Schon lange ist die Lage der Fahrschulen angespannt. Das finanzielle Risiko der Selbstständigkeit, die hohen Fixkosten und der stetige Mangel an Nachwuchskräften gehören zum Berufsalltag. Nun wird dieser noch durch die Corona-Krise verkompliziert. Es droht eine Insolvenzwelle.
Nicht nur sehr nützlich, sondern in vielen Berufen ist er auch Voraussetzung: der Führerschein. So wichtig die Aufgabe der Fahrschulen also ist, genauso groß sind auch die Probleme, mit denen diese zu kämpfen haben – und das nicht erst seit der Corona-Pandemie. „Die wirtschaftliche Lage von Fahrschulen war auch schon vor der Krise angespannt", sagt Oliver Luksic, der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Bundestag. „Diese hatten nun knapp acht Wochen ein Berufsverbot. Ihre Kosten sind aber weitergelaufen." Denn Fixkosten wie Raummieten, Leasing-Gebühren für die Fahrzeuge, Versicherungen und Co wollten weiterhin gezahlt werden. „Gerade auch für die Betriebe, die neu angefangen und viel investiert haben, ist das eine wirklich schwere Situation", so Luksic. Dabei ist der Nachwuchs gerade im Bereich der Fahrschulen stark nachgefragt. „Auch vor der Corona-Krise war es nicht immer einfach, einen Nachfolger für eine Fahrschule zu finden", sagt der FDP-Politiker. Die aktuelle Krise könnte dieses Problem weiter verschärfen.
Nach den acht Wochen Berufsverbot, die Mitte März begonnen hatten, sei die Lage sehr angespannt. Länger hätte es nicht gehen dürfen, betont Luksic. „Viele Fahrschulen sind in den letzten Wochen an ihrem Existenzminimum angelangt", bestätigt auch Detlef Mühlast, der Vorsitzende des saarländischen Fahrlehrerverbands. „Ein Drittel der Fahrschulen wird vielleicht sogar zumachen müssen." Auch auf Bundesebene seien die Zahlen ähnlich. Im Saarland gibt es derzeit 283 Fahrschulen, davon 145 Haupt- und 138 Zweigstellen, wie das zuständige Verkehrsministerium mitteilte.
Viele Fahrschulen am Existenzminimum
„Wir haben am 4. Mai in kleinen Schritten damit angefangen, unsere Ausbildung wieder aufzunehmen", so Mühlast. So darf seitdem der Theorieunterricht wieder stattfinden – allerdings unter strengen Vorgaben: „Das war ein starker Kampf, denn das Ministerium wollte uns 20 Quadratmeter pro Person vorgeben. Da hätten wir nur ganz wenige Leute in einen Raum hineinbekommen. Das haben wir zum Glück abwenden können, unter der Vorgabe, dass wir den Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen Schüler und Schüler sowie dem Ausbilder einhalten." In Ausnahmefällen sei es im Saarland auch möglich, den Theorieunterricht auf E-Learning umzustellen. Ein System, das laut Oliver Luksic auch außerhalb der Krisenzeit durchaus salonfähig sei: „In Ländern wie Frankreich sieht man auch, dass man beim Onlinelernen teilweise bessere Ergebnisse erzielen kann. Da sollte der Verkehrsminister mal einen runden Tisch mit den Fahrschulverbänden machen und diese Instrumente noch einmal diskutieren." Zu „diesen Instrumenten" zählt der Verkehrspolitiker auch den Einsatz sogenannter Fahrsimulatoren, die einen Zusatz zur praktischen Fahrstunde bilden könnten.
Gerade dieser praktische Unterricht stellt die Fahrschulen vor neue Herausforderungen. Zwar darf er wieder stattfinden – allerdings nur in Teilen: „Zum gleichen Datum durften wir auch die Motorradausbildung wieder aufnehmen, sowie die berufsrelevanten Führerscheinklassen, also Lkw und Busse. In der Klasse B dürfen wir nur die Leute ausbilden, die ihre Theorieprüfung bereits hinter sich haben und kurz vor der praktischen Prüfung stehen", sagt Detlef Mühlast. Diese Prüfungen dürfen auch seit Ende Mai wieder vom Tüv abgenommen werden.
