Lukas Kuciel (35) arbeitet erfolgreich als Hair- und Make-up-Artist und kreiert Looks vieler Stars, Beauty-Kampagnen, Fashion-Shows und TV-Produktionen wie „DSDS" und „Let’s dance". Im Interview spricht er unter anderem über seine Arbeit, Lieblingslooks und gibt Pflege- und Schminktipps.
Herr Kuciel, was hat sich mit der Corona-Krise in Ihrem Leben als Make-up-Artist geändert?
In meinem Berufsleben hat sich komplett alles geändert. Meine privaten Aufträge sind alle abgesagt worden. Ich darf auch meine Tätigkeit als Friseur derzeit nicht mehr ausüben. Es ist eine Wirtschaftskatastrophe für selbstständige Make-up-Artists.
Wie kann man einer Verwahrlosung im Homeoffice entgehen – was zieht man an, um motiviert arbeiten zu können? Und muss man sich zu Hause überhaupt vernünftig stylen?
In der heutigen Zeit haben wir andere Probleme. Natürlich sollen wir die Normalität bewahren, aber ich denke, dass wir vor allem Mitgefühl für andere Menschen und Länder zeigen sollen. Ansonsten würde ich den gewohnten täglichen Ablauf und Style beibehalten, um mehr Motivation zu schaffen.
Wie kann man die Ausgangssperre sinnvoll für die Gesichts- und Haarpflege nutzen?
Wir haben endlich Zeit, um an uns zu denken. Wir können zu Hause Sport machen, Wellness, unsere Hobbys ausleben und alles, wofür wir nie vorher Zeit hatten. Das ist der perfekte Moment, um etwas für Haut und Haare zu tun. Viele Fragen mich, ob es besser ist, wenn man die Haare nicht so oft waschen muss und wenn man sich eine längere Zeit nicht schminkt. Meine Antwort ist: Ja! Das tut unseren Haaren und der Haut sehr sehr gut. Unsere Haut kann endlich atmen, ohne mit Foundation zugekleistert zu werden. Besser benutzen wir tolle Hyaluron-Ampullen, Cremes und anschließend eine regenerierende Maske. Falls wir keine Produkte zu Hause haben, können wir auch selbst erfinderisch werden, und unsere Haushaltprodukte wie Honig, Joghurt, Milch, Früchte, Bier und so weiter als Haut- und Haarpflege benutzen.
Nicht alle Make-up-Artists und Hairstylisten haben eine Ausbildung absolviert. Wie war es bei Ihnen – wie haben Sie sich das Know-how angeeignet?
Es gibt sehr viele Künstler, die sich Make-up-Artist nennen, aber keine spezifische Ausbildung absolviert haben. Gerade durch die Social-Media-Kanäle heutzutage denken viele, dass ihr Wissen ausreichen würde, um in der Branche zu arbeiten. Wenn Sie mich fragen ist dies das Problem, wieso unsere Qualität in der Branche leidet. Es gibt einfach zu viele „Make-up-Artisten", die nicht das nötige Fachwissen und qualitative Erfahrungen mitbringen und somit das Preis-Leistungs-Verhältnis auf unserem Arbeitsmarkt runterziehen.
Schon als Kind liebte ich es, mit Farben zu experimentieren. Während meine Freunde mit Autos spielten, hatte ich nur Augen für Puppen – und habe diesen ein neues Styling verpasst. Für meine Familie war es allerdings oberste Priorität, dass ich eine fundierte Ausbildung habe. Aus diesem Grund bin ich mit 20 Jahren nach Deutschland ausgewandert, um mich dem Architekturstudium zu widmen. Da ich aber nach dem ersten Jahr sehr unglücklich damit war hatte ich mich für eine Ausbildung als Friseur entschieden. Schon damals gewann ich zahlreiche Wettbewerbe. Ich saugte all das Wissen auf und habe meinen Kundenstamm sehr schnell aufgebaut. Nach ungefähr zehn Jahren als Friseur merkte ich, dass ich bereit war für neue Herausforderungen: Make-up auf eine professionelle Art zu lernen, um nicht nur als Friseur, sondern auch als Make-up-Artist auf Perfektion arbeiten zu können. Somit recherchierte ich nach einer renommierten Vollzeit-Make-up-Artist-Schule und fand dann die Famous Face Academy. Dort absolvierte ich die Ausbildung (Theorie und Praxis) und hatte die Möglichkeit, an zahlreichen Produktionen mitzuwirken und Prominente zu verschönern.
Wie sind Sie zu RTL gekommen?
