Ein Winter ohne Schnee ist für die Freunde der weißen Pracht kaum vorstellbar. Aber nur wenige machen sich die Mühe, die Geheimnisse der Flocken ergründen zu wollen. Obwohl dabei Überraschendes herauskommen kann, beispielsweise warum transparenter Schnee weiß erscheint.
Immer wenn sich über Nacht die Welt grundlegend verändert hat und alles von Häusern und Gärten bis hin zu Straßen und Feldern mit einer weißen Decke überzogen ist, stöhnen die berufstätigen Erwachsenen aufgrund möglicher Verspätungen. Kinder und Jugendliche hingegen können es kaum erwarten, in die weiße Pracht einzutauchen, wahlweise um Schneemänner zu bauen oder mit Schlitten und auf Skiern die Hänge hinabzufahren. Die Gebrüder Grimm hatten in ihrem Märchen von der Frau Holle den Schnee mit Federn verglichen, die eine fleißige Maid aus dem Deckbett der Witwe regelmäßig herausschütteln musste. In Thomas Manns „Zauberberg" werden aus dem Schnee „Kleinodien, Ordenssterne, Brillantagraffen, wie der getreueste Juwelier sie nicht reicher und minuziöser hätte darstellen können".
Entstehung von Schnee
Für die Wissenschaft besteht Schnee kurz und nüchtern aus dem Molekül H²O, sprich aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom, die je nach Temperatur die drei Zustände gasförmig (Wasserdampf), flüssig (Wasser) oder fest (Eis) bilden und durchsichtig sind. Schneeflocken bestehen aus mehreren Eiskristallen. Diese entstehen in höheren, kalten Luftschichten, wenn kleine Wassertröpfchen in den Wolken gefrieren oder wenn sich Wasserdampf an Staubteilchen oder Rußpartikel als Gefrierkern anlagert. Idealerweise sollte die Temperatur in den Wolken zwischen minus vier und minus 20 Grad Celsius betragen. Bei noch tieferen Minustemperaturen wird die Luft zu trocken, um noch Schneekristalle bilden zu können.
Sechseckige Schneekristalle
Je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit können sich unterschiedliche Grundformen des Schneekristalls herausbilden: Plättchen, Prismen, Säulen, Stäbchen oder – am häufigsten –
Sterne mit vielen Verästelungen, die wissenschaftlich „Dendriten" genannt werden und allgemein als der typische Schneekristall angesehen werden. Kein Schneekristall gleicht exakt dem anderen, Forscher haben allein schon mehr als 5.000 verschiedene Grundformen von Schneekristallen fotografisch dokumentieren können. Verblüffenderweise sind all diese Schneekristalle immer sechseckig. Diese hexagonale Symmetrie ergibt sich aus der Anordnung der Moleküle, die entsteht, sobald sich Wassermoleküle zu einem festen Körper zusammenfinden und Eis bilden.
Eine Flocke aus mehreren Schneekristallen
Nur selten fallen Schneekristalle, die bei ihrer Entstehung in den Wolken allerhöchstens 0,1 Millimeter groß sind, einzeln zu Boden. Meist verbinden sie sich mithilfe von kleinen Wassertropfen mit anderen Schneekristallen, wodurch es zur Entstehung von Schneeflocken kommt. Diese haben typischerweise einen Durchmesser von einigen Millimetern, meist werden fünf Millimeter genannt, können im Extremfall aber auch bis zu 20 Zentimeter groß werden. Im Guinness-Buch der Rekorde wird gar eine Flockengröße von 38 Zentimetern aufgeführt. Generell gilt: Je milder die Temperaturen, desto größer und feuchter sind die Flocken, weil sich die Schneekristalle leichter bei milden Minusgraden aneinanderkleben können. Ist es hingegen relativ kalt, fällt der Schnee in feinen Kristallen.