Aber auch bei jenen, die praktische Fahrstunden wahrnehmen dürfen, gibt es strikte Regeln: „Die Schüler müssen die normalen OP-Masken tragen. Die Fahrlehrer mussten zu Beginn die FFP2-Masken tragen. Wir haben uns darüber auch bei der Berufsgenossenschaft schlaugemacht: Diese Masken soll man eigentlich maximal 45 Minuten lang tragen, dann eine Pause von 30 Minuten machen." Unter anderem deswegen wurde diese Regel schnell gekippt: Auch das Tragen einer OP-Maske sei für den Fahrlehrer in Ordnung. In anderen Bundesländern war dies von Beginn an so geregelt. Angenehmer, aber immer noch nicht ideal in der beruflichen Praxis. Die Alternative eines Face Shields, also einem Plastikschirm, der sich vor dem gesamten Gesicht befindet, sei nicht erlaubt. „Das ist zu gefährlich, wegen der Airbags", gibt Mühlast zu bedenken.
Nach den Fahrstunden müssen die Fahrzeuge komplett desinfiziert werden, damit der nächste Fahrschüler seine Stunde antreten kann. Aber nicht nur das: „Ein großes Problem ist eben auch, dass bei praktischen Fahrstunden nur noch ein Schüler im Auto sitzen darf. Das führt viele Leerfahrten nach sich", merkt Oliver Luksic an. In der Regel wird das Abholen des nächsten Fahrschülers mit der Fahrstunde des vorangegangenen Schülers kombiniert. Das spart Zeit, Weg und Kraftstoff. „Da müsste man auch noch einmal hinterfragen, ob das noch nötig ist", so Luksic.
„Hinterfragen, ob das noch nötig ist"
„Das sind Auflagen, die müssen wir erfüllen", sagt Detlef Mühlast. „Uns wurde da auch ganz klar gesagt: Wenn ihr das nicht macht, dann kann man die Fahrschule auch sofort wieder schließen. Und das nicht nur für zwei Wochen." Der finanzielle Schaden dadurch wäre enorm, leiden die Schulen doch schon genug durch die erste Zwangsschließung. Ein extra Hilfspaket für Fahrschulen gibt es nicht. Auch seien diese bisher kein explizites Thema im Verkehrsausschuss des Bundestages gewesen. Die Hilfen für Kleinunternehmer, die Land und Bund zur Verfügung stellen, seien zwar auch von vielen Fahrschulen beantragt worden, aber vereinzelt erst spät oder noch gar nicht ausgezahlt worden. „Man muss aber mal ganz deutlich sagen, dass sich Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger sehr stark für die Fahrschulen eingesetzt hat, damit da auch dieser erste Schritt zustande kam. Das Gesundheitsministerium wollte das nicht", lobt Mühlast.
Auch die Prüfungssituationen haben sich durch die Corona-Maßnahmen verändert. Die Theorieprüfungen sollen unter ähnlichen Bedingungen stattfinden wie der Theorieunterricht. Das bedeutet aber auch: „Da nur noch etwa ein Drittel der Leute in den Prüfraum passen wird, heißt das auch, dass der Tüv die Prüfungen öfter anbieten muss", so der Fahrlehrerverbandsvorsitzende. Der Tüv hätte sich bereits zu Anfang dazu bereit erklärt.
„Bei der praktischen Prüfung muss nach jeder Prüfeinheit eine Viertelstunde Pause gemacht und alles desinfiziert werden", erklärt Mühlast weiter. Auch bei der praktischen Prüfung gilt für alle Beteiligten die Maskenpflicht. „Es gibt auch die Alternative, im Auto eine Plastikscheibe anzubringen. Da besteht aber ein Problem aufgrund der Einstellung des Sitzes. Jeder Fahrschüler ist unterschiedlich groß und muss den Sitz somit weiter vor- oder weiter zurückstellen. Bei einem Auffahrunfall könnte der Prüfer außerdem gegen die Scheibe knallen. Es wäre möglich, aber viele Prüfer wollen das nicht."
Wann der Fahrunterricht wieder normal stattfinden kann, bleibt ungewiss. „Es wird vermutlich noch sehr lange dauern, bis wir den Regelbetrieb aufnehmen können", ist Detlef Mühlast sicher. „Natürlich würden wir alle gerne wieder arbeiten. Aber das ist zu gefährlich. Wir verlassen uns darauf, dass das saarländische Wirtschaftsministerium dort die richtigen Entscheidungen trifft."
Zu den richtigen Entscheidungen gehören nicht nur die Öffnungsperspektiven, weiß Oliver Luksic: „Der Führerschein darf natürlich nicht exorbitant teurer werden. Zudem müssen wir sicherstellen, dass Fahrschüler weiter eine qualitativ gute Fahrausbildung bekommen." In der Regel hätten deutsche Fahrschulen eine gute Qualität. „Daher müssen wir auch weiter schauen, dass wir genug Leute finden, die sich in dem Bereich selbstständig machen – trotz hoher Investitionskosten und dem damit verbundenen großen Risiko. Das ist nicht erst seit Corona ein großes Problem."