Ein Alkovenmobil mit komplettem Holzaufbau sieht man auch nicht alle Tage. Der Chef einer Offenburger Zimmerei hatte die Idee dazu, gründete mit seinem Sohn die Marke Holzmobil, und beide fertigen nun die extravaganten Wohnmobile in Kleinserie.
In Villingen-Schwenningen, gelegen im Südwesten Baden-Württembergs, ist Stefan Offenburger der Chef der Zimmerei Offenburger, einer Firma mit beinahe hundertjähriger Geschichte. In der Region spielt das Holzgewerbe traditionell eine große Rolle, nicht nur wegen der Nähe zum Schwarzwald. Aber Stefan Offenburger ist nicht nur erfahrener Holzhandwerker, sondern auch begeisterter Camper. Da lag es nahe, Beruf und Hobby zu verbinden – mit einer rollenden Behausung aus Holz. Nicht nur beim Möbel-, sondern auch beim Kabinenbau.
Holz ist ein natürlicher und nachwachsender Baustoff. Und ökologisch obendrein. Allerdings verrottet Holz, wenn es feucht oder gar nass wird. Das ist wohl mit ein Grund, warum die meisten Hersteller von Reisemobilen auf Kabinen setzen, die überwiegend aus Kunststoffen oder Metallen – plus Isolierschichten – bestehen. Aber der Offenburger ließ sich nicht abschrecken und ging gemeinsam mit seinem Sohn Oliver, einem Wirtschaftsingenieur und IT-Unternehmer, sein Projekt an. Auf Basis eines allradgetriebenen MAN TGE 4x4, dem Parallel-Modell zum VW Crafter, konstruierte und baute er ein sogenanntes Alkovenmobil, also einem Aufbau mit Bettvorbau über dem Fahrerhaus.
Mit seinem zulässigen Gesamtgewicht von viereinhalb Tonnen bietet der MAN ausreichende Zuladungsreserve. Denn bereits leer wiegt das Reisemobil aus dem Südwesten rund 3.700 Kilogramm. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von dreieinhalb Tonnen wäre daher nichts zu machen.
Aber auch andere Basisfahrzeuge und Aufbauten sollen realisierbar sein. So plant Offenburger bereits einen Teilintegrierten, der mit 3,5 Tonnen auskommen soll. Bereits während der Bauphase des ersten Holzmobils war das Interesse an dem Fahrzeug auch bei anderen Campern groß. So kam es schließlich – Nomen est omen – zur Gründung der Marke „Holzmobil". Und die will demnächst mit einer Fertigung in Kleinserie durchstarten.
Auch innen nur geölte Hölzer
Der Erstling mit Querdoppelbett und Garage im Heck ist ein rund 770 Zentimeter langes und familienfreundliches Alkovenmobil. Der Aufbau ist außen und innen aus zertifiziert nachhaltigen Hölzern in Handarbeit hergestellt. Auch im Inneren finden sich nur geölte Hölzer und keine Kunststoffe. Die aus sogenanntem Okoume-Holz gefertigte Wohnkabine sitzt auf einem Hilfsrahmen aus Stahl, der an unterschiedliche Fahrgestelle angepasst werden kann. Im feuerverzinkten Rahmen sind die Leitungen der Bordtechnik verlegt und nach unten mit Alublechen verkleidet, die auch den Holzboden schützen. Die seitlichen Wände sind aus einzelnen Bahnen zusammengesetzt. Diese sind ineinander verzahnt und durch Schwalbenschwanz-Verzahnungen miteinander verbunden.
Das Holz ist mit einem klaren Bootslack-Überzug versiegelt, der in sieben Schichten aufgetragen wurde. Als Dämmschicht dienen Platten aus Holzfaser, verleimt mit einer Sperrholz-Innenschicht. Zum Patent angemeldet ist der diffusionsoffene Dachaufbau, bei dem Wasserdampf und Feuchtigkeit durch die Decke entweichen können. Der Dachaufbau ist außen nicht lackiert, sondern mit wasserdichtem Textilgewebe belegt und kommt mit einem Hagelschutz und einer Geräusch-Isolation einher. Die Kanten des Wohnaufbaus sind mit passgenauen Leisten aus Aluriffelblech versehen, die so exponierte Stellen gegen Stöße durch Äste oder Sträucher schützen.
Auch innen spürt – oder besser riecht – man den Baustoff Holz. Echte Hölzer, gekonnt kombiniert, behandelt mit gesundheitlich unbedenklichen Öko-Ölen. Die Fronten der Möbel sind in Erle gehalten, die Platten von Tisch und Küchenarbeitsfläche aus massiver Buche gefertigt, einzelne Teile aus Pappel. Blau lasiert präsentiert sich die Fichtenwand neben der Küche, Edelstahlseile bilden die Relings der Ablageborde.
Da Stefan Offenburger auch mit seinen beiden Enkeln auf Tour geht, finden diese während der Fahrt auf zwei mit Sicherheitsgurten ausgestatteten Einzelsitzen Platz. Gemeinsam mit den beiden drehbaren Sitzen von Fahrer und Beifahrer bilden die Einzelsitze der zweiten Reihe die Sitzgruppe, die um einen erweiterbaren Tisch angeordnet ist.
Zur Unterhaltung dienen je ein integrierter Monitor rechts und links. Die entsprechende Multimedia-Technik hat Sohn Oliver Offenburger – im Hauptberuf IT-Unternehmer – in einem Fach unter dem Alkoven, – mit einer 200 mal 130 Zentimeter großen Liegefläche – installiert. Er ist auch zuständig für die per App und Touchscreen steuerbare Beleuchtung und die Soundanlage im Fahrzeug.
Zum 200 mal 140 Zentimeter großen Doppelbett im Heck führt ein Gang. Türen rechts und links schließen ihn vorn wie hinten ab und verbinden die Dusche und den Toilettenraum zu einem großzügigen Bad.
Einen ungewöhnlichen Ansatz verfolgen die Schöpfer des Holzmobils bei der Energieversorgung. Das Fahrzeug ist komplett gasfrei. Selbst die Technik der Küche wird – vom 50 Liter fassenden Kompressor-Kühlschrank bis zum Induktionsherd mit seinen beiden Platten –
mit Strom betrieben. In der Heckgarage sitzt ein Lithium-Ionen-Akkupack mit einer Kapazität von 400 Ah, ergänzt um einen 3.000-Watt-Wechselrichter und je einen 150-A-Netz- und einen 60-A-Solarlader. Für ausreichend Energienachschub sorgen in der wärmeren Jahreszeit zwei 350-Watt-Solarmodule auf dem Dach. Warmwasser stellt ein strombetriebener WW-Boiler zur Verfügung, im Winter wird er befeuert von einer Diesel-Warmluftheizung. Frisch- und Abwassertank fassen je 90 Liter, größere Tanks können auf Kundenwunsch geordert werden.
Der Grundpreis für das 7,70 Meter lange Alkovenmobil (Breite 214 cm, Höhe 325 cm) auf Basis des MAN TGE 4.180 liegt bei rund 182.000 Euro. Individuelle Ausstattungswünsche treiben den Preis noch etwas in die Höhe, durch Verzicht – etwa auf den Allradantrieb – lässt sich der Preis allerdings auch senken. Die Kundschaft für das neue Konzept scheint vorhanden. Bis Mai diesen Jahres sollen, so der Plan, fünf weitere Fahrzeuge auf die Räder gestellt werden.