Drei „machbare" Gegner in acht Tagen – doch nicht nur die 0:1-Auswärtsniederlage von Hertha BSC in Bielefeld weckt Zweifel an reicher Punktausbeute.
Mit den sogenannten Englischen Wochen hatte Hertha BSC zuletzt nicht so viel Erfolg – dabei hatte die erste unter Trainer Bruno Labbadia noch richtig Euphorie entfacht. Der hatte während der Unterbrechung der Bundesliga im April 2020 das Amt in Berlin übernommen und mit seinen Schützlingen gleich nach dem Re-Start den Grundstein für die erfolgreiche Bewältigung des Ziels Klassenerhalt gelegt. Zunächst gewannen die Hauptstädter auswärts bei der TSG Hoffenheim (3:0), dann legten sie in den drei Partien zwischen dem 22. und 30. Mai noch einmal sieben Punkte nach. Zwar sollte in den verbleibenden fünf Saisonspielen nur noch ein Dreier gelingen – zum Abschluss der englischen Woche im Juni gegen Bayer Leverkusen (2:0). Nach einer größtenteils chaotischen Spielzeit hatte Hertha letztlich aber noch in die Spur gefunden und konnte für 2020/21 Größeres als den Bundesligaverbleib ins Auge fassen.
Doch so unerwartet unterdurchschnittlich wie die aktuelle Spielzeit bisher verliefen auch die drei Partien der Blau-Weißen binnen neun Tagen im Dezember: Zwei Pünktchen aus den Begegnungen in Mönchengladbach (1:1) und Freiburg (1:4-Auswärtsniederlage) sowie zu Hause gegen Mainz (0:0) sorgten schon vor dem Jahreswechsel für ordentlich Katerstimmung an der Spree. Die zarten Hoffnungen auf mehr Punkte und konstant bessere Darbietungen, die der 3:0-Sieg gegen Schalke 04 dann Anfang Januar geweckt hatte, zerstörte die folgende Auswärtsniederlage in Bielefeld bereits im Ansatz. Ohne seinen Ausnahmespieler Matheus Cunha, der mit Leistenproblemen passen musste, bot Hertha BSC beim Aufsteiger eine weitgehend biedere Vorstellung – und bewies letztlich Defizite gegenüber der Arminia in puncto Mentalität. Bezeichnend die Entstehung des Bielefelder Siegtors, bei dem die Hausherren nach langem Einwurf in den Strafraum zweimal einfach energischer in die entscheidenden Duelle gingen. Den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung vollzog die Labbadia-Elf so erneut nicht. In dieser Spielzeit hat sie noch nicht zweimal hintereinander gewinnen können – zuletzt, siehe oben, gelang das zu Labbadias Amtsantritt. Die Initialzündung, um sich wenigstens in der oberen Tabellenhälfte festzusetzen, will dem Team einfach nicht gelingen. Aufgrund der Niederlage in Bielefeld erscheint obendrein der ersehnte Durchbruch in der anstehenden englischen Woche mit Gegnern, die allesamt im Klassement ebenfalls hinter Hertha stehen, wieder fraglicher als zuvor.
Auswärts beim 1. FC Köln (Samstag, 16. Januar, 15.30 Uhr) sowie in den beiden Heim-Partien gegen die TSG Hoffenheim (Dienstag, 19. Januar, 20.30 Uhr) und Werder Bremen (Samstag, 23. Januar, 18.30 Uhr) wird die Herausforderung innerhalb von acht Tagen nun vielmehr wieder von erhöhtem Druck begleitet. Die volle Punktausbeute würde dem im zweiten Halbjahr 2020 erneut recht gestressten Verein erheblich weiterhelfen. Es wäre darüber hinaus ein besonderes Signal, denn seit Mitte September 2016 hat Hertha BSC nur ein einziges Mal drei Ligaspiele hintereinander für sich entscheiden können: im September/Oktober 2019, als die drei „Kellerkinder" aus Paderborn, Köln und Düsseldorf – übrigens nicht im Rahmen einer englischen Woche – besiegt wurden.
