Manuel Zeitz ist das Gesicht der Mannschaft des 1. FC Saarbrücken. Dennoch steht der 31-Jährige selten im Vordergrund. Doch Gespräche mit dem Urgestein lohnen sich immer.
Das Alter macht auch vor einem Haudegen wie Manuel Zeitz nicht halt. In der Jugend spielte er im offensiven Mittelfeld, seine ersten Einsätze im Herrenbereich hatte er in der Spielzeit 2008/2009 unter Dieter Ferner in der Oberliga, der ihn auf der rechten Außenbahn brachte. Unerfolgreich war „Zeitzer“ nicht. Acht Tore und fünf Vorlagen standen am Saisonende auf seiner Habenseite. Ein Jahr später in der Regionalliga traf er sogar elf Mal. Und nach dem Aufstieg in die 3. Liga kamen noch einmal sechs Tore und sechs Assists hinzu. Quoten, wie er sie seit Jahren nicht mehr erreicht. „Ich bin im Laufe meiner Karriere immer weiter nach hinten gerutscht. Jetzt spiele ich Innenverteidiger. Ich muss aufpassen, dass ich nicht irgendwann im Tor lande“, sagt der Kapitän des FCS lachend.
Auf „seiner“ Position – im zentralen defensiven Mittelfeld – spielt mittlerweile einer, der auch schon mal der „neue Zeitz“ genannt wird. Luca Kerber ist nach Angreifer Johannes Wurtz, Mittelfeldspieler Philipp Hoffmann und eben Zeitz der vierte Akteur, der es in den vergangenen 15 Jahren aus der Jugend in die Stammelf der Profis geschafft hat. „Wir freuen uns alle für Luca. Ich als Saarländer natürlich noch ein bisschen mehr. Aber er muss und wird seinen eigenen Weg finden. Vergleiche mit mir helfen ihm nicht weiter“, sagt der Mannschaftskapitän.
Mehr als 280 Spiele hat er für den FCS absolviert
Mehr als 280 Einsätze hat der gebürtige Völklinger mittlerweile für seinen Heimatverein absolviert. Und hat während seiner Karriere doch auch fremde Luft schnuppern dürfen. Nach einer überragenden Drittliga-Saison mit dem FCS suchte er den Sprung in die Zweite Liga beim 1. FC Nürnberg. „Menschlich war es eine gute Station, weil ich zum ersten Mal von zu Hause weg war. Ich musste lernen, meine Dinge selbst zu regeln. Sportlich haben sich die Dinge nicht so entwickelt, wie ich es gehofft habe“, sagt der 31-Jährige, der schließlich beim SC Paderborn zum Zweitliga-Spieler wurde und dann die Schattenseiten kennerlernte: „Die Hinrunde war eigentlich gar nicht verkehrt. Ich war kein absoluter Stammspieler, aber habe regelmäßig Einsatzzeiten bekommen. An Heiligabend erhielt ich dann den Anruf, dass ich mich ausleihen lassen soll. Ich war gerade im Saarland bei der Familie und bin aus allen Wolken gefallen.“ Dem FCS ging es im Winter 2013 mies. Abstiegskampf in der 3. Liga war angesagt, der Effekt des Trainerwechsels von Jürgen Luginger auf Milan Sasic war bereits verpufft. Mit einem Kraftakt und mehr als einem halben Dutzend neuer Spieler sollte die Wende kommen. „Es ist mein Heimatverein, er hat mich gefragt, ich wollte helfen. Es ist krachend schief gegangen“, blickt Zeitz auf eine sechsmonatige „Horrorzeit“ zurück: „Es waren gefühlt 45 Spieler in der Kabine. Jeder hat sein eigenes Ding gemacht, es hat von vorne bis hinten nichts geklappt“. Mit damals 23 Jahren war ein Abstieg in die Regionalliga auch mit seinem Herzensclub keine Option. Er entschied sich für einen Wechsel nach Cottbus, und es folgten die „zwei schönsten Jahre außerhalb des Saarlandes“. Mit einer Einschränkung: „Am Ende sind wir abgestiegen. Dabei waren wir im ersten Jahr ein verschworener Haufen, sind Fünfter geworden. Ich habe damals mitbekommen, wie sehr die Fans im Osten ihre Vereine lieben. Das ist noch einmal ein anderes Level als bei uns. Aber Energie hat ähnliche Fehler gemacht wie der FCS. Man hat ohne große Not ein eingespieltes Team extrem verändert. Das geht in den wenigsten Fällen gut.“
