Nachspielzeit: The Show Must Go On

Eine Krisenbewältigung ist auch immer die Stunde der Populisten. Als solcher gerierte sich der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans, als er die „Privilegien" für Fußball-Profis auf den Prüfstand gestellt haben wollte. Kleinlaut musste er nach dem Bund-Länder-Gipfel einräumen, dass sein Vorschlag bei den Kollegen gerade in den großen Bundesländern auf taube Ohren stieß. Ein Blick ins Ausland hilft: Selbst dort, wo die härtesten Lockdowns verhängt wurden, spielte der organisierte Fußball weiter. Das hat auch psychologische Gründe. Die zahlreichen TV-Übertragungen bieten Abwechslung in einem mittlerweile trüben Alltag. Es kommt aber auch hinzu, dass der organisierte Fußball herausragende Hygienekonzepte erarbeitet hat. Verantwortlich hierfür ist der Saarbrücker Sportmediziner Professor Dr. Tim Meyer, Teamarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Ministerpräsident Hans hätte auch diesen regionalen Faktor erwähnen können, um Pluspunkte zu sammeln. Anscheinend passt das Anzetteln einer Neiddebatte aber derzeit besser ins politische Kalkül. Auf Professor Meyer werden sich den kommenden Wochen die Augen dennoch verstärkt richten. Denn die Europameisterschaft steht vor der Tür. Die Uefa plant nach wie vor, das Turnier in zwölf Ländern auszutragen. Das ist – mit Verlaub gesagt – Wahnsinn. Ein Argument, den nationalen Fußball laufen zu lassen, ist die Tatsache, dass direkt und indirekt bis zu einer Viertelmillion Jobs am deutschen Fußball hängen. Dieses Argument verfängt bei einer EM nicht. Und mal ehrlich: Ein großes Turnier lebt doch vom Flair der Fan-Meilen, vom gemeinsamen Mitfiebern in Kneipen. Von diesen Zuständen sind wir meilenweit entfernt. Hinzu kommen unvorhersehbare Reisetätigkeiten. Es bleiben nur zwei Optionen: Entweder man sagt die EM ab. Oder man trägt sie in einem Land aus. Notwendig für das Überleben des Wirtschaftszweiges Fußball ist sie nicht. Ja, die Show muss weitergehen! Aber nur dort, wo es vertretbar ist und wo es wirtschaftliche Zwecke erfüllt.