Im Play-off-Viertelfinale treffen die Eisbären Berlin auf die Düsseldorfer EG, die aufgrund der Defensivstärke ein sehr unangenehmer Gegner ist. Wichtig sind nun auch die jungen Talente im Kader.
Es ist also die Düsseldorfer EG. Die Freude über den Play-off-Gegner im am 17. März startenden Viertelfinale um die deutsche Eishockey-Meisterschaft hielt sich bei den Eisbären Berlin in Grenzen. Kein Wunder: Mit nur 116 Gegentoren in 52 Spielen ist die DEG die mit Abstand defensivstärkste Mannschaft der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Es deutet alles auf ein zähes Ringen als auf ein offensives Torspektakel hin. „Es wird ein Geduldsspiel", sagte Kapitän André Rankel mit einem wissenden Lächeln, als er sich in die kurze Spielpause verabschiedete.
Der Blick auf die Statistik liefert Skeptikern und Optimisten gleichermaßen Futter: In der laufenden Saison konnten die Eisbären nur eines von vier Hauptrundenspielen gegen Düsseldorf gewinnen. Auf der anderen Seite ist Berlin in den bisherigen fünf Play-off-Duellen gegen die DEG immer als Sieger vom Eis gegangen. So oder so: Trainer Serge Aubin erwartet eine hart umkämpfte Serie gegen den Hauptrunden-Fünften: „Sie haben die beste Defensive der Liga und einen großartigen Torwart mit Mathias Niederberger. Es wird eine große Herausforderung." Apropos Niederberger: Der Nationaltorhüter soll zur kommenden Saison nach Berlin wechseln, manche Medien vermeldeten den Deal bereits als perfekt. Für ihn ist das Viertelfinale daher etwas ganz Besonderes, doch auch die Berliner freuen sich, dass das lange Vorgeplänkel endlich beendet ist und die heiße Play-off-Phase beginnt.
„Jetzt ist es an der Zeit, dieses Kapitel zu schließen und ein neues aufzuschlagen", sagte Trainer Aubin. Dass sein Team das letzte Vorrundenspiel gegen Bremerhaven mit 4:3 gewinnen konnte, sei „für den Kopf ganz gut" gewesen, meinte der Kanadier: „Wir haben 94 Punkte geholt, das ist ein sehr guter Wert, das gibt uns Selbstvertrauen." Spielerisch ließ die Partie aber erneut einige Wünsche offen, wie zuvor schon bei der 3:5-Niederlage bei den Kölner Haien. „Wir können besser spielen", gab Aubin zu. Kapitän Rankel fügte entschuldigend an, dass die Eisbären den vierten Hauptrundenplatz schon vorher sicher gehabt hatten: „Klar ist das im Hinterkopf, dass der Druck weg ist."
„Sie haben einen großartigen Torwart"
Vor allem in Köln standen die Eisbären oft viel zu weit weg von den Gegnern und zeigten sich in den Zweikämpfen nicht bissig genug. „Wir haben uns nicht unterstützt", kritisierte Rankel.
Wie man auch ohne Druck erfolgreich spielen kann, machten die Kölner vor: Sie hatten nach einer Rekord-Niederlagenserie die Teilnahme an den Pre-Play-offs schon verpasst, wollten sich bei ihren Fans aber trotzdem mit einem Sieg von der enttäuschenden Saison verabschieden. Und sie wollten die Erfolgsserie ihres neuen Trainers Uwe Krupp ausbauen, was ihnen mit dem vierten Sieg im vierten Spiel unter der Leitung des früheren Eisbären-Coaches auch gelang. „Berlin ist nicht irgendwer, das ist ein sehr starker Gegner", sagte Krupp. Von seinem früheren Team erwartet der einstige Bundestrainer in den Play-offs eine Menge: „Berlin hat gute Führungsspieler und viel Erfahrung in der Mannschaft. Sie können etwas erreichen." Auch, weil das Management seit seinem Abschied gute Arbeit geleistet habe, lobte Krupp. „Es gab gute Spieler-Verstärkungen in den letzten zwei Jahren, seitdem ich weg bin", sagte der frühere NHL-Star und nannte Stürmer Landon Ferraro und Torhüter Justin Pogge als Beispiele.