Weißer Schnee
Da Schneeflocken aus Schneekristallen bestehen, die für sich genommen transparent und durchsichtig sind, scheint es auf den ersten Blick völlig unlogisch zu sein, dass Schnee für uns eine weiße Farbe zu haben scheint. Dafür gibt es allerdings eine einfache Erklärung: Die winzigen Schneekristalle haben unzählige kleine Oberflächen, die das auf sie fallende Licht in alle Richtungen reflektieren und unterschiedlich brechen – vergleichbar mit einem Haufen Spiegelscherben. Das weiße Licht wird dabei vollständig reflektiert, weshalb der Schnee nicht durchsichtig, sondern weiß wirkt. Neuschnee reflektiert übrigens am meisten Licht und wirft daher auch einen besonders großen Anteil an UV-Strahlen zurück. Deshalb ist die Gefahr eines Sonnenbrandes für Wintersportler bei frisch gefallenem Schnee am größten und speziell auch die Augen sollten vor der UV-Strahlung mit Brillen geschützt werden.
Leichter Schnee
Eine durchschnittliche, fünf Millimeter breite Schneeflocke wiegt vier Milligramm. Dennoch ist eine Schneewolke in der Regel alles andere als federleicht. Aber letztlich kommt es beim Gewicht auf die Beschaffenheit des Schnees an. So wiegt ein Kubikmeter trockener Pulverschnee zwischen 30 und 50 Kilogramm. Feuchter Neuschnee kann hingegen bis zu 200 Kilogramm pro Kubikmeter schwer sein. Altschnee, der sich in hohen Gebirgsregionen über Jahre durch Antauen und neues Gefrieren immer weiter verdichtet hat, kann es bis auf 800 Kilogramm pro Kubikmeter bringen. Kein Wunder, dass große Schneemassen manche Häuserdächer zum Einsturz bringen können und somit ein eingravierendes Problem sind.
Schnee als Schalldämpfer
Ein schöner Nebeneffekt, der den zahlreichen Hohl- und Zwischenräumen in und zwischen den Schneeflocken zu verdanken ist, ist das Verschlucken von Schall. Sprich: Frischer Schnee wirkt wie ein Schalldämpfer. Geräusche werden kaum reflektiert, sondern in den Eiskristall-Labyrinthen, besonders von feinem Pulverschnee, regelrecht verschluckt. Bei hartem oder verharschtem Schnee wirkt dieser Effekt allerdings kaum noch.
Leise und langsam rieselt der Schnee
Schneeflocken fallen mit durchschnittlichen Geschwindigkeiten von etwa vier Kilometern pro Stunde ziemlich langsam zur Erde. Zum Vergleich: Regentropfen prasseln mit rund 20 Kilometern pro Stunde herunter. Normalen Schneefall kann man kaum hören, die messbaren zehn Dezibel entsprechen der Lautstärke des menschlichen Atmens. Selbst eine Armbanduhr ist mit ihrem Ticken schon doppelt so laut.
Schneearm, schneereich
Dass es in tropischen Regionen naturgemäß nie schneit, dürfte sich von selbst erklären. Davon abgesehen gelten die Eiswüsten der Antarktis als besonders schneearme Kälteregion. Besonders schneereich ist hingegen das Kaskadengebirge im US-Bundesstaat Washington. Auf dem dortigen Mount Rainier war innerhalb eines Jahres von Februar 1971 bis Februar 1972 die geradezu gigantische Schneerekordmenge von 31,1 Metern gefallen.
Schnee auf dem Mars
Dass es auch außerhalb der Erde auf anderen Planeten Schnee geben kann, ist zumindest für den Mars schon wissenschaftlich erwiesen. Es wurden sogar schon regelrechte Schneestürme über dem Roten Planeten registriert. Bei anderen Planeten unseres Sonnensystems besteht der Schnee allerdings nicht aus Wasser: Beim Saturnmond Titan ist es Methan, der Jupitermond wird von Schwefelschnee berieselt.