Der SFV-Verbandstag am 19. September in der Saarbrücker Saarlandhalle verspricht Spannung. Einen klaren Favoriten gibt es nicht.
Überraschungen ohne Ende und ein ungewisser Ausgang. Der Wahlkampf um die Spitze des Saarländischen Fußballverbands geht nach mehr als einem Jahr zu Ende. Sah es zu Beginn noch so aus, als könnte der ehemalige Regierungssprecher Thorsten Klein mit seinem Bündnis VereineVor das Rennen machen, galt dann der langjährige Verbandsvize Adrian Zöhler mit seiner Mannschaft2020 als Favorit. Ihm wurde attestiert, er habe den größten Sportverband des Landes souverän durch die Corona-Krise manövriert. Völlig überraschend warf der 49-Jährige am Montag der Vorwoche das Handtuch, und plötzlich war auch der bisherige Außenseiter Udo Hölzer als „Stimme der Basis" wieder im Rennen. Und dann zog das bisherige Zöhler-Team mit dem langjährigen Schiedsrichter-Obmann Heribert Ohlmann plötzlich doch wieder ein Ass aus dem Ärmel. 24 Jahre war der 67-jährige Schiedsrichterobmann im SFV und gehört auch heute noch verschiedenen Kommissionen im Deutschen Fußballbund an. Der ehemalige Leiter des Gymnasiums Wendalinum in St. Wendel spricht von einer spontanen Entscheidung. FORUM versucht im Vorfeld eine Einschätzung und analysiert Stärken und Schwächen der Mannschaften.
Mannschaft2020
Von Beginn an stand das Team von Adrian Zöhler im Ruf, für ein „Weiter so" im Saar-Fußball zu stehen. Die Kandidatur von Heribert Ohlmann hat diese Diskussion wieder aufleben lassen. „Es war ja auch nicht alles schlecht in den vergangenen Jahren", sagt der 67-Jährige, der für den Fall seiner Wahl auf die unterlegenen Kandidaten zugehen möchte. „Ein zerstrittener und zersplitterter Verband ist kein Zustand, den ich für wünschenswert halte." In der Mannschaft2020 wollen der SPD-Politiker David Lindemann und der Westsaar-Klassenleiter Lars Diedrich Vizepräsident werden. Als Schatzmeister hat das Team den ehemalige Profifußballer Uli Kiefer ins Rennen geschickt. Der 51-Jährige ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Für das Amt des Justiziars kandidiert erneut Joachim Schmieden. Als neuer Vorsitzender des Verbandsspielausschusses kandidiert Josef Kreis, der bisherige Vorsitzende des Westsaarkreises. Die Kampagne wurde von Michael Scholl, dem Geschäftsführer der Union-Stiftung geleitet.
Vorteile: Der Verlauf einer Versammlung ist schwer vorhersehbar. Aber es ist durchaus denkbar, dass ein Vorteil des Teams um Heribert Ohlmann darin liegen könnte, dass in schwierigen Zeiten Beständigkeit geschätzt wird. Der frühere Schiedsrichter-Chef ist ein erfahrener Funktionär, ein Mann des Ausgleichs. Er kann Brücken bauen und Menschen zusammenführen. Auch der frühere Oberligaspieler Lindemann ist als SPD-Politiker ein Mann der Gremien. Spielleiter-Kandidat „Jupp" Kreis ist ebenfalls ein Mann, der den Kompromiss sucht. Schatzmeister-Kandidat Uli Kiefer, als früherer Profi beim FCS aktiv, hat einen tadellosen Leumund. Und Union-Geschäftsführer Scholl ist ein exzellenter Strippenzieher und Netzwerker.
