LOOSTIK, das deutsch-französische Festival für junges Publikum, präsentiert Bühnenkunst für große und kleine Zuschauer. Die künstlerische Leiterin, Martha Kaiser, im Interview.
Frau Kaiser, noch nie gab es so viele Programmpunkte am Wochenende, die auch Familien wahrnehmen können. Bedarf erkannt oder Versuchsballon?
Eigentlich beides. Das Tolle bei einem Festival ist, dass es einem erlaubt, Neues auszuprobieren und schnell eine Rückmeldung zu bekommen, ob es funktioniert hat. 2018 hatten wir schon etwas mehr Programm am Wochenende, was sehr gut angenommen wurde, und daher kam unser Wunsch für dieses Jahr, noch mehr für die Familien anzubieten. Wir möchten das Publikum unterschiedlichster Altersstufen dazu einladen, sich vielleicht mehr als ein Stück anzuschauen, selbst bei einem Workshop mitzumachen. Man kann sich vorlesen lassen, und auch ein Kinobesuch ist möglich.
In „Konversation" begegnet uns ein kleiner Junge, Kind eines deutsch-französischen Paares. Wofür wollen die Theatermacher mit dieser Konstellation sensibilisieren?
LOOSTIK wird von zwei Institutionen aus beiden Ländern getragen und organisiert, und wir versuchen, dass die Begegnung dieser beider Kulturen auch im Zuschauerraum stattfindet. Die Geschichte, die in „Konversation" erzählt wird, trägt viele autobiografische Züge des Regisseurs Rémy Barché. Es zeigt, dass es nicht immer einfach ist, mit zwei Sprachen aufzuwachsen, da auch Emotionen eine große Rolle spielen. Aber es zeigt auch, dass es ein großes Glück ist, zwei Muttersprachen zu haben.
In „Verloren / Perdu" entfalten zwei Schauspielerinnen, Audrey und Christine, von Geschichte zu Geschichte Papiere und Objekte aller Art und nehmen uns mit auf eine weite Reise. Wohin?
Zu Erinnerungen und glücklichen Momenten. Sie erzählen mithilfe von präparierten Büchern von dem, was man verloren haben kann: Kleine Dinge, die einem wichtig sind, große Dinge, die man braucht, Wesen, die gegangen sind.
„La Reine a disparu", ein musikalisches Märchen, war in deutscher Sprache im vorigen Jahr eingeladen, nun in französischer Version. Sicher haben Sie sich etwas dabei gedacht.
Auf jeden Fall! Als wir das Stück zum ersten Mal auf Deutsch gesehen hatten, war uns klar, dass wir es auf jeden Fall zu LOOSTIK einladen möchten. Die Rückmeldungen von vorigem Jahr waren alle durchaus positiv. Inzwischen hat die Gruppe das Stück auf Französisch einstudiert. Auch diese Version hat uns total überzeugt, und wir freuen uns umso mehr, ‚La Reine a disparu‘ (Die Königin ist verschwunden) nun auch dem französischsprachigen Publikum zeigen zu können.
„Asphalte" bringt fünf Hip-Hop-Tänzer auf die Bühne. Ist das einfach toll anzuschauen, oder wird auch eine Geschichte erzählt?
Ich denke, dass jedes Stück eine Geschichte erzählt. Mal mit Worten, mal mit Gesten, beispielsweise mit dem Körper. Aber das meiste spielt sich direkt im Kopf der Zuschauer ab, jeder sieht etwas Eigenes, meist im Zusammenhang mit dem jeweiligen Background. Dies ist auch bei „Asphalte" der Fall.
„Plume" feiert in Saarbrücken Deutschlandpremiere. Es ist für Kinder ab zwei Jahren konzipiert und dauert 35 Minuten. Theater für Zweijährige, macht das Sinn?
Auf jeden Fall. „Plume" ist das beste Beispiel für ein zeitgenössisches Tanzstück, das überhaupt nichts Kindisches an sich hat. Es ist einfach toll, die Kindergesichter während der Aufführung zu beobachten, so viele Emotionen werden widergespiegelt. Und das gleiche gilt auch für die Erwachsenen.
„Le plus petit Cirk du bord du bout du monde" ist ein zeitgenössischer Zirkus für die ganze Familie. Diese Kunstform hat man in Frankreich aufs Feinste kultiviert und ist in Deutschland schon ihrer Einzigartigkeit wegen höchst beliebt. Was fasziniert Sie an „Der kleinste Zirkus am Rande des Endes der Welt"?
Der Einfallsreichtum, ein Kriterium, das für alle eingeladenen Stücke gilt. Und der Humor. Die Künstler schaffen es, aus Nichts etwas Unglaubliches zu schaffen: Hier werden auf kleinstem Raum Kieselsteine dressiert, ein Spitzentanz auf Teekannen vollführt, Objektmanipulation verpackt mit beeindruckender Jonglage.
„La Belle" ist eine Dornröschengeschichte, die Sie als „Geniestreich" bezeichnet haben. Warum?
Weil es ein unglaublich tolles Stück ist, alles stimmt. Der Tanz, die Live-Musik, das Licht, das Bühnenbild. Und die Gruppe zeigt eine entstaubte Version. Als Ausgangspunkt dient die Idee: Wovon träumt Dornröschen in den 100 Jahren, vielleicht von ihrem Prinzen? Aber was wäre, wenn statt einem Prinzen gleich zwei Prinzen auftauchen? Und was, wenn Dornröschen aber keinen der beiden mag?
Gutes Theater für Kinder ist auch immer für Erwachsene interessant. Sehen Sie das auch so?
Unbedingt, unser Wunsch ist es, Gastspiele einzuladen, in denen sich jeder wiederfinden kann. In den Themen, die je nach Altersgruppe variieren und anders gelesen werden.
Man merkt das zum Beispiel daran, dass Kinder und Erwachsene nicht unbedingt an den gleichen Stellen lachen. Und mit unserer Programmgestaltung möchten wir auch zeigen, dass sich das Kinder- und Jugendtheater auf keinen Fall zu verstecken braucht.