Doch auch die zweite Reihe konnte zuletzt auf sich aufmerksam machen. Weil Trainer Aubin gegen Köln einige Leistungsträger geschont hatte, durfte Verteidiger Eric Mik erstmals in dieser Saison in einem Pflichtspiel auflaufen. Auch Stürmer Thomas Reichel erhielt mehr Eiszeit, und Sebastian Streu trumpfte mit einem Doppelpack groß auf. Der 20-Jährige, der vor seiner Vertragsunterschrift in Berlin in der kanadischen Juniorenliga WHL mit 22 Scorerpunkten in 36 Spielen auf sich aufmerksam gemacht hatte, ist ein Jung-Nationalspieler mit „einer sehr guten Perspektive", wie Sportdirektor Stéphane Richer sagt. Bei den Eisbären überzeugt Streu in der vierten Sturmreihe mit Rankel und Mark Olver, die den Top-Trios nicht nur die notwendigen Pausen verschaffen sollen. Auch von ihnen wird Torgefahr und Angriffsfreude verlangt. Streu gelang das zuletzt immer besser, zudem setzte er seine Schnelligkeit auch in der Defensive geschickt ein. Der Youngster hat sich im Team festgespielt und dürfte auch in der heißen Play-off-Zeit seine Chancen erhalten.
Das große Talent ist natürlich auch Bundestrainer Toni Söderholm nicht verborgen geblieben, schließlich ließ Streu in der Vergangenheit schon in den U-Auswahlteams aufhorchen. Im Februar feierte der Außenangreifer sein Debüt in der A-Nationalmannschaft – inklusive eines Treffers beim 2:4 gegen die Schweiz.
Streu wird von seinem Vater trainiert
In Berlin ist sein Vater Craig als Assistenztrainer von Chefcoach Aubin quasi sein Vorgesetzter, aber Stress ist deswegen nicht programmiert. „Wir kriegen das ganz gut hin", sagte Streu junior, „zu Hause blenden wir den Sport aus und lassen das, was in der Eishalle passiert, auch in der Eishalle." Eine Sonderbehandlung vom Trainerteam gibt es für Streu nicht – ganz im Gegenteil. „Mein Vater nimmt mich im Training extra hart ran, was auch gut ist", findet das Eisbären-Talent. „So kann ich mich weiter verbessern und in zwei, drei Jahren meine Topform erreichen."
Dass er dann noch mit seinem um drei Jahre jüngeren Teamkollegen Lukas Reichel zusammenspielt, ist sehr unwahrscheinlich. Der 17-jährige Jung-Nationalspieler ist bei den NHL-Clubs heiß begehrt – und hat das nun auch Schwarz auf Weiß: Beim sogenannten Midterm-Ranking wurde das Ausnahmetalent für den NHL Draft 2020 bei den internationalen Skatern auf Position 14 gesetzt. Ein Grund, es nun etwas lockerer angehen zu lassen, ist das für Reichel aber überhaupt nicht. „Es geht immer noch ein wenig besser", sagte der technisch hochveranlagte Youngster. „Ich hoffe, dass ich am Ende in der Liste sogar noch höher eingestuft werde."
Dafür sind überzeugende Auftritte in den Play-offs das beste Mittel. Junge Spieler wie Reichel und Streu halten den Druck auf die etablierten hoch, davon profitiert das ganze Team. „Viele Leute werden überrascht sein, wie gut unsere Talente sind", hatte Aubin schon im vergangenen Sommer bei der Saisoneröffnung prophezeit. Mit ihnen wolle man wieder „Berlin stolz machen". Dafür muss aber gegen die Düsseldorfer EG der Halbfinaleinzug gelingen. Dort würde im Normalfall in Red Bull München ein noch dickerer Brocken auf die Eisbären warten.