Wer die französische Küche liebt, kommt in Saarlouis nicht um das Restaurant „Escargot chez Eric" herum. Claudia und Eric Didierjean verwöhnen ihre Gäste mit besten Produkten vom Land und aus dem Meer.
Heute geht es nach Saarlouis. Viele sagen ja, es sei die französischste aller saarländischen Städte. Dem würde ich auf keinen Fall widersprechen. Wie oft die Menschen im Saarland die Nationalität wechselten, ist vielen nicht bekannt. Von 1871 bis heute war dieses kleine Bundesland am Rande der Bundesrepublik Deutschland mal deutsch, mal französisch und sogar ein eigener Staat. Und dies nicht nur einmal, sondern zweimal. Gerade in Saarlouis wird man daran erinnert, auch durch zwei Straßennamen: Hier gibt es eine Französische Straße und eine Deutsche Straße.
Ich habe mir vorgenommen, heute in der Handwerkerstraße 5 zu essen, im „Escargot chez Eric". Das Restaurant liegt in einer kleinen Seitenstraße unweit vom Großen Markt. Als ich dies in den sozialen Netzwerken markiere, erhalte ich eine Reaktion von Rainer Knauber. Knauber arbeitete bis zum Regierungswechsel 1999 in der saarländischen Staatskanzlei, ehe es ihn nach Berlin zog. Bekannt ist er heute vielen Menschen durch seinen Blog „Knauber kocht". Hier stellt er immer wieder auf sehr kompetente und unterhaltsame Weise Kochrezepte vor. Und das mit viel Hintergrundwissen auch über französische Landschaften, deren Eigenarten und besonderen Gerichte. Er ist einer, der sich wirklich auskennt und etwas zu sagen hat.
Gemütliche Atmosphäre wie im Wohnzimmer
Kaum hatte ich geschrieben, dass ich den Abend bei Claudia und Eric Didierjean verbringen will, schrieb er: „Ein Bollwerk der Qualität! Ein Leuchtturm für Genießer! Ein Erlebnis richtig guter französischer Küche. Wann immer ich in meiner schönen Heimatstadt Saarlouis sein darf, ist es der Höhepunkt, hier einzukehren! Danke für viele großartige Stunden, Claudia und Eric!" Das steigert meine Vorfreude ungemein.
Der Gastraum des Hauses hat fast schon musealen Charakter: nur ein paar Tische, wie ein etwas größer geratenes Wohnzimmer. Eine sehr intime Atmosphäre. Die Tische haben keine Tischdecken, sondern kleine Läufer. An den Wänden hängen zahlreiche Bilder, über der Theke etwa Porträts großer Jazzmusiker, im Restaurant Werke verschiedener Maler. Alles Bilder großer Künstler, die hier schon einmal gegessen haben.
Auf einem Schiefertableau stehen die Gerichte, die der Chef zurzeit kocht. Sieben Vorspeisen, neun Hauptgänge und vier Desserts stehen zur Wahl. Da kommt Freude auf. Ich lese unter den Vorspeisen Austern, Fines de Claire, Crevettes roses, bio; Salat Mittelmeer, Paté de lapin – also Kaninchenpaté; grüner Linsensalat und Fischsuppe nach Art des Hauses.
Bei der Bestellung kommen wir ins Gespräch. Und ich merke, welch großer Wert in diesem Hause auf die Auswahl der Produkte gelegt wird. Ich bestelle Austern und Crevetten mit einer Knoblauchmayonnaise, selbst geschlagen. Großes Kino! Es hat wundervoll geschmeckt.
Als Hauptgänge hatte der Chef Eric Didierjean für diesen Tag Kabeljaurücken mit Pfifferlingen, Thunfisch gegrillt mit Aioli, also Knoblauchcreme, Jakobsmuscheln, Rochenflügel sowie Moules de Bouchot du Mont Saint Michel vorbereitet. Die Muscheln stammen aus der Gegend des Mont Saint Michel. Diese Muscheln gibt es nur von Juli bis Dezember, und Muscheln aus dieser Gegend waren die ersten, die in Frankreich eine geschützte Herkunftsbezeichnung hatten (AOC). Ich probiere sie und bin begeistert von der Qualität und vom tollen Eigengeschmack.
