Warum ein generelles Tempolimit wenig sinnvoll ist
Die Zeit rast, wir kennen das. Alles wird schneller, die digitale Welt und die Hetze des Alltags machen uns zu schaffen. In solchen Zeiten scheint die Forderung von Freunden der Gemächlichkeit gut zu passen, zumindest auf unseren Autobahnen einen Gang herunterzuschalten.
An diesem Freitag will der Bundesrat über eine „Empfehlung" seines Umweltausschusses abstimmen, die Geschwindigkeit auf den Schnellstraßen zu drosseln und künftig nur noch Tempo 130 zu erlauben. Diese verkehrspolitische Kamelle ist nicht neu, im Gegenteil, sie ist abgelutscht. Trotzdem sind die Befürworter des Tempolimits in einer besseren Position denn je: Der grüne Zeitgeist, der es früher nie besonders eilig hatte, kann seit dem Niedergang der großen Volksparteien Vollgas geben.
Nun sind die Argumente von Grünen, SPD und Linken, die für ein Tempolimit plädieren, ja durchaus stichhaltig und nachvollziehbar: Die Umwelt wird entlastet, der Sicherheitspegel steigt, der Stress hinterm Steuer sinkt. Allerdings: Auch die Gründe gegen einen Schleichzwang sind nicht von schlechten Eltern. Die Freie-Fahrt-für-freie-Bürger-Fraktion weist zu Recht darauf hin, dass die Einsparungen beim CO² minimal sind und perspektivisch (E-Mobilität, Wasserstoff-Technologie) kaum noch eine Rolle spielen.
Auch beim Thema Sicherheit wird ein Teil der Wahrheit gern verschwiegen: Deutschlands Autobahnen gehören, trotz freier Fahrt und dichtem Verkehr, zu den sichersten Straßen der Welt. In nahezu allen Kategorien schneidet Deutschland im internationalen Vergleich besser ab als Länder mit Tempolimit. Gefährlich ist es vor allem auf der Landstraße – und dort gibt es bereits Beschränkungen.
Es ist unbestritten, dass es ein natürlicher Wunsch des modernen Menschen ist, möglichst rasch von A nach B zu kommen. Deshalb kommt auch niemand auf die Idee, aus Umweltschutzgründen die Flugzeuge langsamer fliegen zu lassen oder das Zugtempo zu drosseln. Beim Auto soll das aber anders sein. Umfragen zeigen, dass es tatsächlich eine Mehrheit in der Bevölkerung für ein Tempolimit gibt. Aber eben auch eine starke Minderheit, die strikt gegen die Tempobremse ist. Wer es ernst meint mit dem Minderheitenschutz, müsste auch die Interessen jener Bürger berücksichtigen, denen der Schleichzwang ein Graus ist.
Ich persönlich plädiere für eine Vorfahrt der Vernunft. Diese Erkenntnis ist bei meinen vielen Fahrten durch Frankreich gereift, wo ein Tempolimit gilt – und lange Fahrten oft zur Qual werden. Wer stundenlang hinter oder neben einem weißen Transporter her zuckeln muss, der eben auch so schnell wie möglich ans Ziel kommen will, weiß, wovon ich rede. Zudem mindert eintöniges Fahren die Aufmerksamkeit, das kann man bei unseren französischen Freunden, aber auch bei sich selbst gut beobachten. Nicht zuletzt sprechen die Unfallzahlen in Frankreich und anderen Ländern mit Tempobremse eine klare Sprache: Sie sind schlechter als die deutschen, obwohl nirgendwo in Europa mehr Autos fahren als zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen.
Wer also alle Argumente berücksichtigt und die Ideologie in der Garage lässt, müsste eigentlich zu dem logischen Schluss kommen, dass das Beste aus zwei Welten die Lösung des Problems sein kann: der klassische Kompromiss. Es muss in der Tat nicht sein, dass Sportwagen mit 250 Sachen über die linke Spur brettern und Kleinwagen mit der Lichthupe erschrecken. Wenn man diese Rowdys runterbremst auf deutlich unter 180 km/h, wäre schon einiges gewonnen.
Also: Rasen nein – aber Schneckentempo auch nein! Ohne festes Tempolimit würden wir unser deutsches Alleinstellungsmerkmal, das beim Kohle- und Atomausstieg niemanden stört, und auch den Freiheitsgeist behalten. Es wäre schade, wenn auch Deutschland, das die besten und sichersten Autos der Welt baut und mit seiner flexiblen Temporegelung bislang gut gefahren ist, auf ein nervtötendes Einheitstempo zusteuern würde.