Gelungene Hommage an den Film noir: „Motherless Brooklyn" kommt am 12. Dezember in die Kinos und beschert uns Edward Norton endlich wieder in einer Hauptrolle.
Brooklyn, New York, in den 50er-Jahren: Auf den Straßen des Vororts liegt Müll, und in Wirtschaft und Politik sind schmutzige Geschäfte an der Tagesordnung. Lionel (Edward Norton) arbeitet zusammen mit drei Kollegen für den Privatdetektiv Frank Minna (Bruce Willis). Er hat das Tourette-Syndrom und die für diese Erkrankung typischen Tics. Was bedeutet, dass Lionel mitten im Gespräch unkontrolliert Worte von sich gibt. Das kann lustig klingen, aber auch wie eine Beschimpfung wirken – was ihn im Lauf des Films in mehr als eine schwierige Situation bringt. Begleitet wird diese Behinderung von einer Reihe zusätzlicher Zwangsstörungen. Lionel hat aber auch ein extrem gutes Gedächtnis, er vergisst nichts, was ihm bei seiner Arbeit sehr hilft.
Mit „Motherless Brooklyn" ist Edward Norton – der Regie geführt und die Hauptrolle gespielt hat – ein unheimlich stilvoller Film gelungen. Grundlage ist der gleichnamige im Jahr 1999 erschienene Kriminalroman von Jonathan Lethem.
Zeichnet das Bild einer zynischen, korrupten Welt
„Motherless Brooklyn" ist eine Hommage an den klassischen Film noir. Das Motiv des einsamen Privatdetektivs, der sich in einer zynischen, korrupten Welt bewegt, die Erzählerstimme aus dem Off und nicht zuletzt der Hut, den auch Humphrey Bogart hätte tragen können: Die Anspielungen an Filme wie John Hustons „Die Spur des Falken" aus dem Jahr 1941 oder Roman Polanskis „Chinatown" von 1974 sind offensichtlich. Das gilt auch für die Bildsprache des Films und die Musik, die von klassisch dramatischer Filmmusik zum Jazz wechselt. Auch die Figuren und die Handlung des Films erinnern stark an den Film noir.
Frank nimmt Lionel und seinen Kollegen Gilbert (Ethan Suplee) als Rückendeckung zu einem Termin mit. Während er sich in einem Haus mit zwielichtigen Geschäftsleuten trifft, warten die beiden auf Zuruf. Gilbert sitzt im Auto, und Lionel belauscht das Geschehen im Haus über eine Telefonverbindung von einem öffentlichen Münztelefon aus. Auf ein Stichwort ihres Chefs sollen die beiden im Haus erscheinen und ihm aus der Patsche helfen, ein anderes Auto starten, damit er flüchten kann. Doch Franks Plan geht gründlich schief. Die Leute, die er trifft, zwingen ihn, in ihr Auto zu steigen. Lionel und Gilbert schaffen es gerade so, den Wagen zu verfolgen, verlieren ihn aber zwischendurch kurz. So müssen sie hilflos mit ansehen, wie in einer schmalen Seitenstraße auf Frank geschossen wird. Zwar können sie die Gegner in die Flucht schlagen und Frank schwer verletzt ins Krankenhaus fahren, dort stirbt er aber. Mit Franks Hut, Mantel und Pistole ausgestattet, versucht Lionel herauszufinden, wer für den Mord verantwortlich ist.
Über die aus dem Roman übernommene Idee, einen Menschen mit Tourette-Syndrom zur Hauptfigur zu machen, bekommt der Film trotz der zahlreichen klassischen Motive eine ganz neue Dimension: Er zeigt die Entwicklung eines Menschen, wie er Verantwortung für sich und andere übernimmt. Mitleid wegen der Erkrankung hat dabei keinen Platz. So machen seine Tics manch eine Situation für Lionel komplizierter. Mindestens einmal muss er deshalb auch Schläge einstecken. Lionel selbst kennt den Namen seiner Krankheit nicht, auch wenn sie bereits im 19. Jahrhundert beschrieben wurde. Das ist sicherlich nicht untypisch für die Zeit und das gesellschaftliche Umfeld, in denen der Film spielt.
Eine ganz neue Dimension durch die Erkrankung
Die Handlung von „Motherless Brooklyn" ist komplex und überrascht bis zum Schluss mit einer Reihe unerwarteter Wendungen. Ein Streichholzmäppchen in Franks Tasche führt ihn zu Laura Rose (Gugu Mbatha-Raw), einer jungen Afroamerikanerin, die gegen den Abriss alter Stadtviertel kämpft. Für den Bau von neuen Schnellstraßen werden Menschen, meist Afroamerikaner, aus ihren Wohnungen vertrieben. Vom Bau der Straßen profitieren eine Reihe von Geschäftsleuten und Politikern, allen voran Moses Randolph (Alec Baldwin), der Chef der Stadtentwicklung. Doch auch eine Reihe von anderen Akteuren scheinen eigene Interessen zu verfolgen.