Große Stars wie Prince, Madonna, Lady Gaga, Vernon Reid von der Band Living Color, Gitarrist Phil Lesh von den legendären Grateful Dead oder Jazz- und Fusiongitarrist George Benson spielen handgefertigte Instrumente des Pfälzers Jens Ritter.
Jens Ritter ist nicht nur Gitarrenbauer, sondern auch Designer und Künstler. Bässe und Gitarren baut der Pfälzer ganz nach Kundenwünschen mit einem kleinen Team von fünf Mitarbeitern in seiner Werkstatt in einem ehemaligen Weingut. Die in aller Regel außergewöhnlichen Entwürfe und Konstruktionen entstammen seiner wie es scheint schier unerschöpflichen Kreativität. Sechs Gitarren bauen er und seine Mitarbeiter jeden Monat, sein Auftragsvolumen ist auf einige Jahre gesichert.
Der kunstsinnige Gitarrenkonstrukteur leistet sich außerdem von Zeit zu Zeit Ausflüge in die Kunst und baut Instrumente, Bässe und Gitarren, die es bis in die großen Museen dieser Welt geschafft haben. Das Smithonian-Museum in Washington zum Beispiel besitzt zwei E-Bass-Modelle, einen Fender Precision Bass von der Legende Leo Fender und ein sechsseitiges Instrument „Eye of Horus Bass". Auch das Metropolitan Museum Of Art in New York beherbergt eine eigene Sammlung elektrischer Bässe. Des Museums Ersterwerb war, man glaube es kaum, ein Instrument Made in Palatinat von Jens Ritter Instruments aus Deidesheim. Seit nun mehr als 20 Jahren baut der Instrumentendesigner Bässe und Gitarren. Danach gefragt, wie alles angefangen hat, antwortet er: „Ich weiß nicht, wie oft ich diese Geschichte schon erzählt habe. Als Junge durfte ich immer schon in der Holzwerkstatt meines Großvaters, er war Tischler, mit Holz arbeiten, was mir sehr gefiel. In Ludwigshafen hatte ich eine Ausbildung zum Maschinenbautechniker gemacht, hatte handwerkliches Geschick", erzählt der 46-Jährige. „Als junger Mensch spielte ich in einer Punk-Rock-Band, konnte mir aber keine vernünftige Gitarre leisten. Also nahm ich Teile von einer ausrangierten Gitarre aus einem Trödelladen, ersetzte die Pickups (Tonabnehmer, Anm. d. Red.), die besten die ich bekommen konnte, und baute mir mein Instrument selbst. Das sprach sich rum, und schon hatte ich eine Menge Reparaturaufträge."
Seine erste Gitarre baute er sich selbst
Eine Geschichte, die nur das Leben schreiben kann. Irgendwann spielte Ritter den ersten Bass in diversen Bands, in einer Zeit, in der Bassisten als „cool" galten. „Ich war nie zufrieden mit den Sounds", erzählt Ritter die Geschichte weiter. „Ich stellte mir die Frage, kann ich einen Bass von der Grundform bis zum ersten Ton bauen? Sodass dieser klingt, wie ich es haben will? Irgendwoher bekam ich ein Stück Vogelaugenahorn, welches für den Korpus ausreichte. Ab 1994 baute ich dann zwei Jahre an einem HiFi-Bass mit klarem Sound, vom Holz bis zu den Tonabnehmern. Mein erster Prototyp." Ein paar Versuche brauchte Ritter schon, bis die ersten Bässe gefertigt waren. Für ihn eine Zeit der Doppelbelastung, da er in einer global agierenden Firma als Maschinenbau-Techniker angestellt war. Nach drei Jahren kündigte er seinen gutdotierten Job, durch den er finanzielle Rücklagen bilden konnte, und widmete sich ausschließlich seiner Leidenschaft, dem Bassbau. „Da ich für eine gewisse Zeit keinen wirtschaftlichen Zwängen unterlag, baute ich Bass-Gitarren, die mir persönlich am besten gefielen."
Über Umwege kam der Bassbauer an die Telefonnummer von Dirk Groll, Bass-Redakteur und Bass-Tester des Musikfachmagazins „Gitarre&Bass". „Ich rief ihn an. Er zeigte Interesse an der Arbeit eines Neulings, der das Rad neu erfinden musste. Da ich ja nie eine Ausbildung zum Instrumentenbauer gemacht hatte, rechnete ich mit einem Verriss. Doch ich fuhr hin und präsentierte ihm die beiden Bässe. Und Groll glaubte mir einfach nicht, dass dies meine ersten Instrumente seien, die ich gebaut hatte." „Gitarre&Bass" testete die Instrumente und veröffentlichte die Testergebnisse. Ein Freund Ritters kam eines Tages völlig aufgeregt zu ihm und zeigte ihm die Veröffentlichung von Dirk Groll. Die Folge war eine Reihe von Bestellungen. Da Ritter nur das Optimum an technischer und klanglicher Qualität akzeptierte, war ein bestimmtes Preisniveau vorprogrammiert.
