Die Beuth Hochschule für Technik im Berliner Stadtteil Wedding bietet das umfassendste ingenieurwissenschaftliche Studienangebot in Berlin und Brandenburg. Ihr besonderer Anspruch ist die Verbindung von theoretischem Wissen mit praktischer Anwendung.
David hat eigentlich einmal Assistent für Lebensmitteltechnik gelernt, eine Ausbildung als Kaufmann gemacht und dann das Fachabitur nachgeholt. „Dann wollte ich mich wissenschaftlich weiterbilden, was Theoretisches machen", sagt der 29-Jährige. So kam er an die Beuth Hochschule für Technik, schrieb sich für den Studiengang Medieninformatik ein, büffelte Programmiersprachen und dazu alles, was zur Informatik gehört. Das war die Grundlage für den Einstieg in multimediales Arbeiten. „Mir lag daran, die Sprache der Medien und ihre technische Umsetzung, das Know-how, kennenzulernen", beschreibt er seine Ziele. Know-how, das man von der Digitalisierung in Unternehmen über die Entwicklung von Computerspielen bis hin zum Erstellen von interaktiven 3D-Visualisierungen braucht. Apps programmieren, Youtube-Videos herstellen, Webseiten programmieren – das sind heute für ihn nur Fingerübungen. Was er an der Beuth Hochschule besonders schätzt, sind der Praxisbezug – und die Möglichkeiten, sich mit anderen zu vernetzen. An der Beuth beginnt immer ein Jahrgang zusammen das Studium, die Studierenden arbeiten in kleinen Gruppen. Man lernt sich kennen, weiß, was die anderen machen, kann sich für Projekte zusammentun.
Im Elfenbeinturm sitzt hier keiner mehr
Diese Art der Projektarbeit findet auch Nils (21) sehr sinnvoll. Er hat sich für Gartenbau eingeschrieben, genauer: für Gartenbauliche Phytotechnologie. Das ist eine Verbindung von Ingenieurwesen mit der Wissenschaft von der Pflanzenchemie. Nach dem Abitur habe er erst mal „rumgejobbt", um herauszufinden, was ihm Spaß macht. Von seinem Bruder kannte er die Beuth Hochschule ein wenig. „Wenn man an Technik und Ingenieurwesen denkt, assoziiert man damit vermutlich erst mal trockenes Büffeln. Das ist hier anders", sagt er. Rund die Hälfte seines Studiums spiele sich in Form von Übungen, Exkursionen und Versuchen ab. „Die Hochschule verfügt über eine moderne Gewächshausanlage, in der ein Großteil der Übungen quasi direkt an der Pflanze stattfindet", berichtet er. „Hier steht vor allem die eigenverantwortliche Arbeit im Fokus, wenn man beispielsweise Projekte im Gewächshaus in Gruppen entwickelt, bearbeitet und auswertet. Die Professoren berichten dabei häufig von ihren Erfahrungen in der beruflichen Praxis."
Auch das ist für die Beuth typisch: Die Professoren kommen alle aus der Praxis, haben in Unternehmen gearbeitet, geforscht, pflegen Kontakte zu Industrieunternehmen – im Elfenbeinturm sitzt hier keiner mehr. Aber was tut sich denn nun eigentlich im Gewächshaus – außer, dass dort halt die Tomaten reif werden? Ein Beispiel für die Verbindung zum Ingenieurwesen ist die Entwicklung eines cleveren Steuerungssystems für die Bewässerung großer Pflanzenbestände. Vereinfacht dargestellt fährt ein speziell ausgerüstetes Kamerasystem auf Schienen durch und über die Blätter der Pflanzen, misst gleichzeitig deren Wassergehalt, gibt die Informationen an einen Sensor weiter – und der löst bei Bedarf einen Wassersprüher aus. So wird genauso viel oder so wenig bewässert, wie gebraucht wird – ein großer Vorteil bei der Wasserknappheit in trockenen Regionen.