Bei meinem ersten großen Job auf der Berliner Fashion Week – damals noch als Schüler –, hatte ich das Vergnügen – ohne zu wissen, wer sie war – meine jetzige Chefin Susanne Hasenforther von der Firma RTL Styling zu schminken. Durch meine offene Art und meine Arbeit bin ich ihr wohl im Gedächtnis geblieben. Ein paar Monate später kam sie als Gastdozentin an unsere Academy. Während des Unterrichts hatten wir ein sehr interessantes Gespräch über den fast chancenlosen Einstieg bei RTL als Praktikant. Nun wussten wir aber nicht, dass sie auch da war, um ausgewählten Schülern die einmalige Möglichkeit zu geben, bei den Live-Shows von „Deutschland sucht den Superstar" mitzuwirken. Ich war überglücklich, dass ich einer davon war und diese Erfahrung machen durfte. Auf diesem Weg lernte ich die Chefin der Maske bei RTL, Gerda Reifferscheid, kennen und bin seitdem ein Teil des Styling-Teams und muss sagen, dass ich noch nie so einen tollen Arbeitsplatz hatte, wie ich es hier kennenlernen durfte.
Welche Stars haben Sie schon gestylt?
Zu meinen Kunden gehören heute Prominente wie Nazan Eckes, Motsi Mabuse, Katja Burkard, Luisa Hartema, Frauke Ludowig, Aleksandra Bechtel oder sämtliche DSDS-Kandidaten, die ich natürlich meistens über RTL betreue. Ich durfte schon für Hammer-Produktionen wie „Let‘s dance", Kampagnen (unter anderem Lancôme, BH Cosmetics, Hello Body, Peter Kaiser) und Fashion-Shows (zum Beispiel Irene Luft, Guido Maria Kretschmer, Michalsky, Marina Hoermanseder oder Lascana mit Alessandra Ambrosio) arbeiten. Meine Magic Moments, die ich nie vergessen werde, waren bis jetzt: die Bambi-Verleihung mit Nazan Eckes, der ich einen J.Lo-Red-Carpet-Look kreieren durfte. Dann Berlin mit Frauke Ludowig, die ich für ein Interview mit Hillary Clinton für die Gala gestylt habe und „Switzerland‘s Next Top Model" in Mailand, wo ich mit den größten Stars und meiner allerliebsten Ex-Dozentin und mittlerweile guten Freundin Julia Watkins arbeiten konnte. Außerdem meine erste DSDS-Staffel, bei der ich mitarbeiten durfte. Jedes Jahr aufs Neue gehört die Sendung zu meiner Lieblingsproduktion.
Welche Looks schminken und frisieren Sie am liebsten?
Glow, Glow, Glow. Ich liebe natürliche Looks mit sehr schöner transparenter Haut und einem dezenten Contouring. Aber auch glamouröse Looks für Shows oder den Red Carpet. Hauptsache schön, frisch, sexy und glowy.
Bei dem Hairstyle bin ich ein großer Fan von Waves und Undone-Steckfrisuren. Ich durfte vor einiger Zeit vom besten Hairstylisten Laurent Philippon lernen, der schon die größten Weltstars frisiert hat, bei Chanel-Kampagnen mitwirkte und dessen Arbeiten international auf den Covern der Vogue zu sehen sind.
Wie bereiten Sie die Haut Ihrer Kundinnen auf das Make-up vor?
Ich analysiere die Haut und den Hauttyp. Danach entscheide ich, welche Produkte für ihren Typ am besten geeignet sind.
Ich beginne meist mit einem leichten enzymatischen Peeling und einer schönen Gesichtsmaske, um die Haut zum Strahlen zu bringen. Anschließend mache ich eine Gesichtsmassage mit einer passenden Ampulle. Erst dann verwende ich Cremes und Pflege-Seren. Mein kleines Geheimnis ist eine kleine Flasche mit ätherischen Ölen, die meinen Arbeitsplatz in eine Wellness-Oase verwandelt. Hygiene und Qualität meiner Produkte stehen immer an erster Stelle. Meine Kunden bekommen immer die besten Marken, damit sie sich bei mir immer wohlfühlen und entspannen können.
Worauf sollte man nicht verzichten, selbst wenn man sich nur wenig schminkt?
Man sollte darauf achten, dass die Haut immer gut gereinigt und gepflegt ist. Ich stehe total auf Feuchtigkeits-/Hyaluronprodukte. Dadurch wirkt die Haut straffer, jünger und frischer. Man sollte immer schauen, dass man kleine Schatten und Unreinheiten mit ein wenig Concealer oder mit getönter Tagescreme abgedeckt bekommt. Für einen frischen Teint würde ich leichtes Creme-Rouge verwenden. Ich liebe natürliche, leichte Looks mit einem Eyecatcher wie zum Beispiel voluminösen Wimpern. Das sind für mich die wichtigsten Punkte bei Menschen, die sich wenig schminken oder ungeschminkt schön aussehen möchten. Schöne, frische, glänzende Haut, leicht betonte Wangen, gut gepflegte Lippen und perfekt getuschte Wimpern. Das ist mein Look von 2020.
Wie findet man die richtigen Produkte und Farben für sich?
Indem man sich von professionellen Make-up-Artists beraten lässt. Wir haben das Fachwissen, das wir gerne weitergeben. Man bekommt mittlerweile in guten Beauty-Geschäften auch eine kompetente Beratung für die individuell passenden Produkte.
Was sind die häufigsten Fehler, die beim Schminken gemacht werden?
