Tiefenentspannt in der Prignitz: Die brandenburgische Landesgartenschau lädt nach Wittstock an der Dosse. Eng an die historische Stadtmauer geschmiegt locken blaue Prärielilien, Hängematten, Spielplätze – und die Glinze mit ihren Forellen.
Pünktlich rollt die Bahn in Wittstock ein und hält am frisch renovierten Bahnhof, der Vorplatz wurde kürzlich neu gepflastert und geteert, alles ist schick. Ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt liegt schon der Westeingang der Landesgartenschau (Laga) – einfacher könnte es nicht sein. Wittstock, die Stadt am Flüsschen Dosse in Brandenburg, präsentiert sich ihren Besuchern von ihrer besten Seite. Was sich innerhalb der fast 800 Jahre alten und 2,5 Kilometer langen, intakten Stadtmauer verbirgt, vermutet man gar nicht. Eine Perle in Brandenburg, die bestimmt dem ein oder anderen nicht so geläufig ist. Fein hat sie sich gemacht – herausgeputzt für alle, die sich auf den Weg zur Landesgartenschau machen. Heute früh um 9 Uhr ist die Welt noch ganz friedlich. Langsam und entspannt tröpfeln die ersten Besucher durch die Tore ein. Anders sieht es bei den Vögeln aus – ihr Frühlingskonzert ist in vollem Gang, eine Nachtigall schlägt selbst jetzt noch, und irgendwo auf dem Gelände ist sogar ein Kuckuck zu hören. Angenommen wird die Schau von den Wittstockern und Gästen aus der Region gleichermaßen gut, höre ich einige Laga-Mitarbeiter sagen. Mehrere Tausend Besucher bestaunen täglich die Sehenswürdigkeiten auf dem Gelände.
Wir starten vom Westeingang zum historischen Güterboden, denn heute früh ist es noch etwas frisch. Die Blumenhalle wartet auf mit einer duftenden Wechselausstellung im Zeichen der Reiselust und zeigt exotische Prachtstücke: Bunt leuchten uns wunderschöne Orchideen entgegen. Auch Proteen und Paradiesvogelblumen (Strelitzie) aus Südafrika, Kastanien aus Australien und viele Pflanzen aus fernen Ländern entdecken wir.
Vom Bahnhof Wittstock zur Gartenschau sind es nur wenige Schritte
Beim Gang durch den Friedrich-Ebert-Park mit seinem alten Baumbestand genießen wir Entspannung für Auge und Ohr: riesige Wiesenflächen, in die sich farbenprächtige Blumenbeete schmiegen. Überall laden Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein und bieten Erholung für gestresste Bildschirmaugen. Wer es gemütlicher mag, legt sich in eine der Hängematten zwischen den alten Bäumen und lässt sich zum Vogelgezwitscher sanft vom Wind hin- und herwiegen – immer weiter weg scheint der Großstadtstress. Wem das immer noch nicht entspannt genug ist, der kann eines der Yoga-Angebote in der Anlage wahrnehmen. „Hier ist’s gut sein", wusste auch schon Fontane, dem zu Ehren es im Fontane-Jahr zwei Schaugärten auf der Landesgartenschau gibt.
In der Nähe des Westeingangs schlängelt sich der Bachlauf der Glinze durch den Park. Ihr folgen wir ein Stück und landen alsbald am „wachsenden Garten". Anders als bei anderen Gartenschauen haben sich die Veranstalter in Wittstock ein neues Konzept überlegt: Statt alles fertig zu präsentieren, zeigen sie Beete, die sich erst im Laufe der Zeit mithilfe von Fachleuten und der Beteiligung der Besucher entwickeln. So entstand bereits ein Steingarten, es folgen noch Hochbeete, Rasenflächen, Terrassen und Bewässerungssysteme.
Vorbei geht es an kniehohen blauen Blumen, die offenbar beim Publikum dieses Jahr der Renner sind. Das weiß Gästebetreuer Hartmut Buske genau, denn die Frage nach der blauen Prärielilie aus Mexiko beantwortet er am häufigsten. Auch am Garten-Infotreff daneben lohnt ein Stopp: Hier hören Besucher in verschiedensten Vorträgen alles Wissenswerte über heimische Kräuter oder weitgereiste Pflanzen wie den Affenbrotbaum. Zum Ruf des Kuckucks gesellt sich das Quaken von Fröschen, Forellen stehen in der Strömung der Glinze. Unser Rundgang führt durch eine der naturbelassenen Feuchtwiesen, für die das Umland von Wittstock bekannt ist.
Zeit zum Verschnaufen. Wir machen es uns auf Schaukelstühlen am Ufer gemütlich und schauen den Enten zu, wie sie sich durch die Wasserlinsen futtern. Von menschlicher Hand angelegte Blütenpracht wechselt sich ab mit jener, die uns die Natur ganz großzügig schenkt – das gehört zum Laga-Konzept und ist wunderbar umgesetzt. Auch etwas später entlang der Dosse entdecken wir naturbelassene Ecken. Dazu trägt vor allem das Projekt „Renaturierung der Dosse" bei. Großzügig angelegt empfängt der Amtshof seine Gäste zu zahlreichen Konzerten: Hier spielen zum Beispiel Culcha Candela (22. Juni) und Truck Stop (6. Juli). Wem die Veranstaltungen nicht so wichtig sind, der kann sich dort auf alle Fälle stärken. Über den Amtshof gelangt man zu den Kreismuseen in der Alten Bischofsburg – unter anderem zu Deutschlands einzigem Museum zum Dreißigjährigen Krieg.
Das Publikum darf mitgestalten
Im Park am Bleichwall flanieren wir ein Stück entlang der Dosse, machen einen Abstecher in schön angelegte Kleingärten, genehmigen uns ein Eis, lassen den Blick über vielseitig angelegte Blumenbeete entlang der roten alten Stadtmauer gleiten oder bleiben kurz an einem der großzügig gestalteten Spielplätze stehen, auf denen die kleineren Besucher offenbar mit Hingabe herumtollen. Uns fällt auf, dass sich das Gartenschaugelände schön an und um die alte Stadtmauer schmiegt und gut in das Stadtkonzept passt. Auch nach dem Ende der Gartenschau werden die Wittstocker und ihre Gäste weiter von der neuen Parkanlage profitieren – sie hat das Stadtbild jetzt schon deutlich aufgewertet.
Langsam steuern wir auf den Ostausgang zu. Hier entscheiden wir uns dazu, etwas zu essen und weiter auf dem Gelände zu bleiben. Vielleicht kommt nächstes Mal die Alternative dran: Eigentlich lockt ja auch die Wittstocker Altstadt, die für ihre Rosenpracht bekannt ist, und vom Turm der Marienkirche aus wollten wir eigentlich noch einen Blick von oben auf die historische Stadt und das Umland werfen.
Wie gesagt: Das nächste Mal – das kommt für uns bestimmt bald: Selbst bekennende Gartenmuffel können auf dem gut erreichbaren Gelände in Altstadtnähe einen vergnüglichen Tag verbringen – ein Besuch auf der Landesgartenschau in der Prignitz lohnt in jedem Fall.