Im Sommer 2016 ging er dann trotzdem den ungeliebten Gang in die Regionalliga mit dem FCS. Sein väterlicher Freund und Mentor Dieter Ferner hatte gerade das Amt des Vizepräsidenten übernommen, sein früherer Mitspieler Marcus Mann die sportliche Leitung. Der Verein lag, abgeschoben ins Völklinger Exil, mehr oder weniger am Boden. „Wir müssen dankbar für das sein, was wir haben“, sagt Zeitz im Oktober 2021. Er sitzt im Sportheim des Vereins, der umgebaute Ludwigspark ist nur einen Steinwurf entfernt. „Wir haben eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, um aus der Regionalliga rauszukommen. Und das Stadion wurde auch nicht fertig. Ich kann nur davor warnen, zu ungeduldig zu werden. Der Verein muss sich erst einmal in der 3. Liga etablieren.“
Selbst bei 100 Prozent keine Sieggarantie
Seit 2016 führt Zeitz den FCS als Kapitän auf das Feld. Seine ganze Familie ist mit dem blau-schwarzen Virus infiziert. Mehr als 280 Pflichtspiele hat er mittlerweile für seinen Verein auf dem Buckel, er kennt ihn in- und auswendig. Er hat Abstiege ebenso miterlebt wie Aufstiege und war dabei, als der Club mit dem Erreichen des Halbfinales um den DFB-Pokal Geschichte schrieb. „Ich glaube, es ist einem erst im Nachhinein bewusst geworden, was wir da angestellt haben. Es war eine ganz besondere Stimmung in Völklingen. Ich kann über die Zeit dort nichts Schlechtes sagen, aber für die Bundesligisten war es mit Sicherheit komisch, sich in einer Turnhalle umziehen zu müssen“, sagt er grinsend.
Im Drittliga-Alltag steht der FCS derzeit ein wenig im „Niemandsland“ der Tabelle. „Wir stehen dort, wo wir hingehören. Wir sind nicht besser und nicht schlechter“, sagt Zeitz. Doch nun kommen die Wochen der Wahrheit. Es geht am Samstag gegen 1860 München, danach kommen die Derbys bei Waldhof Mannheim und mit dem 1. FCK. „Ich weiß, was gerade diese Spiele für die Fans bedeuten. Aber aus Sicht der Mannschaft kann ich nur sagen, dass man in dieser Liga in jedem Spiel 100 Prozent geben muss. Und selbst dann hast du keine Garantie, dass du gewinnst“, sagt der Kapitän, der für leise Töne plädiert: „Einen Aufstieg in der 3. Liga planen zu wollen, ist eigentlich zum Scheitern verurteilt. Man muss immer zuerst nach unten schauen. Auch in dieser Saison.“ Dennoch hat er mit 31 Jahren das Ziel Zweite Liga nicht aus dem Blick verloren. Sein zum Saisonende auslaufender Vertrag verlängert sich, sobald er 20 Liga-Spiele absolviert hat. Zeitz macht keinen Hehl daraus, dass er sich gerne langfristig binden würde. „Ich gehe hier nicht mehr weg. Es wäre schön, wenn wir das irgendwann auch schriftlich festhalten könnten. Ich will auch nach meiner aktiven Laufbahn, in welcher Position auch immer, für den FCS arbeiten“, sagt er und stellt abschließend die rhetorische Frage: „Wer ist denn noch hier, der den Verein besser und länger kennt als ich?“