Finanziell steht die Mittelstadt St. Ingbert vergleichsweise gut da. Trotzdem war die Stadtpolitik von Dauerstreit im Rat und mit der Verwaltung geprägt. Mit dem neuen Oberbürgermeister sollen Ruhe einkehren und einige Dauerbaustellen abgeschlossen werden.
Einst lebte die Mittelstadt von ihren Hütten. „St. Ingbert ist durch Kohle und Stahl Stadt geworden", betont Oberbürgermeister Ulli Meyer (CDU). Allerdings zählte St. Ingbert auch zu den ersten Orten, an denen die Gruben ihre Tore für immer schließen sollten. Unterkriegen ließen die St. Ingberter sich aber nicht. „Es ist danach gelungen andere Wirtschaftszweige anzusiedeln, die den Menschen Arbeit gegeben haben." Insbesondere im Bereich der Hightech- und Dienstleistungsbranche konnten sie sich etablieren. Unternehmen wie Festo, die Voit-Gruppe, die Baugruppe Peter Gross und SAP bieten Platz für rund 5.000 Mitarbeiter. Neben der IT- wurde auch die Automobilbranche nach dem Kohle-Aus ein wichtiges Standbein. „Als jemand, der auch Verantwortung für Arbeitsplätze in St. Ingbert hat, ist es mir wichtig, dass wir bei aller Diskussion um das Automobil, nicht zu einem Kreuzzug dagegen aufrufen", so Meyer.
Der Spagat zwischen funktionsfähiger Industrie und effektivem Klimaschutz ist aktuell überall ein Problem. In St. Ingbert sei aber beides von zentraler Bedeutung. „St. Ingbert ist Teil und Motor der Biosphäre Bliesgau", so Meyer. Mehr als 50 Prozent Waldfläche komplettieren die Naturlandschaft der Kommune. „Die Biosphäre liegt mir am Herzen", betont der neugewählte Oberbürgermeister. Um diese zu schützen, habe St. Ingbert ein ständig wachsendes Maßnahmenpaket entwickelt. Ein Aspekt sei ein Biomasse-Heizwerk, welches öffentliche und private Einrichtungen mit Wärme versorge. Auch seien auf vielen kommunalen Gebäuden bereits Photovoltaik-Anlagen angebracht. Über diese Sonnenenergie wird zu Teilen auch das kommunale Hallenbad „Das Blau" geheizt.
Doch nicht nur die Natur mache St. Ingbert aus. „Die Stadt hat sich den Vereinen verpflichtet", so Ulli Meyer. Sogar eine eigene Abteilung in der Stadtverwaltung kümmert sich um die Belange der etwa 300 Vereine. Wunsch vieler Vereine ist auch die Sanierung des Ratskellers, der vielen Vereinen und Bürgern als Treffpunkt diente, nun aber seit fünf Jahren leer steht. Auch wenn St. Ingbert noch zu den finanzstärksten Kommunen des Saarlandes zählt, sei er für die Hilfe des Landes bei der Sanierung dankbar. Ebenfalls teuer Ebenfalls zu teuer sei der Abriss der Tischtennishalle. Seit 2012 ist die Halle geschlossen und mehr oder minder sich selbst überlassen. Für viele erhitzte Gemüter sorgte sie seitdem. Auch eine Alternative der Hallensanierung würde mehr als 2,5 Millionen Euro kosten. Daher gelte: „Die TT-Halle wird abgerissen."
In die Reihe der sanierungsbedürftigen Gebäude reiht sich auch die alte Baumwollspinnerei. Sechs Jahre ist der geplante Eröffnungstermin nun her. Ein Privatinvestor hatte ein Drittel des Gebäudekomplexes erworben. Geplant war ein Kulturzentrum in Öffentlich-Privater-Partnerschaft. Nun zu handeln sei wichtig – das sieht auch Oberbürgermeister Meyer. Dafür müsse die Entscheidungshoheit aber erst einmal in einer Hand gebündelt werden.
Eine weitere Baustelle ist auch der Bevölkerungsrückgang. Seit einigen Jahren verliert St. Ingbert Einwohner. Unter anderem ist dies dem demografischen Wandel geschuldet, der deutschlandweit Sorgen bereitet. Entgegenwirken lässt sich diesem Trend nur durch neuen Zuzug von außerhalb. Fragt man die Stadt, so spricht auch vieles dafür, seinen Wohnsitz in die Mittelstadt zu verlegen –
besonders für junge Familien. „Kindergärten, Schulen, weiterführende Schulen bis hin zur mustergültigen Erwachsenenbildung in der Biosphären-VHS – hier ist alles vorhanden. Bis zur Uni sind es ein paar Minuten, ein Stadtbus fährt regelmäßig auf den Campus", wirbt Ulli Meyer. Allerdings gäbe es einen Bedarf im Bereich der Krippenplätze. „Die Planungsverfahren dauern viel zu lange – bis zu fünf Jahren. Dort werden Kinder hingehen, die jetzt noch nicht einmal geboren sind", so Meyer. Mehrere Bauprojekte seien aber in Planung.
Doch auch für ältere Menschen sei St. Ingbert eine angenehme Heimat. Neben der gut erreichbaren Innenstadt biete die Kommune auch ein breites medizinisches Versorgungsangebot – begonnen mit dem Kreiskrankenhaus, bis zu einer großen Auswahl an haus- und fachärztlicher Versorgung. Warum gerade St. Ingbert in Zeiten des Ärztemangels so gut dasteht, ist für Ulli Meyer eindeutig: „Auch – und vielleicht ganz besonders – Ärzte schätzen Lebensqualität. Und St. Ingbert ist eine gute Adresse für Mediziner fast aller Fakultäten."