Für einen Abgesang auf den rechten Populismus ist es deutlich zu früh
Noch vor einigen Monaten schien der Siegeszug der Populisten in westlichen Demokratien unaufhaltsam. Egal welche Kräfte sich auch gegen sie verbündeten, die Entwicklung erweckte den Eindruck, dass gegen den Aufschwung vor allem rechter Kräfte kein Kraut gewachsen sei. Stumpfe Parolen, die – in etwas verfeinerter Form – zunehmend auch von bürgerlichen Kräften aufgegriffen wurden, schienen den politischen Diskurs zu dominieren. Die Angst davor, wohin diese Welle von Rechts die Demokratie treiben würde, wurde nicht nur immer lauter. In ihr schwang eine nahezu panische Angst mit, die die politische Nervosität weiter aufschaukelte.
Seit Kurzem aber scheinen jene bestätigt zu werden, die dem neuen Populismus nur eine begrenzte Lebensdauer und den Demokratien eine stärkere Widerstandskraft zugebilligt hatten. Die FPÖ in Österreich ist nach der letzten Nationalratswahl nur eines der Opfer dieses Prozesses. Die Lega unter Matteo Salvini hat sich in Italien schwer verkalkuliert und selbst aus der Regierungsverantwortung geschossen. In Großbritannien verfügt Brexiteer Johnson weder über eine Parlamentsmehrheit noch das Vertrauen des Obersten Gerichts in die Rechtmäßigkeit seiner politischen Taktiererei.
Donald Trump sieht einem Impeachment-Verfahren entgegen und wird beinahe im Wochentakt mit neuen Enthüllungen über sein Fehlverhalten konfrontiert. Der türkische Präsident Erdogan verliert die Wahlen in Istanbul, und seine einstmals so monolithische Partei bröckelt vor seinen Augen auseinander. Auch in anderen kleineren europäischen Ländern, wie etwa in Dänemark, scheint der Höhenflug von rechts gestoppt. Ist dies nun tatsächlich die Trendwende?
Wie immer bei komplexen politischen Fragen gibt es darauf keine eindeutige Antwort. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Sicher, die Gegenbewegung gegen den rechten Populismus hat eine Weile gebraucht, bis sie an Schlagkraft gewinnen konnte, die sich nun auch an der Wahlurne niederschlägt. Die Beharrungskräfte in den verschiedenen politischen Systemen sind unterschiedlich stark. Die Klimadebatte hat in manchen Ländern die Grünen zu neuen Hoffnungsträgern der Politik und Trägern eines Gegenentwurfes gemacht. In anderen aber fehlt es entweder an einer starken, Alternativen aufzeigenden Opposition oder diese ist unter sich zerstritten und kann dem gemeinsamen Gegner nicht vereint die Stirn bieten. Immer noch locken bürgerliche Parteien die Wähler mit der Übernahme von Positionen von Rechts – wohl in der Hoffnung, diese würden dann irgendwann die Kopie und nicht mehr das Original wählen.
Der rechte Populismus ist außerdem auf der permanenten Suche nach dem nächsten großen Narrativ – dem Thema, das, wie etwa die Migration, in der Lage ist, symbolisch für ihre Standpunkte zu stehen, ohne sich der Mühe einer rationalen Betrachtungsweise zu unterziehen. In Deutschland hat sich die AfD nun darauf eingeschossen, Klimaschutz für Unsinn zu halten und dadurch jene für sich zu gewinnen, denen wissenschaftliche Erkenntnisse vielleicht etwas zu abstrakt sind. Der Ausgang dieser Taktik ist noch ungewiss, sie zeigt aber eines: Die Akteure auf rechter Seite sind weder müßig noch ruhen sie sich auf ihren Lorbeeren aus. Sie leben nicht nur von ständiger Provokation, sie bedürfen auch der permanenten Mobilisierung.
Und solange es ihnen in der politischen Kommunikation noch gelingt, Themen zu setzen und Diskussionen an sich zu reißen, ist es für einen Abgesang viel zu früh. Ganz im Gegenteil: Der Dämpfer kann auch nur eine Verschnaufpause sein. Die geschlagene FPÖ versprach, sich neu und moderner aufzustellen und ihre Lehren aus der Niederlage zu ziehen. Es ist anzuraten, diese Art von Ankündigungen sehr ernst zu nehmen.