Trockengelegte Moore sind inzwischen der Klimakiller Nummer eins in der Landwirtschaft. Bei einer Renaturierung hingegen könnten sie zum Klimaretter werden, weil sie die effektivsten Kohlenstoffspeicher aller Landlebensräume sind.
Obwohl Moore gerade mal drei Prozent der Erdoberfläche bedecken, können sie rund 30 Prozent des terrestrischen Kohlendioxids binden – mehr als doppelt so viel wie alle Wälder der Erde zusammen. Dieser für das Klima enorm bedeutsame Sachverhalt wurde weltweit jedoch viel zu spät erkannt. In Deutschland wurden noch bis in die 1990er-Jahre vielerorts Moore trockengelegt, um sie für die Landwirtschaft zu nutzen. Wie sich inzwischen gezeigt hat, hatte dies nicht nur gravierende Folgen bei Überschwemmungen oder Flutkatastrophen verursacht, weil natürlich feuchte Moore sehr effektive Wasserspeicher sind, auch der Klimawandel wurde weiter befördert. Bei der Entwässerung der Moore geriet der über Jahrtausende im Torf quasi luftdicht verpackte Kohlenstoff mit Sauerstoff in Berührung und wurde nach dem Oxidierungsprozess in riesigen Mengen als Kohlendioxid gemeinsam mit dem noch weitaus klimaschädlicheren Lachgas in die Atmosphäre freigesetzt.
Zwischen vier und fünf Prozent der gesamten deutschen CO2-Emissionen entstammen inzwischen trockengelegten Feuchtgebieten. Die einstmals eminent wichtigen Kohlenstoffsenken, die wie ein gigantischer Treibhausgas-Staubsauger Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufgenommen und dauerhaft im Torf abgelagert hatten, sind so zum Klimakiller Nummer eins in der hiesigen Landwirtschaft geworden. Und das noch vor oder zumindest gleichauf mit der Massentierhaltung. Damit wurden trockengelegte Moore zur größten Quelle für Treibhausgase außerhalb des Energiesektors. Bundesweit werden jährlich rund 45 Millionen Tonnen Treibhausgase, vor allem CO2, dazu noch Methan und Lachgas, aus entwässerten Moorböden freigesetzt.
Von den ursprünglich rund 1,5 Millionen Hektar Moor in Deutschland, womit einst rund 4,2 Prozent der Fläche unseres Landes bedeckt waren, was ziemlich genau der Größe des heutigen Bundeslandes Sachsen entspricht, sind 95 Prozent inzwischen trockengelegt. Nur noch fünf Prozent der Moore gelten laut Angaben des Bundesumweltministeriums als naturnah. Niedersachsen (mit mehr als 38 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (300.000 Hektar, was etwa 13 Prozent der Landesfläche entspricht) verfügen mit weitem Abstand noch über die meisten Feuchtgebiete.
Generell finden sich die meisten der in der Bundesrepublik noch existierenden rund 18.000 Quadratkilometer Moorflächen, die aber häufig als solche kaum mehr zu erkennen sind, nördlich der Linie Dresden-Leipzig-Hannover und südlich der Donau. Doch nicht nur in der Bundesrepublik ist die Zerstörung der Moore, die aus 95 Prozent Wasser bestehen, weit fortgeschritten, sondern im weltweiten Vergleich bekleidet die Europäische Union diesbezüglich eine ziemlich unrühmliche Spitzenplatzierung direkt hinter Indonesien, wo riesige Torfwälder in rasantem Tempo in Ölpalmenplantagen verwandelt werden, und noch vor Russland, das weltweit noch die ausgedehntesten Moorflächen besitzt.
Wie unsinnig das Trockenlegen der Moore zugunsten der Landwirtschaft, abgesehen von den negativen Auswirkungen für die biologische Artenvielfalt, im Nachhinein war, lässt sich schon allein daran ablesen, dass die ehemaligen Feuchtgebiete keine sonderlich ertragreichen Ackerflächen hergeben. Sie eignen sich eigentlich nur für Monokulturen wie den Maisanbau oder als Grünland für die Viehhaltung. Daraus ergibt sich das absurde Szenario, dass der Anbau von Mais als Rohmaterial für Biomasse zur alternativen Energieerzeugung zulasten eines anderen ganz zentralen Elementes des Klimaschutzes geht.