Die Verwendung von falschen Produkten und Farben. Man sieht jeden Tag auf der Straße Menschen, die zu hell oder dunkel, zu gelb oder zu grau, zu glänzend oder zu matt geschminkt sind. Allein beim Benutzen von Foundation kann man so viele Fehler machen. Die meisten Konsumenten achten nur auf die passende Farbe, aber wenige legen Wert auf den Unterton, Konsistenz oder Abdeckung. Man muss schauen, ob der Unterton passend ist: Sehe ich unnatürlich, aufgesetzt aus? Hat mein Produkt alles abgedeckt, was ich verstecken möchte? Hat das Produkt vielleicht eine zu starke Abdeckkraft und wirkt mein Gesicht damit sehr maskenhaft? Ist es passend für meinen Hauttyp? Glänze ich zu viel oder bin ich zu matt? Aber da ist dann auch die Expertise von uns Artisten gefragt, unseren Kunden eine individuelle Beratung zu liefern.
Welche sind Ihre Wunder-Beauty-Produkte?
Bioderma – das Gesichtwasser habe ich immer dabei; Hydra Beauty Nutrition Creme von Chanel; Charlotte Tilbury Magic Cream; Becca Highlighter – den benutze ich auch sehr oft schon als Primer; Glow Up Dior Foundation – ich kann perfekt die Abdeckkraft bestimmen; La Prairie Foundation; Wimperntusche By Terry oder Lancôme Hypnose; für mehr Drama Chanel 3D; bei Lippenpflege immer Hello Body.
Ich bin größter Fan von Firmen wie Lancôme, By Terry, Charlotte Tilbury und Becca – mit diesen Firmen arbeite ich mittlerweile auch eng zusammen.
Welche Farben sind im Sommer 2020 angesagt?
Warme neutrale Töne, sehr dezente Farben, Grün-grau („gravity grey"), Puder-Pink („plastic pink"), warmes Braun („red wood"), Schwarz, Trüffel und Whisky-Braun.
Gibt es ganz neue Make-up-Trends?
Ja total. Die Make-up-Looks für 2020 und 2021 sind sehr zurückhaltend. Die Haut ist nicht mehr so glänzend, eher samtig und natürlich. Alles wirkt sehr harmonisch. Die Augen sind nur leicht betont, genauso wie die Wagen und Lippen. Im Allgemeinen neigen wir wieder zum No-Make-up-Look.
Wie kann man sich bei Problemhaut schminken, sodass Unreinheiten und Pickel nicht auffallen, man aber auch nicht zugekleistert aussieht?
Man muss die Haut richtig gut präparieren und auch mit Color Correction (Komplementärfarben) arbeiten, um vor dem Make-up auf diese Art die Unreinheiten zu neutralisieren. Danach würde ich punktuell abdecken, um einen Masken-Effekt zu vermeiden.
Immer wichtig: Viel Feuchtigkeit benutzen, um die kleinen trockenen Stellen und die Unreinheiten und Hautprobleme zu beseitigen. Dadurch erhält man eine schöne gleichmäßige und natürliche Abdeckung und somit einen schönen natürlichen Look.
Welche Trends bezüglich Frisuren, Schnitt und Haarfarben kommen in diesem Jahr noch auf uns zu?
Die Trends für 2020 sind eher Kurzhaar-Frisuren wie Bob, kinnlanger Pagenkopf (wie zum Beispiel bei Stefanie Giesinger) und der Pixi-Schnitt. Es kommen wieder alle Variationen an Ponys. Also back to the 80‘s.
Wenn es um Farben geht sieht es auf dem Kopf genauso aus wie im Make-up-Bereich. Es dominieren warme Töne wie Rot, Kupfer, Karamell-Braun, Honig-Blond, Rot-Blond, sogar Grau sollte wärmer sein als bis jetzt. Alles sollte ebenso harmonisch, natürlich und typgerecht wirken.
Welche Utensilien kommen bei Ihren Frisuren am meisten zum Einsatz?
Ich denke Glätteisen und Lockenstäbe sind die Utensilien des Jahrhunderts geworden. Ich arbeite noch sehr oft mit dem Fön, da ich mir die Haare immer richtig vorbereite und ich aus der „alten Schule" komme. Selbstverständlich benutze ich sehr oft Extensions und Haarteile, die im TV-Bereich unersetzbar sind. Meine Styling-Favoriten sind Texturizer von Davines und alle Produkte von Leonor Greyl, die für mich absolut innovativ und unersetzbar geworden sind.
Was halten Sie von Naturkosmetik und Pflanzenhaarfarben?
Überhaupt nicht meine Welt aber hey – jedem das seine.
Womit sind Sie aktuell beschäftigt und was steht an?
Ich habe im Moment zwei große Produktionen – „Let‘s dance" und „Deutschland sucht den Superstar".
Danach wollte ich international arbeiten, da ich ein sehr großer Fan des amerikanischen Make-up-Markts bin. Ich will den deutschen Make-up-Markt revolutionieren und die internationalen Looks auf unserem deutschen Red Carpet präsentieren.