Ein Tisch, ein Stuhl, ein Laptop – der Raum muss ausschließlich Arbeitszwecken dienen. So definiert das Steuergesetz einen Heimarbeitsplatz, den das Finanzamt als solchen anerkennt. Gerade deshalb birgt das kommende Jahr Steuernachteile: für all jene, die derzeit daheim vom Küchentisch aus arbeiten.
Vier von zehn Unternehmen bieten heute schon ihren Mitarbeitern aktiv das Arbeiten von zu Hause an, mehr als 60 Prozent der Deutschen sprechen sich für einen gesetzlichen Anspruch aus. Die vergangenen, pandemiegeprägten Monate haben das Thema Homeoffice wieder in alle Munde gebracht – vor allem in Betrieben, die gar keine explizite Regelung dafür besitzen. Für diejenigen, die von heute auf morgen ins Homeoffice geschickt wurden, drängen sich daher Fragen auf: Wer bezahlt eigentlich die finanziellen Mehraufwendungen? Zum Beispiel den Strom, Telefonkosten, selbst gekauftes Büromaterial?
Politisch scheiden sich die Geister der beiden Großkoalitionäre derzeit am Thema Heimarbeit. Dass das Coronavirus Bewegung in die Wirtschaft bringt, ist nach Ansicht des Mittelstandsbeauftragten Thomas Bareiß (CDU) offensichtlich. Bareiß forderte unter anderem eine Debatte über Regelungen zur Arbeitszeit: „Die Möglichkeiten der Digitalisierung gerade in Zeiten von Corona zeigen, dass wir mit der starren Regelung zu Arbeitsbedingungen oft an Grenzen stoßen." Es müsse beispielsweise möglich sein, Arbeitszeiten zu flexibilisieren, um für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr Freiheiten zu schaffen. „Man kann nicht einerseits ein Recht auf Homeoffice einfordern, aber andererseits an den starren Arbeitszeiten festhalten wollen. Das passt nicht zusammen." Die SPD will ein gesetzlich verankertes Recht auf Arbeit von zu Hause, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lehnt dies ab und bezeichnete die Forderung als „staatliche Gängelei".
Wie auch immer politisch die Regelungen zur Heimarbeit künftig lauten werden, steuerlich sind sie glasklar geregelt. Die Grundregel lautet: Das häusliche Arbeitszimmer kann man nicht absetzen. Eine Ausnahme gilt für Arbeitnehmer, denen für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz jederzeit zur Verfügung steht. Dann kann man maximal 1.250 Euro im Jahr abziehen. Glücklich also, wer einen eigenen Büroraum zu Hause zur Verfügung hat, jene Arbeitnehmer können ihren Arbeitsplatz im kommenden Jahr steuerlich geltend machen. „Die damit einhergehenden Kosten, wie Telekommunikationsaufwendungen und Büroverbrauchsartikel, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Wege des Auslagenersatzes steuerfrei erstatten", erklärt Erich Nöll, Geschäftsführer und Rechtsanwalt beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine in Berlin. Oftmals ist es aber sehr aufwendig, die tatsächlich entstandenen Kosten zu ermitteln. Ist für die Arbeit im Homeoffice ein Telefon- oder Internetanschluss erforderlich, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für diese Telekommunikationsaufwendungen entweder 20 Prozent der jeweiligen Monatsabrechnung, aber maximal 20 Euro pro Monat pauschal steuerfrei erstatten. Erstattet der Arbeitgeber die Kosten nicht, kann der Arbeitnehmer diese als Werbungskosten in seiner nächsten Einkommensteuererklärung geltend machen.
50 Euro Pauschal pro Monat absetzen
„Wenn der Arbeitgeber die Arbeit im Homeoffice anweist und die Bürogebäude des Unternehmens wegen dem Coronavirus schließt, steht dem Arbeitnehmer kein Arbeitsplatz mehr zur Verfügung und es können auch diejenigen Arbeitnehmer die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers steuerlich geltend machen, die es ansonsten unter normalen Umständen nicht können", erläutert Nöll. Voraussetzung ist jedoch zwingend, dass der Arbeitnehmer einen abgeschlossen Raum als Arbeitszimmer zu Hause zur Verfügung hat. Als Werbungskosten können dann maximal jene 1.250 Euro geltend gemacht werden. Dieser Höchstbetrag ist auch dann zuzulassen, wenn das Homeoffice nicht im ganzen Jahr über genutzt wurde. Der Raum muss allerdings zu mindestens 90 Prozent beruflich genutzt sein. Selbst ein Durchgangszimmer, in dem ein Tisch mit Rechner steht, erkennt das Finanzamt normalerweise nicht als Arbeitsraum an.
Daher ist die strukturelle Benachteiligung von vielen Homeoffice-Arbeitern im nächsten Jahr vorprogrammiert. Denn statt in einem extra dafür vorgesehenen Arbeitszimmer arbeiten viele deutsche Angestellte derzeit dort, wo es gerade passt, vom heimischen Küchen- oder Wohnzimmertisch aus, im Flur oder, im günstigsten Fall und wenn das Wetter mitspielt, auf dem Balkon. Und dies ist in der Einkommensteuererklärung im kommenden Jahr steuerlich eben nicht absetzbar.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine haben daher einen Steuerbonus für die Arbeit im Homeoffice vorgeschlagen. Der Grund: Millionen von Beschäftigten arbeiteten in diesen Wochen von zu Hause aus – die damit zwangsläufig entstehenden Belastungen könnten nach den derzeit geltenden Regeln von der überwiegenden Mehrzahl nicht steuerlich geltend gemacht werden, heißt es in einem Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Es seien zusätzliche Kosten beispielsweise für Energie oder Telekommunikation zu schultern, die Beschäftigte aber nicht ohne Weiteres ersetzt bekämen. Nur vergleichsweise wenige Beschäftigte könnten auf ein Arbeitszimmer zurückgreifen, das ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werde und daher steuerlich absetzbar sei. Konkret schlagen der DGB und der Bundesverband vor: Arbeitgeber sollten ihren Beschäftigten einen von der Einkommensteuer befreiten pauschalen Auslagenersatz für angeordnetes oder empfohlenes häusliches Arbeiten in Höhe von 50 Euro pro Monat gewähren. Die Pauschale solle rückwirkend ab März gezahlt werden.
Alternativ könnten Beschäftigte als Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung einen Freibetrag von 50 Euro pro Monat ansetzen. Der Freibetrag könne nicht zusätzlich neben den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht werden.
Bislang hat das SPD-geführte Finanzministerium noch nicht reagiert, erklärt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Bundesverbandes Lohnsteuerhilfevereine. „Viele Angestellte können die strengen steuerlichen Auflagen für die Absetzbarkeit ihrer Heimarbeitsplätze derzeit nicht erfüllen. Außerdem fallen die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz weg, die ja auch steuerlich geltend gemacht werden können – Angestellte wären also doppelt im Nachteil", ergänzt Rauhöft. Die derzeit strenge steuerliche Regelung lässt keine Abweichungen zu, so Rauhöft. Aber er verspricht: „Wir bleiben dran."