Die Renaturalisierung sollte bald passieren
Daran wird sich so schnell wohl kaum etwas ändern, weil viele ehemalige Moorflächen längst Landwirten gehören, die beispielsweise dank hoher Subventionen für den dort betriebenen Maisanbau (300 Euro pro Hektar) keinerlei Interesse an einer Wiedervernässung ihres Grund und Bodens haben, geschweige denn andere Anpflanzungen oder Nutzenumstellungen in Erwägung ziehen. Der Anbau von Schilf oder Röhrichten als Dämm- oder Baustoff beziehungsweise für Reetdächer ebenso wie andere Vorschläge der sogenannten Paludikultur (die auch als „nasse Landwirtschaft" bezeichnet wird), beispielsweise die Ansiedlung von Wasserbüffeln, bislang nicht subventioniert werden. Ohne politische Grundsatzentscheidungen und neue Weichenstellungen wird es die neue Form der landwirtschaftlichen Nutzung von nassen oder wiedervernässten Moorböden schwer haben. Immerhin haben in den letzten Jahren einige Bundesländer eigene Moorschutzprogramme aufgelegt, mit deren Hilfe vor Ort interessante Projekte finanziert werden können.
Vor allem rund um die Universität Greifswald hat sich die deutsche Moorforschung angesiedelt. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat jüngst sogar eine Professur für Moorforschung eingerichtet. Auch das Greifswald Moor Centrum hat sich als Vordenker für interessante Lösungen rund um das Thema Paludikultur einen Namen gemacht. Aus Mitteln des Bundesamtes für Naturschutz wird derzeit das Forschungsobjekt „Klimaschonende, biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung von Niedermoorböden" (KLIBB) gefördert, bei dem unter Federführung der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde auch das Greifswalder Moor Centrum und die Humboldt Universität Berlin mitarbeiten. Experten des Greifswalder Moor Centrums haben berechnet, dass zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens hierzulande jährlich rund 50.000 Hektar Moor wieder renaturalisiert werden müssten, was einer Fläche der doppelten Größe Frankfurts entspricht.
Und die Zeit drängt, weil zu berücksichtigen ist, dass, je länger die Moore trockenliegen, desto mehr Kohlendioxid dabei freigesetzt wird. Und angesichts des auch hierzulande schon ablesbaren Klimawandels mit höheren Temperaturen und zunehmender Trockenheit dürfte die Gefahr von schwer löschbaren Moorbränden, die Tausende Tonnen von Kohlendioxid freisetzen, wie im Herbst 2018 auf dem Bundeswehrgelände bei Meppen, stetig steigen.
Bleibt noch das schwierige Problem des Torfabbaus. Der Rohstoff, der aus abgestorbenen Pflanzenresten besteht, wird als nachwachsendes Produkt betitelt. Dabei handelt es sich allerdings um reine Augenwischerei, denn pro Jahr wächst gerade mal ein Milliliter nach. Die Schichten, die abgebaut werden, sind also Jahrhunderte oder gar Jahrtausende alt.
Der professionelle Gartenbau ist auf dieses wunderbare Substrat, das ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser speichert, optimal mit Nährstoffen angereichert ist und leicht mit Kalk neutralisiert werden kann, geradezu angewiesen, weil so ziemlich alle Setzlinge in Torferde herangezogen werden. Für den Hobbygärtner gibt es allerdings längst sinnvolle Alternativen wie Kompost, Holz- oder Kokosfasern. Im Sinne des Klimaschutzes sollte man daher im Garten- oder Baumarkt möglichst nur torffreie Erde kaufen. Engpässe sind ohnehin schon da, weshalb hiesige Torfproduzenten ihren Bedarf aus Ländern des Baltikums decken. Es werden nämlich hierzulande aus Natur- und Klimaschutzgründen keine neuen Abbaulizenzen mehr vergeben. Der Torfabbau, immerhin jährlich noch etwa vier Millionen Tonnen, ist nur noch auf landwirtschaftlich vorgenutzten Flächen erlaubt, also auf Böden, die vor vielen Jahren schon trockengelegt wurden.