn wir designen, designen wir für die Zukunft. Dabei spielt für uns nicht der Look der Produkte eine Rolle, sondern die Wirkung, die sie auf die Umwelt haben." Das hier ausschließlich Biobaumwolle bei der Herstellung Verwendung findet, ist für die Amsterdamer dabei ebenso wichtig, wie auf die Verwendung von schädlichen Chemikalien bei der Färbung der einzelnen Modelle zu verzichten. Aus diesem Grund haben sie eine spezielle Färbetechnik kreiert, die komplett ohne schädliche Salze auskommt und über 70 Prozent aller Chemikalien einsparen kann. Dabei kommt nur wenig Wasser zum Einsatz, welches sich anschließend zu 98 Prozent wiederverwenden lässt. Die neuartige Technologie gilt als sauberste Indigo-Färbung weltweit. Die Kosten für eine Raw-Jeans liegen dabei kaum höher als für eine klassische Levi’s-Jeans. Und G-Star ist längst nicht der einzige Anbieter umweltfreundlicher Jeans. Auch Manomama, ein Unternehmen aus Augsburg, produziert Jeans und andere Kleidung nach ökologischen und menschlichen Kriterien. Hier geht man radikal regionale Wege, legt nicht nur Wert auf Bio-Zertifizierungen, sondern auf sinnhafte Herstellung in einer geschlossenen Wertschöpfungskette. Für seinen Einsatz erhielt Manomama bereits zahlreiche Preise, unter anderem den Deutschen Nachhaltigkeitspreis und den Barbara-Künkelin-Preis.
Ebenso nachhaltig und fair arbeitet Armedangels, eines der bekanntesten deutschen Öko-Labels. Seit 2015 gibt es hier vegane Jeans aus 97 Prozent Bio-Baumwolle und drei Prozent Elastan. Die Baumwolle wird aus Indien importiert, sie ist allerdings sowohl Fairtrade als auch „GOTS"-zertifiziert. Die Jeansproduktion selbst findet in der Türkei statt, allerdings auch hier nach den strengen sozialen Standards der „Fair Wear Foundation". Aktuell gibt es unterschiedliche Jeans-Modelle für Damen, Herren und Kinder im Sortiment. Trotz großer Auswahl verfolgt man hier nur ein Ziel: „Wear nothing but bio. Made by humans." („Trage nichts außer Bio. Gemacht von Menschen.")
Es reicht also nicht, lediglich auf die Verwendung von Öko-Materialien zu achten, auch die Themen erneuerbare Energien, Wasserverbrauch, soziale Komponenten und Recyclebarkeit sind wichtige Faktoren, die eine Jeans wirklich umweltverträglich machen. Recycling gelingt dabei am besten mit dem Konzept der Mud Jeans (https://mudjeans.eu). Statt Jeans neu zu kaufen, können Kunden hier leasen. Gefällt das Modell nicht mehr, geht es zurück und ein anderer Kunde freut sich. Das hält den Kleiderschrank übersichtlich, und keine Hose landet im Müll.
Doch ganz gleich für welche ökologische Variante das Herz auch schlagen mag: Fakt ist, der Verbraucher kann viel dafür tun, die Umwelt jeden Tag ein bisschen zu schützen, indem er genau hinsieht und sich informiert, woher das Lieblingsjeansmodell stammt und wie es hergestellt wurde. Die Auswahl ist inzwischen groß, und die Preise sind erschwinglich.