Seit Dezember vorigen Jahres geben Negin Rahbari Nejad und Jonas Rolshoven im „Nauwies" im Nauwieser Viertel in Saarbrücken den Ton an. Beide fühlen sich der Historie des Hauses verpflichtet, setzen aber auch ganz bewusst eigene Akzente.
Es war einer der ersten Läden, die im Nauwieser Viertel in Saarbrücken eröffneten, als es sein Gesicht veränderte. Das Viertel war bis zu dieser Zeit, so um 1980, geprägt von Prostitution und Drogen. Mehr und mehr eroberten allerdings Studenten und Alternative das Viertel, auch viele Künstler siedelten sich an. Otto Lackenmacher etwa. Michael Schorlepp betrieb ein Ton-Studio. Hier machten viele saarländische Bands ihre ersten Aufnahmen. Und all diese Menschen lebten nicht nur hier, sondern setzten in diesem Viertel auch Akzente. Sie alle saßen damals im „Bingert" am Stammtisch.
Seit 1983 ist auch das „Nauwies" Treffpunkt vieler Menschen. Im Sommer ist die Terrasse fast immer voll – die Lage an der Ecke Nauwieserstraße/Försterstraße ist einer der zentralen Punkte im Viertel. Viele Menschen kommen täglich vorbei, und viele machen dann hier einen „Boxenstopp".
Heute heißt das Lokal noch immer „Nauwies", ist ein Bistro-Café und geöffnet von morgens um 9 bis nachts um 1 Uhr. Viele Menschen kommen jeden Morgen hierher – um zu frühstücken, zu „klönen" oder ganz einfach Zeitung lesend in den Tag zu starten. Die Auswahl am Morgen ist vielfältig. Das große gemischte Frühstück besteht aus Baguette, Butter, Marmelade, Nussnougatcreme sowie Honig, Käse, Schinken und Salami. Dazu gibt es ein gekochtes Ei und einen kleinen O-Saft. Doch auch ein italienisches, ein Käse- oder ein englisches Frühstück stehen auf der Karte. Wer auf Pfannkuchen steht, wird ebenfalls fündig.
Das Bistro-Café selbst hat wie gesagt eine große Tradition, neu hingegen sind die Betreiber: Negin Rahbari Nejad und Jonas Rolshoven. Beide arbeiteten bereits sieben Jahre hier, und im September vergangenen Jahres bot ihnen der bisherige Besitzer an, ihnen das Lokal zu überlassen. „Wir überlegten kurz und waren uns schnell einig. Am 1. Dezember haben wir übernommen", erzählt Rolshoven.
Beide seit sieben Jahren im Haus
Die Rollenverteilung ist klar: Negin leitet den Service, Jonas steht in der Küche. Rolshovens Kochstationen können sich sehen lassen. Gelernt hat er im „Roma", dann ging er in den „Gemmel" und arbeitete bis zur Übernahme hier in der „Brasserie Schlachthof". Er will die Karte bewusst nicht auf den Kopf stellen, doch einige Akzente setzt er schon. Er erzählt: „Wir haben jetzt durchgehend warme Küche am Wochenende. Das lässt sich auch noch ausbauen, wenn es angenommen wird. Dann machen wir das vielleicht von Donnerstag bis Sonntag. Wir wollen eine einfache, aber auch günstige Küche anbieten. Natürlich alles frisch gekocht. Chemie kommt mir nicht in die Küche!"
Alles werde frisch eingekauft und natürlich in bester Qualität. „Unsere Eier beziehen wir etwa vom Geflügelhof Lorson in Differten. Auch bei Gemüse und Fleisch schauen wir genau hin, von wo wir es beziehen. Ich habe gute Lieferanten. Beim Frühstück etwa gibt es einen ordentlichen deutschen Schinken und nicht etwa eine Kopie aus Parma."
