Am Freitag startet die exquisit besetzte 2. Bundesliga in ihre neue Saison. Wir wagen mal eine vorsichtige Prognose.
Mit Prognosen vor Beginn der Saison kann man sich ganz kräftig blamieren. Auch wir bei FORUM haben an dieser Stelle schon oft richtig gelegen. Und einige Male ganz kräftig daneben. Die Problematik dieser Prognosen liegt in den Veränderungen. Da prophezeit man einem Verein Abstiegs-Sorgen, weil man weiß, dass es mit dem Trainer nicht passt. Und dann wird dieser nach drei Spieltagen entlassen und der Club findet einen guten Nachfolger, der das Team ins sichere Mittelfeld führt. Oder man sieht einen Verein ganz vorne, der kurz vor oder sogar nach Saisonbeginn noch seine beiden besten Spieler abgeben muss.
In dieser Saison ist die 2. Bundesliga besonders schwer zu tippen. Zum einen, weil die nun wohl wirklich stärkste Liga aller Zeiten vor allem die ausgeglichenste sein könnte. Zum zweiten, weil in einem solch engen Feld schnell psychologische Eigendynamiken in die eine oder andere Richtung einsetzen können. Und zum dritten, weil nach Corona der Transfermarkt besonders spät in Gang kommt und wohl kein Club annähernd mit der Mannschaft durch die ganze Saison geht, mit der er reingeht. Kneifen gilt trotzdem nicht. Deshalb wagen wir – mit aller Vorsicht – eine Prognose.
Die Absteiger
Werder Bremen und der FC Schalke 04 sind zwei Schwergewichte, bei denen sich viele einen Abstieg kaum vorstellen konnten. Sie gehen aber mit komplett unterschiedlichen Bedingungen in die Saison. Bremen hat von dem angekündigten Umbruch noch wenig vollzogen. Hat noch viele Absteiger, aber auch starke Spieler an Bord, wird das eigentliche Team aber viel später einspielen können. Schalke hat den einzigen Vorteil der katastrophalen Vorsaison genutzt: die frühe Planungs-Sicherheit. Die Königsblauen haben schon um die 20 Spieler verloren und fast ein Dutzend geholt. Das muss sich auch erst finden. Da das Gerüst mit Spielern wie Simon Terodde, Victor Palsson, Danny Latza oder Marius Bülter aber für die Zweite Liga gut erscheint, wirkt Schalke aber zum jetzigen Zeitpunkt etwas stärker und startet als Top-Favorit.
Die knapp Gescheiterten
Holstein Kiel hat den nicht mit dem Aufstieg belohnten Höhenflug bitter bezahlt. In Jae-Sung Lee, Jonas Meffert oder Janni Serra gingen Leistungsträger. In Steven Skrzybski, Fiete Arp und Patrick Erras kamen aber vielversprechende Neue und Trainer Ole Werner blieb. Deshalb wird es wohl keinen Riesen-Absturz geben. Der Hamburger SV kämpft derweil gegen ein echtes Aufstiegs-Trauma an. Dreimal schien der HSV bis ins Frühjahr klar auf Aufstiegskurs, dreimal wurde er am Ende Vierter. Nun soll Tim Walter es endgültig schaffen. Der Umbruch im Kader war wieder groß, vor allem der Abgang von Torjäger Terodde muss aufgefangen werden. Dennoch zählt der HSV zum klaren Favoritenkreis. Dies dürfte auch für Fortuna Düsseldorf gelten, das in Christian Preußer auch einen neuen Trainer hat, aber dafür den geringsten Umbruch aller Spitzenteams zu bewerkstelligen hat.
Die enttäuschten Traditionsclubs
Für die langjährigen Erstligisten FC St. Pauli (10.) und vor allem 1. FC Nürnberg (11.) und Hannover 96 (13.) lief die Vorsaison enttäuschend. Vom Aufstieg spricht dort deshalb keiner so wirklich. Darauf schielen tun sie dennoch, und den Druck der Fans spüren sie auch. Pauli schien sich mit einer guten Rückrunde zu konsolidieren, brach dann aber wieder ein und dürfte der klassische Mittelfeld-Club sein. Die Nürnberger haben Stand Mitte Juli noch nicht sehr viel dazubekommen, aber auch wenig verloren und zumindest die Defensive stabilisiert. Das könnte auf Rang sechs bis neun hinauslaufen. Für Hannover könnte es bei gutem Start noch weiter nach oben gehen. Die „drei Sebastians" Kerk, Ernst und Stolze sind gute Zugänge, die die gesamte Vorbereitung absolviert haben.
Das solide Mittelfeld
Der Karlsruher SC (6.), Darmstadt 98 (7.), der 1. FC Heidenheim (8.), der SC Paderborn (9.) und Erzgebirge Aue (12.) bildeten im Vorjahr das Quintett, das mit ganz oben und ganz unten wenig zu tun hatte. So kann es für alle wieder kommen. Gleichzeitig gelten alle irgendwie gleichzeitig als Geheimtipps für oben und unten. Der KSC wirkt auf den ersten Blick aber nicht absturzgefährdet, hat fast nichts verloren und ein paar verheißungsvolle Spieler geholt. Darmstadt hat ordentlich gekauft, aber mit Palsson oder Serdar Dursun auch richtig Qualität verloren. Heidenheim hat trotz der extremen Schwankungen im Vorjahr eine stabile, eingespielte Truppe und könnte am ehesten in einen Flow kommen. Paderborn hat offensive Power, der neue Trainer Lukas Kwasniok will dem Baumgart’schen Jagd-Fußball „einen Hauch mehr Pragmatismus" zufügen. Mit Sebastian Schonlau, Sebastian Vasiliadis oder Christopher Antwi-Adjei gingen wichtige Spieler, Chris Führich war heiß umworben. Ein großer Absturz scheint dennoch unwahrscheinlich. Für Aue dürfte es nur um den Klassenerhalt gehen. Vor allem, wenn nach den Abgängen von Krüger und Testroet keine Offensiv-Verstärkung mehr kommt.
Die knapp Geretteten
Jahn Regensburg als 14. und der SV Sandhausen als 15. sprangen dem Abstieg im Vorjahr von der Schippe. Doch Regensburg schleppte die schlechteste Bilanz der letzten zehn Spieltage in die Sommerpause und ist für viele Absteiger Nummer eins. Sandhausen legte nach Hinrunden-Absturz ein gutes Finish hin und scheint überdies extrem gut verstärkt. Für die Kurpfälzer sollte es eigentlich wieder ein paar Plätze nach oben gehen.
Die Aufsteiger
Einen logischen direkten Wiederabsteiger sucht man in dem Trio Dynamo Dresden, Hansa Rostock und FC Ingolstadt vergeblich. Drei ehemalige Bundesligisten mit stabilem Fundament, das dürften weit mehr als Punktelieferanten sein. Auch wenn alle in erster Linie den Klassenerhalt anstreben, das ist durchaus für alle drei machbar. Dresden hatte aus dem Trio schon im Vorjahr die mit Abstand beste Mannschaft, Rostock hat sich richtig gut verstärkt und Ingolstadt stellt eine eingespielte Truppe. Dennoch dürfte der FCI aus dem Trio unter normalen Umständen die größten Schwierigkeiten bekommen, auch weil Aufstiegstrainer Tomas Oral ging.