Der Gärtner als Ingenieur dank digitaler Technik – das eröffnet noch viel mehr Möglichkeiten: Gartenbauingenieure werden gebraucht in der chemischen Industrie, in der Entwicklungshilfe, in der Verarbeitung von Obst und Gemüse und noch vieles mehr. Das Erstaunliche an der Beuth Hochschule ist, dass hier noch ganz andere Berufe über das Ingenieurwissen quasi über sich hinauswachsen. Es gibt den Studiengang „Facility Management", was viele mit dem Beruf des Hausmeisters verbinden. An der Beuth ist das ein Ingenieurberuf, der Gebäudetechnik, Architektur, Versorgungs- und Energietechnik, Wirtschaft und Recht einschließt. Oder die Verpackungstechnik: Dabei geht es um den gesamten Warendurchlauf von der Erzeugung über die Nutzung bis zur Verwertung. Eine Menge Wissen, das bei einer solchen Ingenieursausbildung zusammenkommt, vom Umweltaspekt über DIN-Vorschriften bis hin zu den internationalen Anforderungen der Handelskonzerne. Auch mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) arbeiten die Wissenschaftler an der Beuth Hochschule zusammen. Gemeinsam haben sie für eine Nichtregierungsorganisation eine Vitalparameterbox entwickelt, die medizinische Messgeräte für ein mobiles Krankenhaus enthält. Die Geräte in dieser Box, die man auch aus dem Flugzeug abwerfen kann, sind robust und so konstruiert, dass sie leicht zu reparieren sind – ideal für den Einsatz in Krisenregionen oder schlecht erreichbaren Gegenden. Man könnte die Reihe noch fortsetzen.
Teils zehnmal so viele Bewerber wie Plätze
Übrigens hat die Hochschule ihren Namen von dem Bildungsreformer Christian Peter Wilhelm Beuth (1781–1853), der 1821 den „Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen" ins Leben rief. Unumstritten ist dieser Namenspatron nicht: Beuth fiel durch viele antisemitische Ausfälle auf. An der Hochschule ringen verschiedene Gremien um eine Umbenennung. Beuth bereitete allerdings den Boden für die Professionalisierung der handwerklich-technischen Ausbildung. Zwei berühmte Weggefährten standen ihm zur Seite, der Architekt Karl-Friedrich Schinkel (1781–1841) und der Gartenkünstler Peter Joseph Lenné (1789–1866). Von daher erklärt sich auch, dass die Studienrichtung Garten- und Landschaftsbau an der Beuth eine wichtige Rolle spielt.
Insgesamt werden 72 Studiengänge angeboten. Von denen haben nur 21 keinen Numerus clausus, bei allen anderen kommt es auf den Notenschnitt an. Das Studium ist nach dem Bachelor- und Mastersystem aufgebaut, es gilt also, pro Semester die notwendigen Credit Points zu sammeln um weiterzukommen.
„In manchen Fächern haben wir zehn Mal mehr Bewerbungen als wir Studienplätze anbieten können, zum Beispiel bei Biotechnologie oder Architektur", berichtet Beuth-Pressesprecherin Monika Jansen. „Bei Elektrotechnik könnten wir noch mehr ausbilden, der Bedarf ist riesig." Insgesamt, sagt Monika Jansen, haben ihre Absolventen gute Karten auf dem Arbeitsmarkt. Noch einmal Nils: „Ich kann mir vorstellen, dass dieses praxisnahe Ausbildungskonzept vielen Studenten das Studium dieser komplexen Wissenschaften zugänglicher und angenehmer macht, als das ausschließlich theoretische Studium des gleichen Fachgebiets. Man kann so auch schon früh die Luft des Arbeitsalltags schnuppern und Gelerntes anwenden." Dank der guten Kontakte der Lehrbeauftragten in die Industrie dürfte es auch an Weiterempfehlungen, Praktikumsstellen und Karriereschubkraft nicht fehlen.