Nach dem überraschend deutlichen 3:0-Erfolg in Mönchengladbach könnte Hertha BSC am Sonnabend gleich die nächste „schwarze Serie" knacken.
Vor dem Gastspiel bei Borussia Mönchengladbach vergangenen Samstag standen die Zeichen für Hertha BSC nicht besonders gut. In die Rückrunde waren die Hauptstädter durchwachsen gestartet.Dem „Pflichtsieg" in Nürnberg folgte ein 2:2 zu Hause gegen Schalke, mit dem man aufgrund eines zweifachen Rückstands noch hatte leben können. Dann aber leisteten sich die Berliner eine 0:1-Heimniederlage gegen Wolfsburg inklusive einer dürftigen Darbietung, die Bundesligastatistiker eine neue Bilanz eröffnen ließ: Jahresübergreifend brachte es die Mannschaft von Pal Dardai da nur noch auf einen Sieg in den vergangenen sechs Partien. Der Auftritt gegen den FC Bayern München im DFB-Pokal war dann sogar ordentlich – trotz des knappen Ergebnisses von 2:3 nach Verlängerung waren die Kräfteverhältnisse in den 120 Spielminuten allerdings doch deutlich zugunsten des Rekordmeisters ausgefallen. Es gab in dieser Situation also sicherlich einfachere Gegner für die Berliner als Borussia Mönchengladbach. Die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking hatte bis dato eine hervorragende Saison abgeliefert und eine Runde zuvor mit einem Auswärtssieg bei Schalke 04 sogar den Bayern Platz zwei in der Tabelle weggeschnappt. Dazu die beeindruckende Bilanz von neun Siegen in neun Heimpartien – ein dickeres Brett in der Fremde gab es sicher kaum in der Bundesliga zu bohren. Insgesamt belief sich die Serie der Gladbacher sogar auf zwölf Siege zu Hause – mit dem nächsten Dreier hätte man sogar einen Vereinsrekord aufgestellt. Doch es sollte mal wieder anders kommen, als viele dachten.
Systemumstellung brachte Erfolg
Wie schon zuvor im Pokal verzichtete Hertha-Trainer Dardai dabei auf das 3-5-2-System, das zu Beginn des Jahres noch zum Einsatz gekommen war. Erneut ließ der Ungar seine Formation im 4-2-3-1 auflaufen, nahm dabei aber für seine Verhältnisse auch viele personelle Wechsel vor. Auf Valentino Lazaro musste er dabei wegen dessen Gelbsperre verzichten, anstelle des Österreichers kam Lukas Klünter zu seinem Startelfdebüt im Dress von Hertha BSC. Aber auch auf der anderen Abwehrseite tauschte Dardai: der gegen Wolfsburg und die Bayern nur wenig überzeugende Marvin Plattenhardt musste auf die Reservebank. Dafür rückte Jordan Torunarigha ins Team, der seine Stärken zwar mehr im Abwehrzentrum hat, aber auch auf der linken Seite spielen kann. Routinier Per Skjelbred, der drei Tage zuvor auf der „6" über 100 Minuten gegen die Bayern im Pokaleinsatz gewesen war, gönnte der Hertha-Coach in Gladbach ebenfalls eine Pause. Auf der Position vor der Abwehr fehlte Dardai dazu erneut Arne Maier (muskuläre Probleme an der Hüfte), sodass er sich für das Duo Marko Grujic/Fabian Lustenberger entschied – obwohl die beiden dort noch nie zusammen gespielt hatten. Als einzige Spitze wiederum wurde diesmal Davie Selke ins Rennen geschickt – der etatmäßige Kapitän Vedad Ibisevic setzte dafür aus und gab die Binde an Salomon Kalou ab, der so 2019 erstmals von Beginn an in der Liga auf dem Platz stand.
