Lange hat der klassische Damenmantel keinen solch starken Konkurrenten mehr gehabt wie in diesem Herbst. Denn diesmal bieten sich diverse Umhang-Varianten als echte Outdoor-Alternativen an.
Als das Pariser Traditionshaus Chloé in der Wintersaison 2009/2010 ein karamellbraunes Cape lancierte, war diese Mantel-Alternative innerhalb kürzester Zeit zu einem absoluten Must-have der Fashion-Community aufgestiegen. Von einem echten Trend konnte damals dennoch noch nicht gesprochen werden. Die Damen mussten noch einige Saisons warten, bevor das Cape im Winter 2013/2014 erstmals wieder ziemlich repräsentativ in den Kollektionen renommierter Labels von Hermès über Oscar de la Renta bis hin zu Emilio Pucci vertreten war. Doch so richtig schien die Damenwelt dem Braten noch nicht zu trauen. Denn zunächst legten sich nur recht wagemutige Frauen ein neues Cape zu, dem eine jahrhundertealte Militärtradition innewohnt. Oder sie trieben es gar auf die Spitze, indem sie in einen Poncho hineinschlüpften, dessen Vorläufer schon Prä-Inka-Völker in Südamerika getragen hatten. Bald gesellten sich noch die Blankets hinzu, Kreationen, die Kuscheldecken ähneln.
Den endgültigen modischen Durchbruch verdankten die diversen Umhänge schließlich einer überaus cleveren Marketingidee des britischen Premium-Labels Burberry im Jahr 2014. Denn nachdem Christopher Bailey alle seine Models zum Finale der Herbst-Winter-Kollektion 2014/2015 in mit den Initialen der jeweiligen Dame signierten Capes und Blankets über den Laufsteg geschickt hatte, ließ er diese Unikate zielgenau den aus seiner Sicht wichtigsten Influencerinnen zukommen.
Logisch, dass Promi-Ladys von Alexa Chung über Sarah Jessica Parker bis hin zu Olivia Palermo in den folgenden Monaten nur noch in diesen Teilen zu sehen waren. Schließlich hatten die Burberry-Luxus-Pieces nur noch entfernte Ähnlichkeit mit den schlabbrigen Umhängen, wie sie in den 70er-Jahren nach der Hippiezeit zum kurzzeitigen Kultobjekt erhoben worden waren. Seit nunmehr knapp fünf Jahren ist in jeder neuen Wintersaison eine weitere Zunahme des Kundeninteresses an Umhängen registrierbar. Ganz klar ist dabei aber nicht, ob Capes, Blankets oder lang geschnittene Umhänge als wärmende Mantel-Alternative oder eher als knallige Farbtupfer setzendes Fashion-Accessoire genutzt werden.
Auch als Farbtupfer oder Accessoire
Die Übergänge zwischen den verschiedenen Umhang-Varianten sind fließend geworden. Und es gibt auch ein neues Kunstwort aus dem Englischen, das die Runde macht: Blankape. Darunter ist eine modische Kreuzung zwischen Cape und Kuscheldecke zu verstehen. Allen Umhängen ist jedenfalls gemein, dass sie ihrer Trägerin eine gehörige Portion Eleganz verleihen.
Damit können sie in den kalten Monaten das perfekte Kleidungsstück für die Outdoor-Komplettierung der wiedergeborenen, eleganten Damenmode sein. Das hätte den ungekrönten Königinnen der schlichten femininen Noblesse Grace Kelly und Doris Day sehr gefallen, die das Cape, damals unter der Bezeichnung Pelerine geläufig, in den 50er-Jahren zu ihrem persönlichen Markenzeichen gemacht hatten.
Der Einfachheit halber ist es aktuell ausreichend, zwischen Capes und Cloaks, den Umhängen, zu unterscheiden. Cloaks unterscheiden sich von Capes dadurch, dass sie deutlich länger sind. Beide haben gegenüber den klassischen Mänteln den unschlagbaren Vorteil, dass sie allein über die neuen, weit und aufbauschend aus Bergen von Stoffen gestalteten Meringue- oder Baiser-Roben übergezogen werden können.
Allerdings gibt es in den aktuellen Kollektionen bei Weitem nicht nur Umhänge im XL-Format. Ganz im Gegenteil: Bei Chanel beispielsweise war zu einem rockigen Outfit ein bodenlanger Umhang zu bewundern, der in seiner figurbetonenden Passform auch Batmans Body gut zur Geltung gebracht hätte. Klar, dass die Zeitschrift „Harper’s Bazaar", speziell mit Blick auf ein ähnliches Modell bei Lanvin, das Stichwort Superwoman ins Spiel bringen musste. Zumal es auch bei Marc Jacobs oder bei Ralph Lauren einen ähnlichen Umhang zu bestaunen gab. Aber abseits dieser Superwoman-Assoziationen haben in den meisten Kreationen eher Einflüsse der Romantik des 19. Jahrhunderts ihren Niederschlag gefunden.
Bei Prada gibt es in dunklen Cloaks aus brauner oder schwarzer Spitze sogar einen neogotischen Horror-Touch. Bei Miu Miu hat es Miuccia Prada deutlich weniger düster gehalten: Die Cloaks wurden deutlich voluminöser verarbeitet; mitsamt Knöpfen in Schwarz, Navy-Blau oder mit einem Camouflage-Muster überzogen. Bei Dolce und Gabbana wurden Seiden-Capes über mit Knöpfen zusammengehaltenen Hahnentritt-Capes getragen. Christian Dior zeigte Capes mit großflächigem Karo und Fransen entlang des Saums. Bei Chanel gab es eine Umsetzung im Hausklassiker Tweed. Marc Jacobs präsentierte mit einem Cloak in Leo-Print fraglos einen der Eyecatcher der Wintersaison. Eher schlicht, dafür aber äußerst raffiniert geschneidert, präsentieren sich die geknöpften beziehungsweise mit Schnallenverschluss versehenen Capes von Chloé und Céline. Deutliche Ähnlichkeit mit einer Sofadecke weisen die Interpretationen von Pringle of Scotland, Roksana oder Alexa Chung auf.
Wer darunter noch immer nicht seinen persönlichen Favoriten für Herbst und Winter entdecken konnte, sollte sich einfach zusätzlich noch durch die Kollektionen von Valentino, Giorgio Armani, Etro, Oscar de la Renta, Burberry, J. W. Anderson, Missoni, Gucci oder Salvatore Ferragamo klicken.