Eine der 52 besten Wirtschaftsprüfungskanzleien in Deutschland ist im Saarland ansässig: Wicora aus Saarlouis hat es in einer Erhebung des „Manager Magazins" geschafft. Wie das geklappt hat und was ihre Arbeit ausmacht, erklären die Geschäftsführer, Hilmar Benne, Daniel Bura und Dr. Dietmar Benne.
Herr Benne, Herr Bura, Herr Benne, Ihre Kanzlei gehört zu den besten in Deutschland. Wie lief denn der Auswahlprozess ab?
Dietmar Benne: Wir arbeiten hauptsächlich für den Mittelstand. Dafür gibt es in Deutschland über 10.000 Kanzleien. Das „Manager Magazin" hat über 1.000 Führungskräfte in ganz Deutschland interviewt, um eine Vorauswahl zu treffen. Diesen ersten Auswahlprozess haben wir erfolgreich überstanden und wurden eingeladen, an der weitergehenden Evaluation teilzunehmen. Es gab zunächst eine interne Kennzahlenanalyse, anschließend bekamen wir einen Fragebogen, den unsere Mandanten anonym ausfüllten und online an die Redaktion des „Manager Magazin" schickten. Welcher Mandant mitgemacht hat, wissen wir nicht und auch deren Antworten sind uns nicht bekannt.
Was macht denn aus Ihrer Sicht Ihre Kanzlei aus? Lebt die Arbeit allein von den drei Geschäftsführern?
Daniel Bura: Nein. Bei unserer Arbeit sind ja noch mehr im Bunde. Es wäre natürlich alles nicht möglich ohne die Kollegen, Partner und Mitarbeiter. Wir drei sitzen heute hier stellvertretend für alle. Wir kümmern uns ebenso um unsere drei Geschäftsbereiche Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung wie die anderen Teammitglieder auch. Insgesamt sind wir acht Berufsträger. In unserem Büro arbeiten 22 Menschen.
Ein Team also?
Hilmar Benne: Als das sehen wir uns und das ist keine Floskel, sondern absolut notwendig, wegen der komplexen Sachverhalte und Projekte, die wir beackern. Ein Unternehmen führt man nicht allein. Bei einer Steuererklärung geht das schon, aber wenn es in die gestaltende Beratung geht, kann man das nicht mehr allein machen. Es geht um den kreativen Weg, den man beschreiten muss. Man benötigt interne Austauschwerte. Im Arbeitsprozess ruft man sich dann zwei, drei Wörter zu, nicht jeder muss tief in die jeweilige Materie eintauchen, aber der erste Punkt ist immer, dass man Dinge mit mehreren bespricht.
Wie sieht der kreative Aspekt bei der Arbeit in einer Kanzlei wie Ihrer aus? Das müssen Sie genauer erklären.
Daniel Bura: Steuerrecht und Gesellschaftsrecht ist ja wie ein Strauß Blumen, mit dem man arbeiten kann.
Ein ungewöhnlicher Vergleich.
Daniel Bura: Nur auf den ersten Blick: Sie haben ganz viele Instrumente. Es gibt beispielsweise ganz viele Rechtsformen: die GmbH, die Aktiengesellschaft, OHGs, die GmbH und Co. KG. Dann gibt es noch ein paar Exoten, die KGaA, Stiftungen, und alle möglichen Kombinationen daraus. Wenn man sich das dann anschaut, sieht man, dass es eine Menge unterschiedlicher Auswahlmöglichkeiten gibt, die man einem Unternehmer raten kann.
Hilmar Benne: Wenn jetzt ein Unternehmer kommt und zu uns sagt: „Ich würde gern das und das machen, welche Rechtsform ist für mich die beste? Brauche ich eine Personengesellschaft? Fange ich mit der UG an, die man für relativ wenig Geld gründen kann?" Dann haben wir schon eine Reihe von Fragen, die wir mit ihm erörtern können. Dann ist die Frage, ob er das allein macht, oder ob Partner dazu sollen. Wir stellen also viele Fragen, um gemeinsam herauszufinden, was das Beste für den Mandanten ist und erarbeiten uns so einen gemeinsamen Fahrplan.
Sie gehen also ähnlich wie ich, fast schon journalistisch, an die Sache?
Daniel Bura: Zumindest müssen wir von und mit dem Mandanten herausfinden, was er wirtschaftlich überhaupt erreichen will, denn häufig kommt er mit juristisch falschen Vorstellungen zu uns. Er sagt, er hätte gern eine GmbH und am Schluss kommt man zu der Auffassung, dass eine Personengesellschaft viel sinnvoller ist. Die Juristerei ist da gut vergleichbar mit Ihrer Tätigkeit: Das Leben gibt verschiedene Aufgabenstellungen vor, man muss die richtigen Fragen stellen, um eine gute Lösung zu finden.
Welche können das sein?