In der Anfangsphase des Spiels benötigten die Berliner dabei ein wenig Glück, denn nach fünf Minuten hatten sich die Hausherren bereits zweimal dem Gehäuse von Rune Jarstein gefährlich angenähert. Eine Viertelstunde später überstanden der norwegische Schlussmann und seine Vorderleute dann eine weitere, brenzlige Situation – worauf der große Auftritt des Salomon Kalou folgte. Bei einem schnellen Gegenzug von Grujic in Szene gesetzt, spielte der Ivorer seine ganze Erfahrung aus. Gleich drei Gegenspieler narrte der 33-Jährige an der Strafraumgrenze und schloss trocken zur Hertha-Führung ins lange Eck ab. In dieser Spielzeit hatte Kalou bislang nur in Dortmund getroffen (zwei Tore beim 2:2). Ein Wirkungstreffer für die Gladbacher, die bis zur Halbzeit im Angriff nicht mehr viel zustande brachten. Allerdings wussten beide Seiten, dass die Borussia zwei Drittel ihrer Heimspiele in dieser Saison erst nach dem Wechsel zu ihren Gunsten entschieden hatte. Herthas Konzept, kompakt zu stehen und schnell umzuschalten, passte an diesem Nachmittag allerdings wie maßgeschneidert. Nach zehn Minuten im zweiten Durchgang setzte sich Davie Selke in einem langen Laufduell mit Mathias Ginter durch und hatte dann noch das Auge für den mitgelaufenen Ondrej Duda, der in der Mitte nur noch den Fuß hinhalten musste. Mit der Zwei-Tore-Führung im Rücken war die faustdicke Überraschung nun möglich – und die Berliner traten mit immer breiterer Brust auf. Gladbach brachte hingegen nicht mehr genügend Ordnung für eine Aufholjagd mit und war mit nur einem weiteren Gegentor beinahe noch gut bedient. Eine Viertelstunde vor Schluss bedankte sich Duda quasi bei Selke für dessen Vorarbeit, als er dem Stürmer einen Freistoß servierte, den dieser wuchtig zum 0:3-Endstand einköpfte. Es war das Sahnehäubchen auf diesem Berliner Fußballnachmittag. Denn Selke hatte seit dem elften Spieltag in der Liga nicht mehr getroffen, im selben Zeitraum aber zu sieben Toren die Vorlage gegeben.
Trainer Pal Dardai warnt vor Euphorie
Es war auch das Ende einer Negativserie der Hertha am Niederrhein – der letzte Sieg dort gelang im September 2008. Sieben Spiele war man in Mönchengladbach danach ohne Sieg geblieben und hatte dabei nur einen Punkt erzielen können. Und wo man gerade beim Aufbessern von Statistiken ist, könnte den Hauptstädtern der nächste Gegner gerade recht kommen. Im Zusammenhang mit dem SV Werder Bremen, der am Samstag (18.30 Uhr) im Olympiastadion gastiert, hat Hertha BSC schließlich ebenfalls eine „schwarze Serie" aufzuweisen. Von den letzten zehn Begegnungen mit den Hanseaten konnten die Berliner keine für sich entscheiden. Was auch bedeutet, dass Pal Dardai – seit nunmehr vier Jahren im Amt – als Trainer noch nie gegen Werder gewinnen konnte. Beim 3:2-Erfolg im Dezember 2013 saß noch Jos Luhukay auf der Berliner Bank, auch die Torschützen – Ramos mit einem Doppelpack und Ronny erzielte den Siegtreffer – verdeutlichen, wie lange das letzte Erfolgserlebnis her ist. Seit letztem Wochenende aber weiß das Team spätestens, wie man Negativserien bricht – und auch, wann sich der Trainer eines Sieges sicher ist. „Ich kenne meine Mannschaft, wir haben viele junge Spieler", antwortete Pal Dardai auf diese Frage nach dem Spiel im Borussia-Park: „Das ist nicht böse gemeint – nach dem 3:0."