Das Konzept kommt an. Die Gäste, vor allem junge Menschen, wissen Qualität zu schätzen. Und sind entsprechend bereit, einen fairen Preis dafür zu bezahlen. Die Karte des „Nauwies" besteht aus zwei Teilen: der gedruckten Karte mit den Klassikern und einem Tableau, auf dem die Wochenangebote stehen.
Bei meinem Besuch waren das Lachsravioli, Paprika-Rahmschnitzel mit Pommes und Salat, Chicken Tandoori mit Basmatireis, Rindfleischsalat mit Bratkartoffeln und gefüllte Zucchini mit Reis, Bulgur und Tomatensauce. Chicken Tandoori ist eine indische Zubereitung des Huhns mit tollen Gewürzen in Joghurt.
Die Weinkarte ist klein, aber fein
Auf der klassischen Karte finden sich sieben unterschiedliche Salate – von Salat mit Bratkartoffeln und Spiegelei bis zu Ziegenkäsesalat. Pasta, genauer Tortiglioni, gibt es in vier Varianten. Dazu Pizza und Flames – vom Elsässer Flammkuchen bis zum Flammkuchen Rucola. Für den kleinen Hunger gibt es einige Kleinigkeiten wie etwa Oliven mit Baguette, Nachos mit Salsa oder eine Vesperplatte. Pfannkuchen gibt es in fünf Varianten – von Käse und Schinken bis mediterranes Gemüse. Auch Freunde eines zünftigen Schnitzels oder eines guten Steaks werden fündig. Und natürlich darf auch der saarländische Einschlag nicht fehlen. Die „Nauwieser Pfanne" besteht aus Lyoner, Speck, Bratkartoffeln, Zwiebeln, Champignons und Spiegelei. Lecker! Zum klassischen Nachmittagskaffee gibt es ein Stück Käse- oder Schokoladenkuchen.
Auch eine Weinkarte gibt es. Eine klassische kleine Bistro-Weinkarte – aber keineswegs langweilig, sondern mit Bedacht zusammengestellt. Aus der Pfalz etwa findet man einen Riesling von Nauerth-Gnägy, ebenso einen von der Saar, den Scivaro von Dr. Siemens. Grauburgunder liefert Uli Metzger aus der Pfalz, Rosé stammt aus Frankreich, vom Cap des Esperelles. Vom weltberühmten Haus Guigal an der Rhône gibt es einen Côtes du Rhône. Aus Italien steht auf der Karte ein Primitivo Negro Amaro. Und ein Spanier komplettiert die Liste: Garnacha von Legado Munoz. Klein, aber fein. Dazu gibt es Bier von Karlsberg und einige Longdrinks.
Als wir gerade unser Essen beendet haben, betritt ein Pionier des Nauwieser Viertels das Lokal: Andreas Wagner. Er war einer der ersten, der damals die neue Zeit im Viertel mit einläutete. Neben der „Nauwies" betrieb er seinerzeit – schräg gegenüber – das „Café Max". Heute ist er der Vermieter und schaut auch gern immer wieder mal vorbei. Er erinnert sich: „Am 15. März 1983 eröffneten wir hier, also vor 36 Jahren. Eigentlich wollten wir das Lokal ,Café Central‘ taufen. Doch die Brauerei hatte einen Professor beauftragt, um einen Namen zu finden. Dieser analysierte damals das Viertel und wollte einen Namen aus der Vergangenheit, etwa ,Seeman‘ oder ,Kurzes Eck‘ etwas Modernes entgegensetzen. Er bestand auf „Uff de Nauwies". Das klappt jetzt schon so lange."
Früher Betreiber, heute Vermieter
Damals wurde die Kneipe vor allem von Jugendlichen aus den nahen Schulen bevölkert. Das hat sich Schritt für Schritt gewandelt. Doch bis heute ist das Nauwieser Viertel bei vielen jungen Menschen Kult. Im Sommer wird es auch wieder ein großes Fest geben – mit neuem Konzept und der Einbeziehung vieler Künstler und Menschen, die hier wohnen. Ich bin echt gespannt darauf und werde an diesem Tag wahrscheinlich im „Nauwies" meinen Rundgang starten.