Produkte kommen überwiegend aus Metz
Beim Lesen der Karte fällt mir auf, dass ein Teil in Französisch und ein Teil in Deutsch gehalten ist. Das sieht man hier nicht so eng. An Fleischgerichten stehen bei meinem Besuch Entrecôte mit Aioli, Perlhuhnbrust mit Mirabellen, Rinderfilet „Mirabeau" und Schweinekotelett mit Steinpilzen zur Wahl. Ich entscheide mich aber für Fisch: Kabeljaurücken mit Pfifferlingen, auf der Haut gebraten. Der Chef lädt mich ein, mit in die Küche zu kommen. Dort darf ich mir anschauen, wie er den Fisch zubereitet. Der Meisterkoch arbeitet noch auf einem alten Gasofen, die Küche ist sehr logisch eingerichtet. Alles hat seinen Platz, alles ist schnell erreichbar.
Seine Produkte bezieht er überwiegend aus Metz. Er schwört auf die Qualität dort, wie er betont. Mehrere Male die Woche fährt er dorthin, um einzukaufen. Und wieder einmal bestätigt sich die alte Regel: Nur wer gute Produkte hat, kann auch gut kochen, denn gute Produkte sind die Wurzeln allen guten Geschmacks. Eric Didierjean erzählt mir, dass er aus den Ardennen stammt. Nach seiner Kochlehre zog es ihn nach Reims, ins „La Coupole". In der ersten Etage gab es Feinschmeckerküche, unten eine riesige Brasserie für 450 Personen. Als er seinen Militärdienst ableisten musste, wollte er auf ein großes Schiff. Stattdessen landete er in St. Wendel.
Dort lernte er seine Frau Claudia kennen. Eigentlich berufsfremd, doch Gastronomie ist ja kein Beruf, sondern Berufung. Claudia steht seit 1976 an seiner Seite, macht einen unaufgeregten, freundlich-kompetenten Service. Und hat viel Fachwissen, wie ich im Laufe des Abends immer wieder feststellen darf. Plötzlich öffnet sich die Küchentür, und ein junger Mann tritt ein. Er stellt sich vor: „Ich bin Kevin Didierjean. Bei einem Schulpraktikum habe ich gemerkt, dass ich Koch werden will. Also habe ich beschlossen, eine Ausbildung bei meinem Opa zu machen. Ich bin jetzt seit einem Jahr dabei." Toll, damit ist die Zukunft des Hauses ja auch gesichert. Nach dem herausragenden Kabeljaufilet schaue ich mir die Dessertkarte an. Käseplatte, Crème brulée lorraine, flambierte Mirabellen mit provenzalischem Eis oder Feigen im Rotweinsirup. Ich frage nach dem provenzalischen Eis. Eric Didierjean klärte mich auf: „Das ist ein Vanilleeis mit weniger Vanille, Safran, Pinienkernen und Lavendelblüten. Dazu gibt es in der Pfanne geschwenkte Mirabellen. Es ist ja schließlich Saison für Mirabellen." Gesagt, bestellt, gegessen – ein Traum!
Mirabellen mit provenzalischem Eis
Kurz noch zur Weinkarte. Hier gibt es die Tropfen, wegen derer ich Frankreich so liebe. Ein offener Côte du Rhône stammt aber von M. Chapoutier. Oder vom Konkurrenten Guigal. Beide Weinhäuser haben Weltruf. Zu den Austern gab es keinen Muscadet, sondern die südfranzösische Antwort auf diesen: Picpoul de Pinet.
Von der Gegend der Loire finde ich das Anbaugebiet Menetou-Salon. Und Rote von der Loire gibt es in diesem besonderen Haus. Und vieles mehr. Durchaus auch deutsche Weine. Der Saarriesling etwa stammt von Van Volxem.
Übrigens: Der Garten des Hauses ist ein kleines Paradies – mit Zitronen- und Orangenbäumen sowie einem Olivenbaum und einem Teich. Ich habe im „Escargot chez Eric" eine Küche erlebt, die Rainer Knauber richtig beschrieb: „ein Bollwerk der Qualität".