BAP kann auf über 40 erfolgreiche Jahre zurückblicken. Die Band gründete sich im Jahre 1976 und traf sich zu Beginn in wechselnder Besetzung, um „einen Kasten Bier leerzuproben", was sich offenbar stimulierend auf die Qualität von Text und Musik ausgewirkt hat. Ein Gespräch mit Wolfgang Niedecken.
Vor dem ersten Auftritt, der im Juli 1977 im Mariensaal in Köln-Nippes mit zwei akustischen Gitarren (Wolfgang Niedecken, Hans Heres) und Perkussion (Afro Bauermann) stattfand, musste ein Bandname gefunden werden. Auf eine spontane Frage des Veranstalters, der auf Plakaten für das Konzert werben wollte, schlug Hans Heres kurzerhand Niedeckens Spitznamen „Bapp" vor. Wolfgang Niedecken nannte, wie in der Heimat seiner Großeltern väterlicherseits im „Unkeler Platt" üblich, seinen Vater „Bapp" statt auf Kölsch „Papp". Dies hat ihm allerdings selbst den Spitznamen „Bapp" eingebracht. In Ermangelung einer Alternative für einen Bandnamen und einig darin, dass „BAPP" auf der Bassdrum nicht gut aussehen würde, strich man einfach ein „P" und fertig war –
augenblicklich und ganz ohne Werbeagentur – eine Marke, die heute bereits seit Jahrzehnten für Qualität in der deutschen Musikszene steht.
Das erste Album „Wolfgang Niedecken`s BAP rockt andere kölsche Leeder" erschien im November 1979. Die Band bestand zu dieser Zeit aus Wolfgang Niedecken, Hans „Honçe" Heres, Wolfgang „Gröön" Klever, Manfred „Schmal" Boecker, Wolfgang „Wolli" Boecker und Bernd Odenthal. Die zweite LP „Affjetaut" folgte 1980 – wie die Debüt-Platte und das dritte Album „für usszeschnigge!" noch unter der Bezeichnung „Wolfgang Niedecken’s BAP".
Gern erinnert sich Wolfgang Niedecken an das Konzert in Völklingen am 14. Dezember 1981, als die Kölschrocker ihre erste musikalische Visitenkarte im Saarland abgaben. In der kleinen, aber proppevollen Location beobachtete er während des Konzerts, „dass durch die Reihen immer wieder mehrere Plastikkanister mit irgendeinem Gesöff rumgingen, von denen jeder mal einen Schluck genommen hat". Bis heute wisse er nicht, was in den Kanistern war, aufgrund der sehr guten und gelösten Stimmung nach einigen Songs, habe er jedoch eine Vermutung.
Das erste Album erschien 1979
Auch an die Gigs an der Saarbrücker Uni denkt Wolfgang Niedecken gern zurück. Der noch existierende Terminkalender aus dieser Zeit dokumentiert das zweite Gastspiel der Kölner an der Saar am 3. Dezember 1982 in der Aula der Saar-Uni, die damals eine „ziemliche Bude" gewesen sei.
Mit diesen ersten beiden Konzerten war der Grundstein für die saarländisch-kölsche Freundschaft gelegt und der „BAP-Virus" breitete sich im Saarland unaufhaltsam aus. Es folgten permanent ausverkaufte Konzerte mit nur selten unter drei Stunden dauerndem Programm. Diese Spielfreude begeisterte die Fans, und die Konzerte mit BAP waren Feiertage, auf die man sich schon lange im Vorfeld sehr freute.
Und immer wieder ergaben sich bei Konzerten im Saarland Situationen, an die er sich gern erinnere, erzählt Wolfgang Niedecken. So habe ihm die lange Wartezeit im Backstage-Bereich des Open-Air-Konzerts in St. Wendel am 26. Juni 1989, wo die Kölschrocker als Headliner gesetzt waren und auf ihren Auftritt warten mussten, die Bekanntschaft mit Joe Cocker beschert. Dieser flüchtete aufgrund der Lautstärke aus dem von seinem Management eigens für ihn und seine Crew abgesperrten Bereich, der nur leider in der Nähe der PA-Anlage lag, zu den Musikern von BAP in den ruhigeren Backstage-Bereich. In der gemeinsamen Wartezeit mit Joe Cocker, „einem wahren Gentleman", wie Niedecken ergänzt, habe man viel Spaß gehabt. Ebenfalls in St. Wendel, allerdings beim Open Air im September 1987, saß ein neues Band-Mitglied auf der Bühne. Jürgen Zöller war als Schlagzeuger für den kurz zuvor verstorbenen Pete King eingestiegen. Dass er diese Position rund 27 Jahre lang innehaben sollte, hat er damals sicher nicht gedacht. Inzwischen, Jürgen Zöller ist heute über 70, ist er bei BAP, nach der „Zieht den Stecker"-Tour ausgestiegen. Auf dem Album „Lebenslänglich", zum 40-jährigen Bandbestehen, widmet Wolfgang Niedecken seinem langjährigen Weggefährten mit „Schrääsch hinger mir" ein eigenes Stück, in dem er in Stichworten ihre gemeinsame Zeit und seinen Dank an Jürgen Zöller zum Ausdruck bringt.