Der „FC" aus der Domstadt steckt dabei nicht das erste Mal in dieser Spielzeit in einer Krise: Die saisonübergreifend 18 Partien währende Serie ohne einen Sieg konnte das Team von Trainer Markus Gisdol am neunten Spieltag zwar öffentlichkeitswirksam bei Borussia Dortmund beenden, zuletzt blieb man aber schon wieder viermal ohne Dreier und sogar eigenen Torerfolg. Herthas Bilanz in Köln kann sich dabei sehen lassen: Vier der letzten fünf Gastspiele am Rhein wurden gewonnen, die beiden letzten sogar „zu null". Mit Ondrej Duda und Marius Wolf (jetzt beide Köln) sowie Jhon Cordoba (nun Hertha) treffen dazu jeweils Spieler auf den Verein, dessen Trikot sie vergangene Spielzeit noch übergestreift haben. Letzte Saison fügten sich beide Mannschaften im Übrigen jeweils eine krachende Heimniederlage zu, in diesem Vergleich behielt die Geißbock-Elf mit ihrem 5:0-Auswärtserfolg vom Februar 2020 im Olympiastadion mit einem Tor knapp die Oberhand.
Zum Abschluss gegen Angstgegner Bremen
Die Statistik auf dem eigenen Platz gegen die TSG Hoffenheim, Herthas Kontrahent am kommenden Dienstag, fällt dagegen wenig erbaulich aus. Zuletzt konnten die Hauptstädter im Olympiastadion viermal nicht gegen die Kraichgauer gewinnen, der letzte Dreier gelang bei Schneesturm im November 2015 (1:0). Hoffenheim war damals Tabellenletzter der Bundesliga, „dagegen bekamen die Berliner Champions-League-Träume neue Nahrung", wie der „Kicker" seinerzeit schrieb. Nach dem Traumstart in die Saison 2019/20 mit den Siegen auswärts in Köln und beim Heimspiel gegen Bayern München (4:1) ist die Euphorie um die Hoffenheimer und ihren neuen Trainer Sebastian Hoeneß jedoch weitgehend verraucht. Zuletzt gab es nur einen Sieg in fünf Bundesligapartien, die 0:4-Auswärtsniederlage aus dem Spiel beim damaligen Schlusslicht Schalke 04 erhöhte auch den Druck auf den Sohn des ehemaligen Hertha-Managers Dieter Hoeneß noch weiter.
Zum Abschluss der englischen Woche wartet samstags mit Werder Bremen gleich im nächsten Spiel zu Hause noch eine Art Angstgegner auf die Berliner: Denn in dem Traditionsduell hatten die Hanseaten schon 36-mal das bessere Ende für sich, während Hertha in diesem Vergleich bislang nur 20 Siege vorzuweisen hat. Die letzten sechs Heimspiele konnte man dazu gegen Werder nicht gewinnen. Die Bremer schienen mit zwei Siegen aus den ersten drei Partien dabei die „Grusel-Saison" 2019/20 frühzeitig vergessen machen zu wollen, danach gelang in zwölf Spielen jedoch nur noch ein einziger Sieg. Somit stand der SVW nach dem 15. Spieltag mit lediglich einem Punkt mehr da als im vergleichbaren Zeitraum der vergangenen Saison – und folgerichtig ist die sportliche Situation an der Weser schon wieder äußerst angespannt.
Kann Hertha BSC also gegen die drei in der Krise steckenden Clubs nicht eine adäquate Punktzahl erreichen, droht man selbst wieder mächtig in die Bredouille zu geraten. Von nicht unerheblicher Bedeutung wird dabei sein, ob Matheus Cunha rechtzeitig fit wird für die besondere Belastung der „Woche der Wahrheit". Und dass auch drei Siege in Folge zwangsläufig kein Allheilmittel für die launische „Alte Dame" sind, stellte sich bei der letzten „Serie" heraus, als man ab Oktober 2019 gleich siebenmal ohne Dreier blieb und erst im dritten Spiel unter dem neuen Trainer Jürgen Klinsmann wieder ein Sieg gelang.