Der Fotoclub Völklingen 1927 ist der älteste seiner Art im Saarland. Deren Mitglieder erzielen immer wieder herausragende Platzierungen bei nationalen und internationalen Wettbewerben – zuletzt beim German International Photocup.
Ein magischer Moment? Wenn früh morgens an der Saarschleife die Sonne aufgeht und Nebel über dem Tal liegt. Wenn die Ente am Niederwürzbacher Weiher auffliegt. Jürgen Bennoit, der Vorsitzende des Fotoclubs Völklingen 1927 e.V., kennt solche Momente. Sie auch zu erkennen, ist eine besondere Gabe, die den Mitgliedern des Vereins gegeben ist, wie die Platzierungen bei Wettbewerben belegen.
Durch das Reisen fand Bennoit zur Fotografie. In den 70er-Jahren war er mit der damals neu auf den Markt gekommenen Canon A 1 unterwegs. In Kuba interessierten ihn die Zigarren rollenden Frauen und die energiegeladenen Musiker. Er bereiste Vietnam und Litauen und übernachtete häufig in Privatquartieren. Durch das Fotografieren kommt er den Menschen auf besondere Weise nahe. Er fragt vorher: „Darf ich Sie fotografieren?" Die Rolle eines Paparazzo liegt Bennoit nicht. Wer sich mit ihm unterhält, spürt bald: Dieser Mann ist höflich und humorvoll. Er verschickt seine Fotos an die Abgelichteten, ein Auftakt für manche E-Mail-Kommunikation. Man fragt ihn: Warum haben Sie ausgerechnet unser Land bereist? Jürgen Bennoit kommt durch die Fotografie weltweit mit Menschen ins Gespräch, das ist es, was ihn an seinem Hobby begeistert. „Ich bin einer der wenigen im Verein, der Menschen fotografiert", erklärt er.
Beim German International Photocup hat er ein inszeniertes Foto eingereicht, das bei einem Vereinsworkshop in einem Studio entstand: „Es ist schon ein bisschen erotische Fotografie", meint er, so als müsse er ein wenig die Worte wägen und überlegen. Sein „bisschen" reizt mich und bringt mich zum Lachen. Das Foto heißt treffend „Schwungvoll". Bewegung fotografisch präzise zu bannen ist Kunst – und: ein magischer Moment.
Das Fotografieren bringt Menschen in den Dialog
Jürgen Bennoit, einst bei Saarstahl beschäftigt, frönt seinem Hobby mit Gleichgesinnten im Fotoclub Völklingen 1927 schon seit 22 Jahren und als dessen Vorsitzender seit 15 Jahren. Wer dem munteren Senior zuhört, dem wird nebenbei klar, dass dieses Hobby offenbar jung hält.
Der Verein bezieht sich auf seiner Website auf einen bedeutenden Fotografen der Nachkriegszeit. An der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken wurde im März 1948 eine Fotoklasse eingerichtet und der 1915 in Saarbrücken geborene Mediziner, Dr. Otto Steinert, zu deren Leiter berufen. Steinert zählt zu den Pionieren um die Anerkennung der künstlerischen Fotografie.
Zwar setzte der Hobby-Fotograf und Fotokünstler als Lehrer und Vermittler seine Karriere an der Folkwangschule in Essen fort, aber sein Wirken bleibt untrennbar mit dem Saarland, als auch dem von ihm geprägten Begriff der „subjektiven Fotografie", verknüpft.
Es verwundert daher nicht, wenn sich der Völklinger Fotoclub auf Steinert beruft und der Vorsitzende Bennoit dessen Einfluss als „sehr groß" beschreibt. Steinert galt seinen Studierenden gegenüber als streng. Die „konstruktive Bildbesprechung", das Kernstück der 14-tägigen Zusammenkünfte der Mitglieder des Fotoclubs Völklingen, darf man sich traditionsanknüpfend vielleicht nicht allzu zimperlich vorstellen. Bennoit hörte zu seiner Anfangszeit im Verein immer wieder den Satz: „Der Kirchturm hängt schief." Beinahe ein geflügeltes Wort unter den Hobby-Fotografen. In Vor-Corona-Zeit traf man sich im VHS Lernzentrum in Völklingen-Luisenthal, dort stellten die Mitglieder digitale Fotos auf einem Monitor vor. Derzeit finden die Treffen via Skype statt.