Nachteile: Jene, die in den vergangenen Jahren die Faust in der Tasche geballt haben ob der Verbandspolitik, dürften mit der Mannschaft2020 nicht warm werden. Ohlmann ist ein alter Hase, aber eben auch Teil des alten Systems um den im Zuge des LSVS-Skandals zurückgetretenen Franz-Josef Schumann. Dem CDU-Mann haftet ebenso wie Lindemann der Ruf der Parteipolitik an. Gerade an der Basis waren in den vergangenen Monaten des Öfteren Stimmen zu hören, die sich einen Neuanfang ohne politische Einflüsse wünschen. Der bisherige Verbandsjustiziar Joachim Schmieden machte zudem bei dem missglückten Fusionsdeal des FCS mit der DJK Bildstock keine gute Figur und versucht zudem, den von „VereineVor" angestrebten außerordentlichen Verbandstag mit juristischen Kniffen auszuhebeln.
VereineVor
Vorteile: Der frühere Regierungssprecher Thorsten Klein hatte als erster Kandidat seine Kampagne gestartet und einen außerordentlichen Verbandstag erzwungen. Die Corona-Pandemie durchkreuzte seine Pläne. Vorher war er durchaus in der Favoritenrolle. Klein gilt als gut vernetzt und hat viele Vereine besucht. Mit Ex-Nationalspieler Philipp Wollscheid, dem Eppelborner Vorstand Tobias Saar, Schatzmeister-Kandidat Christoph Kleinz, der Justiziarin Barbara Haupenthal und dem Marketing-Experten Philipp Werthmüller hat er junge, unverbrauchte Gesichter nominiert. Gremienerfahren sind in seinem Team aber nur wenige.
Nachteile: Dass Klein vor einigen Wochen auf Zöhler zuging und den Kompromiss suchte, hat viele Unterstützer verärgert. Dass sein „Werbegesicht" Philipp Wollscheid als Co-Trainer der U19 des 1. FC Kaiserslautern anheuerte, ist an der Basis auch nicht gut angekommen. Zudem hat sich Klein mit dem designierten Spielausschussvorsitzenden Josef Klein überworfen, der nur noch in den Teams von Ohlmann und Hölzer kandidieren wird. Immerhin: Mit dem früheren Kult-Schiri Willy Bauer hat er einen guten Ersatzmann gefunden.
Team Udo Hölzer
Vorteile: Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten hat Hölzer auf öffentliche Aktivitäten in den sozialen Netzwerken verzichtet. „Ich halte es nicht für sinnvoll, dass wir einen Dauerwahlkampf führen. Es gibt sicherlich Unzufriedenheit an der Basis, und die müssen wir ernst nehmen. Aber wir sind auch keine Feinde, sondern Teil einer Familie", hat er stets betont. Der Sozialpädagoge, Asien-Experte und langjährige Amateurtrainer hat angekündigt, den Schwerpunkt im Bereich der Jugendarbeit setzen zu wollen. Als Jugendleiter hat er mit dem Hasborner Trainer Pascal Bach einen absoluten Fachmann mit im Team. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern, die namhafte Kandidaten in ihren Reihen haben, hat Hölzer Leute von der Basis um sich versammelt, die in ihren Vereinen Führungsämter hatten.
Nachteile: Hölzer ist sicher der am wenigsten bekannte Kandidat. Für ihn stellt sich die Frage, ob es in der Versammlung eine Mitte geben wird, die zwar Veränderungen, aber keinen radikalen Umsturz haben möchte. Wenn sich das Motto bewahrheiten sollte, dass nur die Lauten gehört werden, hat Hölzer keine guten Karten.
FORUM-Prognose
Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Mit der Nominierung von Heribert Ohlmann ist der Mannschaft2020 ein cleverer Schachzug gelungen. Der 67-Jährige steht allerdings nicht für einen wirklichen Neuanfang, wird keine neue Ära einleiten. Aufgrund seiner bodenständigen und verbindlichen Art könnte er aber Gräben zuschütten und in unsicheren Zeiten Stabilität verleihen. Thorsten Klein ist dagegen die Stimme der Unzufriedenen, und von denen gibt es im Saar-Fußball einige. Mit einer starken Rede könnte er Unentschlossene überzeugen. Sollte es zwischen den Lagern von Ohlmann und Klein aber schmutzig werden, könnte die Stunde des Außenseiters Udo Hölzer schlagen.