Dietmar Benne: Man könnte zum Beispiel einen Partner haben, der nicht so sehr in Erscheinung treten will. Dann raten wir dazu, dass er Kommanditist wird. Es könnte aber auch sein, dass ein Partner kein Geld zum Investieren hat, man ihn aber trotzdem beteiligen will. Und dann wären da noch Nachfolgethemen, die sehr spannend sind. Man stelle sich vor, ein Unternehmer hat ein Patenkind, das nicht mit ihm verwandt ist, er will ihm aber Anteile vermachen. Oder er will keinem seiner Kinder die alleinige Leitung übertragen, dann kämen vielleicht stille Beteiligungen infrage oder eine Stiftung. Die Anforderungen sind vielfältig. Wir stehen stets an der Seite des Mandanten und schauen nach den richtigen Lösungen.
Einen Laien mag diese Vielzahl an Themenbereichen beinahe erschlagen. Welches ist Ihr Schwerpunkt?
Daniel Bura: Unser Schwerpunkt ist das Steuer- und Gesellschaftsrecht. Erbrecht ist auch noch sehr häufig mit dabei. Unsere Mandanten sind ja wie gesagt Mittelständler. Das bringt mit sich, dass das Unternehmen und die handelnden Personen recht eng verbunden sind. Es gibt aber auch immer private Fragen und das sind sehr häufig Nachfolgethemen. Das ist ein Prozess, der mal mehr, mal weniger intensiv ist.
Wirtschaftsprüfungen sind aber im Mittelstand eher selten.
Hilmar Benne: In der Abschlussprüfung sind wir bei großen Mittelständlern tätig. Es sind ja nur bestimmte, größere Gesellschaften prüfungspflichtig. Die reine Prüfungstätigkeit ist in unserer Kanzlei eher von untergeordneter Bedeutung. Allerdings haben wir auch eine ganz normale Steuerberaterpraxis. Und die rechtlichen Fragestellungen nehmen immer mehr zu.
Als Unternehmen in der Grenzregion sind Sie auch im internationalen Bereich tätig. Wie kann man sich das vorstellen?
Hilmar Benne: Wir arbeiten nicht nur mit Unternehmen in Frankreich und Luxemburg zusammen, sondern generell international. Da ist es egal, ob man an der Grenze wohnt, aber natürlich ist es schon häufiger der Fall, dass es nach Frankreich oder Luxemburg geht.
Stichpunkt international: Ist die Steuergesetzgebung dank der EU über die Jahre einfacher geworden?
Dietmar Benne: Die Steuergesetzgebung in der EU ist über die Jahre einheitlicher geworden. Das Umsatzsteuergesetz ist innerhalb Europas zu 95 Prozent vereinheitlicht. Bei den anderen Steuern versucht man, dass sie sich zumindest einander annähern. Beim Umwandlungsrecht merkt man zum Beispiel auch Vorteile. Natürlich funktioniert auch da nicht alles problemlos, aber die Vereinheitlichung des Umwandlungsrechts hat einiges einfacher gemacht. Allerdings sind die internationalen Sitzverlegungen noch nicht so sauber durchführbar, wenn man das Unternehmen innerhalb Europas umzieht.
Worin äußert sich das?
Daniel Bura: Ich habe einen Fall mit einer polnischen GmbH, die eine deutsche werden will. Da fehlen einfach noch ein paar Regeln. Die deutschen Gerichte fragen dann bei uns an, ob wir beim polnischen Gericht nicht mal anfragen würden, um Unterlagen anzufordern. Die Denke ist da: Du hast bei uns einen Antrag gestellt, kümmere dich drum. Da wird man schon manchmal aufgerieben. Die nationalstaatliche Idee ist immer noch verwurzelt. Man braucht einen Korrespondenzsteuerberater in einem anderen Land. Anders funktioniert es nicht. Man kann das fremde Recht nicht von hier aus beurteilen.
Glauben Sie, dass der Brexit Ihnen Probleme bereiten wird?
Dietmar Benne: Der Brexit wird steuerlich für erhebliche Probleme sorgen. Allein schon umsatzsteuerlich. Denn wenn ein Land aus der EU ausscheidet, gelten die einheitlichen Umsatzsteuerregelungen nicht mehr. Für die Briten und für uns dürfte es gleichermaßen schwierig werden. Ein Mandant von uns hat mal versucht, ein Geschäft in der Schweiz zu eröffnen, testweise, um zu sehen, ob es zu Lieferverzögerungen durch Zölle kommt und wie man im Fall des Brexits darauf reagieren kann. Das zeigt: Die Sorgen sind mittelbar. Und das Schlimmste ist: Wir wissen gar nicht, wie es ausgeht.
Kleinstaatliche Tendenzen sind derzeit ja allenthalben zu spüren. Fürchten Sie, dass da noch mehr auf uns zukommt?
Dietmar Benne: Ja, ich habe die Sorge, dass die EU größere Probleme bekommt. Meine Generation und ich, wir waren Visionäre in Sachen Einheitsstaat. Wir wollten den europäischen Bundesstaat, das war eine Idee. Davon sind wir leider weit entfernt. Zumindest können wir unseren Mandanten bei den bestehenden und kommenden Fragestellungen zur Seite stehen und gemeinsam Vorkehrungen treffen, um auf das Kommende bestmöglich vorbereitet zu sein.