Die „Bliesgau Ölmühle" setzt sich schon immer für eine nachhaltige Landwirtschaft und für Landschaftspflege ein. Unter den vertriebenen regionalen Produkten ist auch Honig von hier. Produziert von Imker Jonas Müller.
Die „Bliesgau Ölmühle" ist vor ein paar Monaten umgezogen. Wer sie besuchen möchte muss jetzt an den alten Geschäftsräumen geradeaus weiterfahren und stößt nach 150 Metern automatisch auf den neuen Laden. Die „Bliesgau Ölmühle", das sind Jörg Hector und Patric Bies. Seit Jahren schon haben sie sich ganz dem Anbau und der Herstellung heimischer, genussreicher und seltener Speiseöle verschrieben. Aber nicht nur dieses. Beide finden auch immerwährend neue Themen. Gemeinsam setzen sie als Impulsgeber auf die regionale Landwirtschaft, höchste Qualität und kulinarische Sinnesfreude, wozu auch die Verbindung von Kulinarik und Landschaftspflege gehören.
So initiierten die beiden das alljährlich im Juli stattfindende Leinblütenfest – das einzige seiner Art in Europa – an der historischen Ölmühle Wern in Ottweiler-Fürth oder das Bliesgau-Walnussfest im idyllischen Mandelbachtal. Sie haben in den vergangenen zehn Jahren vieles angestoßen und dabei auch viele Verbündete gefunden. Zu ihren Aktivitäten gehören die Erzeugung von Hülsenfrüchten, die Verarbeitung von Senfsaaten, Herstellung und Vertrieb von Gewürzölen und Apfelessigen sowie der Verkauf von hochwertigem Tierfutter und Ölsaaten.
Viele Verbündete für ihre Projekte
In dem neuen Lädchen geht es jetzt um noch mehr regionale Produkte, von der Bliesgau-Molkerei etwa. Oder regionale Nudeln, auch Hartweizengrießnudeln. Produziert aus Gelbweizen, dieser stammt aus Schweden und ist in unseren Breiten besser anzubauen.
Patric Bies hat bei vielen Landwirten in den vergangenen Jahren dafür geworben, wieder verstärkt Linsen im Saarland anzubauen. Im Bliesgau gibt es Linsen nachgewiesen seit dem 18. Jahrhundert, etwa in Reinheim. Unterschiedliche Linsensorten haben die beiden schon länger im Programm, um diese regionalen Produkte gemeinsam mit den Bauern zu vermarkten. Eine echte Erfolgsgeschichte. Vor zehn Jahren fingen sie mit 100 Kilo an, heute sind es mehrere Tonnen. Gerade sind Jörg Hector und Patric Bies dabei, ihr Angebot zu erweitern: um italienische Linsen, die in gewisser Höhe gedeihen. Diese Berglinsen lassen sie von einem Bauer an der Mosel anbauen. Und – der Klimawandel macht es möglich – auch Kichererbsen bauen sie mittlerweile im Saarland an.
Bei meiner Ankunft erwartete uns zudem Jonas Müller. Der Maschinenbauingenieur hat eine Passion: Honig. Er macht den „Raaschbacher Honig". Für Nicht-Saarländer: den Bliesransbacher Honig. Diesen Honig kann man hier im Lädchen kaufen. Damit ich sehe, wovon Jonas Müller redet, fahren wir erst einmal an den Ortsrand von Bliesransbach zu seinen Bienen. Diese stehen auf einer riesigen Fläche mit vielen Feldblumen, Obstbäumen und auch Sträuchern. So etwas nennt sich Streuobstwiese. Vor Jahrzehnten schon lernte ich, dass dieser Raum unbedingt erhaltenswert ist. Denn was auf der südlichen Erdhalbkugel die Magrovenwälder und die Korallenriffs bedeuten, sind in unseren Breiten die Streuobstwiesen. Auf solch einer Streuobstwiese leben bis zu 5.000 Lebewesen, Pflanzen und Tiere. Ohne dieses Zusammenspiel würde die Gegend veröden. Um also unsere Kulturlandschaft mit allen Lebewesen zu erhalten, brauchen wir diese Streuobstwiesen.