„Modernes Weltwunder bizarrer Schönheit"
Wenn es darum geht, Fotos von Mitgliedern für Wettbewerbe auszuwählen, „muss alles stimmen", erklärt Bennoit, „die Schärfe. Keine stürzenden Linien. Keine störenden Elemente im Hintergrund – es gibt mehrere Kriterien", und benennt das Grundsätzliche: „die Aufnahme und die Bearbeitung". Den derzeit 40 Mitgliedern wird nicht nur „konstruktive Bildbesprechung" angeboten, auch Exkursionen stehen auf dem Programm. Im Bliesgau lag der Fokus auf Landschaft und Schmetterlinge, an den Saarterrassen auf dem Thema Architektur. Ein eigener Arbeitskreis organisiert diese Ausflüge. Ein weiteres Team lädt zu Entwicklungsabenden ein, dort werden technische Fragen, beispielsweise das Fotografieren mit Blitz oder -anlage geklärt oder Tipps zu Photoshop gegeben. Auch die Neuheiten auf dem Markt werden begutachtet, derzeit liegen R-Kameras im Trend. Als günstiges Hobby darf man sich das Fotografieren, auch im Digitalzeitalter, nicht vorstellen, bis zu 9.000 Euro kann ein Objektiv kosten.
„Im Saarland gibt es 15 Fotoclubs. Tele Freisen ist mit 250 Mitgliedern der größte, wir sind der aktivste." erklärt Bennoit fröhlich. Die Saarländische Fotomeisterschaft musste in diesem Jahr ausfallen, in den Jahren 2013 und 2018 richtete der Fotoclub Völklingen 1927 e.V. den Wettbewerb aus. An einem Wochenende sichten und werten bei dieser Veranstaltung Juroren, die nicht aus dem Saarland sein dürfen, um die 700 Bilder. „In der Amateurfotoszene ist das Saarland ganz, ganz weit vorne", macht Bennoit deutlich. Nicht nur die zentrale „Bildbesprechung" sieht er als Grund dafür an, er beobachtet zudem auch noch: „In allen Clubs sind vor allem Frauen sehr erfolgreich, auch bei uns: Wir haben ganz tolle Fotografinnen, die mit einem anderen Blickwinkel an die Sache rangehen."
Eine von ihnen ist Doris Vogt. Sie ist beruflich in der Finanzbuchhaltung tätig und engagiert sich für den Verein als Schatzmeisterin. Mit ihrem Foto „Wüstenrose" war sie mit Platz zwölf die erfolgreichste Teilnehmerin des Vereins in der Einzelwertung beim German International Photocup. 1.342 Fotografen aus 60 Ländern hatten 14.500 Bilder eingereicht. Jeder Fotograf durfte je vier Fotos in jeder der Kategorien – Color, Monochrom, Natur und Travel (Reise) – senden. Der Fotoclub Völklingen war mit 13 Mitgliedern vertreten und errang den sechsten Platz in der Gesamtwertung.
Doris Vogt landete mit ihrem Bild „Wüstenrose" auf Platz zwölf
Das Foto von Doris Vogt zeigt das Nationalmuseum in Doha, der Hauptstadt von Katar. Nach dessen Eröffnung gingen Berichte um die Welt. Doris Vogts Interesse war geweckt. Sie beschloss, den spektakulären Bau des Architekten Jean Nouvel persönlich in Augenschein zu nehmen und schwärmt: „Gigantisch, utopisch, ein moderndes Weltwunder von bizarrer Schönheit." Diese Begeisterung haben die Juroren des German International Photocup wohl auch in ihrem Foto „Wüstenrose" erkannt, spiegelt es doch die einzigartige Schönheit des Baues wider. Für Doris Vogt ist „das Auge die Kamera", ein gutes Foto „erzählt eine Geschichte und vermittelt Emotionen und Stimmungen". Eine der Eigenschaften, die Doris Vogt als unabkömmlich für einen Fotografen beschreibt, ist Geduld. Ein Super-Foto für einen Wettbewerb von der Reise mitzubringen, war nicht der Plan, aber „den Fotoapparat habe ich immer dabei", erzählt sie. Die Beschäftigung mit dem Gebäude schon vor der Reise und vor Ort war für sie eine Grundlage, sich dieser Architektur zu nähern. Und dann: Eine Muslima läuft in das Bild, die Fotografin erkennt den „besonderen, nicht wiederkommenden Moment, der das Foto einmalig und wertvoll macht." Der Größenvergleich ergibt sich erst durch die Person im Bild. Der Mensch setzt sich in Relation zu dem von ihm geschaffenen Baukunstwerk.
Der Fotoclub Völklingen 1927 hat sich an der Süddeutschen Fotomeisterschaft beteiligt. Der Vorsitzende Jürgen Bennoit wartet mit seinen Vereinsfreunden auf die Ergebnisse, die im September bekannt gegeben werden: „mit Spannung" …