Ein Sammler wollte einen Bass für 120.000 Euro
Heute wie damals verwendet er nur die besten Tonabnehmer, die beste Hardware und das beste und teuerste Holz in den unterschiedlichsten Ausführungen. Ritters Gitarren, außergewöhnlich in Form und Klang, sind Unikate, keine industriell hergestellte Massenware. Auch E-Gitarren und Bassbauer entwickeln sich weiter. Hatte Ritter in den Anfangsjahren noch qualitativ hochwertige Elektronik von der Stange zur Montage genutzt, fertigt er heutzutage alle Komponenten selbst oder lässt diese bei versierten Produzenten in Deutschland herstellen. Bassproduzenten gibt es viele gute in Deutschland, jedoch geht keiner einen so konsequenten Weg wie Jens Ritter. Fragt ein Musiker nach einem Jazz-Bass, wird er meist an das Beste verwiesen, was der Markt zu bieten hat – den Fender Jazz Bass. Der Kunde, der etwas auf sich hält, lässt sich allerdings gern auf die künstlerischen und konzeptionellen Vorschläge von Jens Ritter ein. Bei ihm gibt es keine Kopien, nur das Allerbeste, was zudem auch noch ein Kunstobjekt von beachtlichem Wert sein oder werden kann. Ritter erzählt: „2012 durfte ich den wahrscheinlich teuersten Bass der Welt ausliefern. Einem Sammler war meine ‚Ritter Royal Flora Aurum‘ 120.000 Euro wert. Handgeformter Korpus aus gestepptem Ahorn, Griffbretteinlage mit Blumenmuster aus massiven 24 Karat Gold, Stimmknöpfe und Regelknöpfe aus handgegossenem massivem Gold mit eingelegten Diamanten, sowie einigem erlesenen Zubehör. Zuletzt wurde das Instrument, sorry, das Kunstwerk, bei Wynn & Co. Jewelry in Las Vegas für 250.000 US-Dollar zum Verkauf gemeldet."
Das ist dann schon eher die Ausnahme. Üblicherweise teilt ein Kunde seine Wünsche bezüglich Klang und Aussehen mit und bekommt dann für einen gemäßigten fünfstelligen Betrag das gewünscht Objekt. Nach oben gibt es keine Grenzen. Im Dezember 2018 lieferte Jens Ritter eine Gitarre aus der limitierten Serie von acht Exemplaren an Lady Gaga. Sie war von dem Musikproduzenten Nile Rodgers auf die „Sandokan" von Jens Ritter aufmerksam gemacht worden. Die Sängerin wollte unbedingt eine solche Gitarre haben. Eineinhalb Jahre brauchte Ritter-Instruments für diesen Traum in Gold – einen in Korpus mit 11.000 Swarovski-Steinen besetzt und 24 Bünden in 24-karätigem Gold. Lady Gaga besitzt nun die Nummer zwei der „Sandokan"-Serie. Preis: 48.000 Euro. Nummer drei ging kürzlich an einen nicht genannten Kunden.
„Arbeit kann ich meine Tätigkeit nicht nennen"
Die Arbeitsweise der Instrumentenbauer verschlingt viel Zeit. Zwischen den einzelnen Arbeitschritten bleiben einzelne Teile oftmals wochenlang liegen, um sich zu entspannen. Der gesamte Herstellungsprozess eines Instrumentes unterliegt größter Sorgfalt. Nicht nur bei der Auswahl der besonderen Hölzer, für die Ritter, der auch Greenpeace-Mitglied ist, nach USA, Südamerika und Asien reist, legt der Künstler Wert auf Nachhaltigkeit. Nur streng zertifiziertes Holz wird für den Bau der Instrumente verwendet. Ritter besucht Messen, und bei Holzhändlern sucht er sich die Filetstücke aus. Er lässt seine Hölzer vakuumtrocknen, eine zeitraubende Angelegenheit. Der Wassergehalt in den Stücken wird dabei gleichmäßig aus den Zellen gezogen, was zur größtmöglichen Spannungsharmonie führt. Aber auch die Oberflächenveredlung, die Farbgebung, spielten eine wichtige Rolle – es ist nicht immer nur die klassische Lackierung.
Ritter, der Ideenreiche, baute 2016 einen Bass, „The Roya Mars", nach Daten, die ihm die Nasa zur Verfügung gestellt hat. Die Oberfläche wurde mit einem 3D-Drucker ausgedruckt und mit einer speziellen Klebetechnik auf den Instrumentenkorpus und den Hals angebracht. Die dreidimensionale Oberfläche zeigt die Landschaften unseres roten Nachbarplaneten Mars, die Täler der kalten Wüste. Ein Instrument, das sich hervorragend spielen lässt, aber wahrscheinlich einmal eine Sammlung zieren wird, denn dieses zwölfsaitige Instrument wird wohl ein Einzelstück bleiben.
Zuletzt betont Ritter: „Bis heute widme ich mich meinem Hobby, denn Arbeit kann ich meine Tätigkeit als Bassbauer nicht nennen. Wichtig ist, dass ich kompromisslos gestalten kann, künstlerisch wirken und keine Instrumente bauen muss, um Geld zu verdienen." Er kann auch wirklich stolz auf seinen weltweiten Erfolg sein, denn eines seiner Instrumente steht im Metropolitan Museum neben Geigen von Antonio Stradivari (†1737) und Girolamo Amati (†1740). Deren Erbauer sind seit 250 Jahren tot, doch ihre Instrumente befinden sich in bestem Zustand. Jens Ritter würde es gern sehen, wenn ebenfalls einmal Menschen an einen Gitarrenbauer aus der Pfalz denken.