Schöne Erinnerungen hat Wolfgang Niedecken auch an die Musikfestspiele Saar. Das schon immer ambitionierte Festival, das sich stets über den halben Sommer zog, konnte aufgrund seiner zumeist klassischen Ausrichtung eine breitere Bevölkerungsgruppe nicht erreichen. Dies hat sich mittlerweile geändert. Im Jahr 2009 lautete das Motto „Welcome America!" und deckte die gesamte Bandbreite amerikanischer Musik hervorragend ab. Einen besonderen Coup landete die Festivalleitung und hatte keinen Geringeren als Bob Dylan engagiert. Was lag da näher, als auch den „Deutschen Dylan" an die Saar zu holen? Am 20. Mai 2009 präsentierte Wolfgang Niedecken sein Programm „Niedecken singt und liest Bob Dylan". Zu Bob Dylan kann Wolfgang Niedecken viel erzählen: „Wir haben uns zweimal getroffen. Ganz locker, ohne dicke Sonnenbrillen: das erste Mal im Jahr 2000 in der Kölnarena, als Wim Wenders den BAP-Film drehte. Wir kamen ins Gespräch, und ich dachte: So ist das also. So fühlt es sich an, Dylan zu treffen. Unprätentiös und angenehm. Ein kleiner, zerbrechlich wirkender Mann mit schalkhaftem Blick, dem ich zur Begrüßung leider viel zu fest die Hand gedrückt hatte. Beim zweiten Treffen, neun Jahre später, brachte ich ihm nach einem Auftritt in Saarbrücken eine Lapsteel-Gitarre von einem Hannoveraner Gitarrenbauer mit. Händeschütteln war nicht mehr nötig, er hat diesmal den Rapper-Gruß benutzt. Ich werde nie vergessen, wie er sich über diese Gitarre gefreut hat, sie in seinen Wohnwagen mitnahm und auf dem Weg nach Paris losgerockt hat. Ein Kind, das zu Weihnachten eine Modelleisenbahn bekommt, kann nicht glücklicher aussehen."
Anekdoten über Bob Dylan
Es macht Spaß und ist kurzweilig, mit Wolfgang Niedecken über Themen in und aus dem Saarland zu plaudern. So spannt sich der Bogen von Konzerten am Bostalsee mit Guildo Horn und der Doppelbesetzung von Jens Streifling, der von 1996 bis 2002 fest zur BAP-Formation gehörte, aber auch mit Udo Lindenberg und eben Guildo Horn zusammenspielte, über ein Konzert mit Clueso, mit dem er zusammen auf der Bühne des Saarbrücker E-Werks stand und als „kölsch-hochdeutsches Duo" den Dylan-Song „Für immer jung" präsentierte. Die beiden hatten sich kurz vorher in einer Radiosendung beim Westdeutschen Rundfunk kennengelernt.
Es gäbe sicherlich noch viele interessante Geschichten und Erinnerungen an die zurückliegenden Konzerte und Auftritte im Saarland, aber auch die neue Tour ist höchst erwähnenswert. Niedeckens BAP geht im kommenden Juli in die nächste powervolle Tour-Runde und rockt die Bühnen wie gewohnt über drei Stunden lang. Hierbei wird die Band wie bei den ersten beiden Tourteilen wieder vom dreiköpfigen Bläsersatz der „Sing meinen Song"-Band begleitet.
Das Konzert am 11. Oktober, in der Saarbrücker Saarlandhalle, bot in Bezug auf die Songauswahl ein enormes Spektrum und setzte sich zusammen aus altbekannten Klassikern wie „Kristallnaach", „Verdamp lang her" oder „Do kanns zaubere". Auch neue Songs aus dem jüngsten Solowerk „Reinrassije Strooßekööter" (Das Familienalbum), das Wolfgang Niedecken im spielfreien Jahr in New Orleans aufgenommen hat, wurden zum Besten gegeben. Man konnte förmlich den frischen Südstaaten-Wind, der sich im abwechslungsreichen Bühnenbild ebenso wie in den groovigen Arrangements widerspiegelte, spüren. Das Bläsertrio, bestehend aus Trompete, Saxofon und Posaune, verleiht den ehrwürdigen Kölschrock-Hits wie „Waschsalon", „Et ess, wie’t ess" oder „Diss Naach ess alles drin" eine prickelnde Note und fügt sich musikalisch elegant in den BAP-Sound ein.
Mit viel Liebe zum Detail hat Niedecken diesmal auch wieder echte musikalische Fundstücke aus seiner Schatzkiste auf die Setliste gepackt und ihnen zusammen mit seiner Band ein überraschend neues Lebensgefühl eingehaucht. Illustriert wurden die Songs durch Projektionen, unter anderem auch Privatfotos seiner Vorfahren und selbstgedrehten Filmsequenzen auf einer überdimensionalen Leinwand, die zusammen mit Wolfgang Niedeckens Anekdoten eine ganz spezielle Atmosphäre zauberten. Er ist nicht nur ein herausragender Musiker, sondern auch ein hinreißender Geschichtenerzähler mit einer warmherzigen Art und der Verbundenheit zu seinen Wurzeln, dem Lebensgefühl zwischen Chlodwigplatz und Rheinufer mit Blick über den Tellerrand.
Musikalische Reise
Eine musikalische Reise von der Kölner Südstadt in die amerikanischen Südstaaten mit vielen Überraschungen, die bei den Fans keine Wünsche offenließen. Wolfgang Niedecken wäre nicht Wolfgang Niedecken, wenn er nicht im Laufe des Abends auch seinen gesellschaftspolitischen Anspruch behauptet hätte, indem er zu wichtigen Themen deutlich Stellung bezog. Viele seiner Texte sind heute aktueller denn je und regen unermüdlich zu mehr politischer Verantwortung und Nachdenklichkeit an. Es geht ihm um Werte wie Würde, Anstand und Respekt, die leider viel zu oft vergessen werden. Über drei Stunden Rock’n’Roll, Authentizität, Abwechslungsreichtum und geballte Ausdauer der Band bis zum letzten Ton. Ein Tourneeprogramm mit reichlich Tiefgang, mitreißender Musik und wirklich guten Texten, das endlos viele Erinnerungen weckte.