Bei der Deutschen Bank reißen die Skandale nicht ab. Der Ausspruch von Brecht „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" erweist sich wieder einmal als hellseherisch genial.
Sie hat Zinsen und Wechselkurse manipuliert. Sie hat Oligarchen, Mafiosi und dubiosen Diktatoren geholfen, Gelder zu waschen. Sie hat Donald Trump noch vor seiner Präsidentschaft, als ihm offenbar niemand sonst mehr Geld leihen wollte, Kredite in Millionenhöhe gewährt, die nie zurückgezahlt wurden. Wem das noch nicht reicht – sie hat die Finanzkrise 2008 durch die Vergabe hochriskanter Kredite mit ausgelöst. Als der Markt zusammenbrach, waren sie auf einen Schlag wertlos. Das Pikante: Die Bank hatte damit gerechnet und intern längst auf den Crash gewettet – und gewonnen.
Die Deutsche Bank. Ihr Name taucht überall dort auf, wo es um dunkle Finanzgeschäfte geht: Panama-Papers, Offshore-Manipulationen, FinCen-Enthüllungen, Verstöße gegen das Iran-Embargo, Geldwäsche in Russland.
Seit ungefähr 20 Jahren reißt es nicht ab. Über elf Milliarden Euro musste sie an Strafzahlungen leisten. Der Aktienkurs ist eingebrochen. Unter den wichtigsten Banken der Welt rangiert sie nur noch unter ferner liefen. Ist die einst so stolze Deutsche Bank zu einer kriminellen Vereinigung geworden? Diese Frage hat Wolfgang Hetzer schon 2014 gestellt. Hetzer war von 2002 bis 2013 Abteilungsleiter im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zuvor Referatsleiter im Bundeskanzleramt. Der Jurist hütete sich, die Frage nach der „kriminellen Vereinigung" zu bejahen. Er wirft aber dem Management vor, nicht nur Kontrollpflichten vernachlässigt, sondern ein betriebliches Klima geschaffen zu haben, das kriminelle Energien von Mitarbeitern begünstigte und deckte. Er nennt dies „organisierte Verantwortungslosigkeit" und plädiert für schärfere Unternehmensstrafen und harte Kontrollen.
Über elf Milliarden an Strafzahlungen
Die befürwortet auch Seven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament. „Es ist skandalös, dass internationale Großbanken auch nach der globalen Finanzkrise Geldwäsche in großem Stil zulassen. Alle Versprechen der globalen Banken, die Finger von kriminellem Geld zu lassen, sind spätestens jetzt unglaubwürdig geworden. Es ist Staatsversagen in großem Stil, dass staatliche Behörden sich seit Jahren unfähig zeigen, diesem Treiben ein Ende zu bereiten." Giegold tritt für eine Financial Intelligence Unit auf deutscher und europäischer Ebene ein, die die große Zahl an Geldwäscheskandalen aufdecken soll. Fabio di Masi, stellvertretender Fraktionschef der Linken im Bundestag, spricht von 100 Milliarden Euro im Jahr, die allein in Deutschland gewaschen werden. Auch er wirft der Bundesregierung Versagen vor und hat einen „Masterplan Geldwäsche" in den Bundestag eingebracht.
An der großen Zahl der Transaktionen sind bisher sämtliche Kontrollversuche gescheitert. Jedes Jahr wickeln die größten Banken Überweisungen im Gegenwert von Hunderten Milliarden Dollar ab, von denen sie selbst vermuten, dass sie dadurch das Geld von korrupten Oligarchen, Terrorgruppen oder anderen Kriminellen in Umlauf bringen. Um die Herkunft von Geld aus einem Drogen- oder Waffengeschäft zu verschleiern, werden Scheingeschäfte mit korrupten Unternehmen durchgeführt, die oft in Ländern sitzen, die den Behörden nur spärlich Auskünfte erteilen. Die Gelder werden so oft hin- und hertransferiert, dass am Ende völlig unklar ist, woher sie ursprünglich stammen.
Im Prinzip sind die meisten Geldhäuser – auch die Deutsche Bank – gesetzlich verpflichtet, jede Überweisung, die verdächtig erscheint, umgehend an die Behörde zu melden. Im FinCen-Skandal (benannt nach dem Financial Crimes Enforcement Network) kam heraus, dass viele dieser Meldungen zu spät von der Bank an die FinCen und von dieser an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden. Zu groß war die Versuchung, an diesen Transaktionen ohne Mühe ordentlich zu profitieren und seine Boni zu kassieren.
Verdächtiges Geld zu spät gemeldet
Insgesamt handelt es sich bei den FinCen-Files um mehr als 2.100 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen, einige davon betreffen Dutzende Transaktionen auf einmal. Die Gesamtsumme, die in diesen Transaktionen abgewickelt worden ist, liegt bei etwa zwei Billionen US-Dollar. Die Verdachtsmeldungen haben Banken in den Jahren 2000 bis 2017 bei der US-Anti-Geldwäsche-Behörde angezeigt. Die Deutsche Bank machte in 982 Geldwäscheverdachtsmeldungen an die US-Behörden auf Transaktionen in Höhe von 1,3 Millionen Dollar aufmerksam – mit Abstand der größte Teil.
Die Deutsche Bank selbst beteuert, dass das alles der Vergangenheit angehöre. Es seien „kriminelle Handlungen von Einzelpersonen" gewesen, man habe aus den Fehlern gelernt, sei Probleme systematisch angegangen und habe das Geschäft neu ausgerichtet. Außerdem habe man ab 2015 die Zahl der internen Kontrolleure massiv erhöht – von 600 auf 1.500 Mitarbeiter.