Mit herrenlosem Bienenstock fing vor vier Jahren alles an
Die Biosphärenregion Bliesgau hat hier – sehr informativ für Laien – große Infotafeln aufgestellt. Da kann jeder nachlesen, warum solche Streuobstwiesen so wichtig sind. Jonas Müller erzählt, wie er vor vier Jahren zur Imkerei kam. Er kommt aus der Landwirtschaft, beide Großeltern waren Landwirte, Traktor und Feld sind ihm also seit seiner Kindheit vertraut. Willi Ludt, der ehemalige Vorsitzende der Saarbrücker Imker, war sein Lehrmeister. Bei ihm schaute er sich um, hatte so seine ersten Kontakte zu Bienen. Die Arbeit mit den Bienen in freier Natur gefiel ihm richtig gut. Er hat jede Menge Platz hier in Bliesransbach, auch sein Onkel ist Landwirt. „Ich kann also auf Wiesen gehen, um Bienenstöcke hinzustellen, ohne vorher irgendwelche Genehmigungen zu brauchen. Also habe ich losgelegt."
Es dauerte auch nicht lange, und ein herrenloser Bienenschwarm wurde in der Gegend gesichtet. Willi Ludt rief ihn an, und schwupps hatte Jonas Müller seinen ersten Bienenschwarm. Heute besitzt er 13 Völker. Es gibt verschiedene Methoden, wie man imkert. Jeder Imker macht das ein klein wenig anders. Nach seinen ersten Erfahrungen entschloss sich Müller, seine Betriebsweise mit dem sogenannten „angepassten Brutraum" zu gestalten. Dies bedeutet, der untere Kasten des Bienenstocks ist das Reich der Königin. Dort brütet sie. In dem Kasten sind zehn Rähmchen. Diese sind angepasst an die Legeleistung der Königin. Er gibt ihr nur so viel Platz, wie sie brüten kann. Links und rechts am Kasten sitzen sogenannte Wärmeschiede. Durch die Aluminiumkaschierung der Hartschaumdämmplatte hat das Schied eine wärmereflektierende Wirkung. Dieser Schied reguliert den gesamten Wärmehaushalt, da jedes Brutnest eine bestimmte Temperatur braucht. Damit imkere es sich leichter, betont Müller. Manchmal ist weniger eben mehr, denn je weniger der Imker die Tiere stört, desto besser ist es für das Bienenvolk.
Diese Methode hat sich etabliert. Im Frühjahr hat diese Wärmeinstallation auch den Vorteil, dass die Bienenvölker stärker starten als andere. Das Bienenvolk ist besser durch den Winter gekommen und hat mehr Bienen als andere Stöcke. Und somit produziert es auch mehr Honig. Die Imker unterscheiden beim Blütenhonig zwischen Frühtracht und Spättracht. Dies ist
eine Unterscheidung, zu welchem Zeitpunkt im Jahr der Honig entstanden ist, und woher die Bienen ihren Nektar haben. Obstbäume etwa blühen im Frühjahr, Sonnenblumen erst viel später. Die Frühtracht entsteht überwiegend aus blühenden Obstbäumen und Hecken. Müller: „Weißdorn etwa hat einen sehr interessanten Geruch. Wer mal am Weißdornhonig gerochen hat, weiß sofort, was ich meine."
Bienen gestärkt aus dem Winter
Der Honig ist aber oftmals eine Mixtur aus allem, was blüht. Schon von Wabe zu Wabe schmecke der Honig ein wenig anders, betont er. So sei es für einen Imker schon beim Schleudern schwierig zu sagen, wo was genau drin ist. Reinen Sortenhonig herzustellen sei sehr schwierig. Wenn die Imker unsicher sind, schicken sie den Honig zur Analyse ein. Jonas Müller verkauft deshalb Honig mit dem Namen „Frühtracht" und „Spättracht". Die Frühtracht kristallisiert dabei sehr früh aus. Das hängt ab vom Verhältnis Fruktose zu Glukose, denn beide verhalten sich unterschiedlich in der Kristallisation.
Seine Spättracht ist dunkel, aromatisch und kräftig. Nicht so süß, fast herb, da dort auch viel Linde und Blatthonig drin sind. Denn neben dem Blütenhonig arbeitet der Imker auch noch mit dem Blatthonig, auch Honigtau genannt. Dieser findet sich in Tropfenform auf den Blättern. Der Blatthonig gibt diesem Honig eine dunklere Farbe. Bei einem cremigen Honig hat er die Spättracht mit einem Anteil Frühtracht geimpft. So heißt das. Darum werden die Kristalle im Honig feinkörniger. So kann er den Geschmack beeinflussen. Da die Geschmäcker unterschiedlich sind, kann er so viele von ihnen bedienen. Die einen lieben mehr den feineren, andere mehr den gröberen.
Doch die Arbeit des Imkers wird nicht einfacher, denn nicht selten werden in der Landwirtschaft immer häufiger Pflanzen verwendet, die vor allem auf Ertrag gezüchtet werden, sogenannte Hybride. Der entscheidende Nachteil, wie Müller betont: „Diese Pflanzen haben kaum noch Nektar." Ein riesiges Problem für die Bienen – und letztlich für uns alle.