Musiker Thorsten Gand präsentiert mit dem Künstler Gaetano Franzese und dem Gitarristen Sven Prokaska die Gestaltungsperformance „Wings – Flügel". Der vielseitige Niedersachse initiierte nicht nur dieses Projekt.
Ungefähr 30 Prozent der Deutschen glauben an Engel. Der Begriff leitet sich aus der griechischen Übersetzung des hebräischen mal’ach ab, was ursprünglich Schattenseite Gottes bedeutete, aber später die Bedeutung Bote erhielt. Um die Mittler zwischen Himmel und Erde dreht sich die Installation „Wings – Flügel", die bereits Ende September 2018 in der Wendalinuskapelle in Völklingen-Ludweiler Premiere feierte und demnächst in Neunkirchen zu erleben sein wird.
Musik, Bild, Text – alle Sinne sollen angesprochen werden. Ein sakraler Raum besitzt per se eine Aussagekraft durch seine Bestimmung. Das Projekt „Wings – Flügel" wird bereits einen Tag vor der Veranstaltung in der Marienkirche eingerichtet. Der Künstler Gaetano Franzese platziert im Vorfeld Flügel, einesteils wird der Ort aufgenommen, andernteils überträgt sich die Atmosphäre auch auf die Konzeption des Projektes. Gaetano Franzese wird live zeichnen und malen, und das mutmaßlich auf ungewöhnliche Weise, war er doch Balletttänzer, was gleichzeitig Bewegungsbilder hervorbringen wird, die überraschen können. Bewegung als Sprache. Die Texte wiederum werden den Besuchern im Schriftbild erscheinen. Die Kurztexte, Gedichte oder -ausschnitte werden zudem gelesen. Affe? Nein: Harfe! Thorsten Gand lacht, als er davon erzählt, wie Zuhörer berichteten, dass Franzeses italienische Sprachfärbung bisweilen für Missverständnisse sorgte.
An diverse Missverständnisse bezüglich des saarländischen Dialektes erinnert sich der Niedersachse aus seiner ersten Zeit im Saarland. Geboren im Herzen der Lüneburger Heide, in der Kleinstadt Schneverdingen, studierte er an der Universität Oldenburg Geschichte, Politik und Musik mit Schwerpunkt Jazz- und Popularmusik auf Lehramt, um 1998 für das Referendariat ins Saarland zu kommen. „Ja, ja", antwortete Thorsten Gand, auch wenn er den Dialekt dann und wann nicht verstand. Er verblüffte einen Kollegen, der sich seiner Zusicherung gewiss wähnte, in seinem Auto mitgenommen zu werden, indem er alleine wegfuhr. „Mitholen", eine von vielen bemerkenswerten sprachlichen Besonderheiten des Saarlandes, die Gand mittlerweile geläufig sein dürfte.
Mehrere Jahre arbeitete Thorsten Gand an der Gemeinschaftsschule Neunkirchen und lernte dort den Lehrerkollegen Sven Prokaska kennen. Drei Jahre war er am Staatstheater als Orchestermanager beschäftigt und begegnete dort Gaetano Franzese. Das „Wings – Flügel"-Trio hatte durch Schicksalsmacht, durch der Engel Führung vielleicht, zueinandergefunden.
Musik, Bild, Text – alle Sinne werden angesprochen
Als Musiklehrer hat Thorsten Gand zahlreiche Bandprojekte, auch in seiner Zeit an der Graf-Ludwig-Gemeinschaftsschule in Völklingen-Ludweiler, geleitet. Als Didaktikleiter an der Gemeinschaftsschule Bellevue in Saarbrücken obliegt ihm heute die Entwicklung des Schulprofils mittels musisch-kultureller Arbeitsgemeinschaften und Kulturwochen. Leicht lässt sich ausmalen, dass bei Jugendlichen ein praktizierender Musikerlehrer gut ankommt und, dieser es versteht, beim Klassenmusizieren und in den Bandprojekten Freude an der Musik zu wecken. „Musik ist eine Ressource", sagt Gand mit Blick auf die Förderung und Inklusion von Schülern und seine Tätigkeit an der Schule, aber eben nicht nur darauf bezogen.
Die Musik zum Projekt „Wings – Flügel" entstand aus diversen Arrangements. Songs von Peter Gabriel, „Sweet Dreams" von Eurythmics und andere bekannte Popgrößen gaben Inspiration. „Es gibt immer einen Wiedererkennungswert", sagt Thorsten Gand. „Ich bin kein Musiker, der Jazzmusik für Jazzer macht, ich kombiniere Jazz mit Popmusik und anderen Genres, der Wiedererkennungswert ist mir wichtig. Ich mag es, wenn man einige Melodien auch wiedererkennt." Darunter auch solche von Sting, einem seiner Lieblingskomponisten.
Gelegenheit seinem Lieblingsjazzpianisten Espion Svenson zu huldigen, findet der Pianist Gand mit dem Trio Günder-Müller-Gand. Eigene Kompositionen entstehen für die Formation, im Probenprozess bringen die anderen Musiker Ideen ein. Philipp Günder, der Schlagzeuger, ist sogar ein ehemaliger Schüler von ihm. Am 8. Februar 2020 ist ein Konzert im Saarbrücker „Raum für Musik" bereits terminiert.
„The Dream of Coffee Break" heißt die EP-Einspielung des Trios Günder-Müller-Gand, die im März 2019 entstand. Der Titelsong des Minialbums „The Dream of Coffee Break", eine rhythmische Phrase mit verschobenem Takt, erinnert an den Arbeitsrhythmus in einem Betrieb, an die Hektik, an das Hamsterrad, aus dem man ausbrechen müsste – und dem Wunsch nach einer Pause.
Weil der 48-Jährige bei Seminaren in Konzert- und Musikmanagement an der Media GmbH Stuttgart anderen aufzeigt, wie man ein Festival aufbaut, lag es nahe, den Praxistest anzutreten. Nachdem er bei einem Auftritt mit einer Schülerband die Rosseltalhalle kennengelernt hatte und als perfekten Auftrittsort für Jazzkonzerte ausmachte, die Gemeinde Großrosseln für seine Idee „Jazz im Warndt" gewinnen konnte, bereichert er die Region mit dem musikalischen Angebot. Heißt es nicht: Musik beflügelt?
Zu den 30 Prozent der Deutschen, die an Engel glauben, zählt sich Thorsten Gand aber nicht. Engel haben für ihn symbolische Bedeutung als positiv besetzte Fantasiewesen, die Hoffnungen und Wünsche transportieren.