Am Freitag tritt der 1. FC Saarbrücken beim SC Verl an. Beide Teams haben so ihre Probleme. Nur durch einen Sieg kann Ruhe einkehren.
Pressekonferenzen dauern beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken in dieser Saison in aller Regel etwas länger. Das hatte bislang wenig mit dem eigentlichen Anlass zu tun. In der vergangenen Woche ging es tatsächlich mal um Fußball. Sichtbar gezeichnet von der 0:2-Heimniederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern stellte sich Cheftrainer Uwe Koschinat rund 45 Minuten den Fragen der Medienvertreter. Die Aufgabe für den Coach ist dabei relativ schwer. 13 Spieltage lang agierte sein Team ein bisschen launisch. Mal bieder, mal kontrolliert, mal spektakulär. Aber nie teilnahmslos, nie ohne Leidenschaft.
Intern ging es schwer zur Sache
Doch nach zwei Derbyniederlagen steht alles in Frage. Die Qualität des Kaders, die Kompetenz des Trainers, die Moral der Mannschaft. „Wir hatten die eine oder andere Krise, aber aus der sind wir als Truppe immer gut herausgekommen", sagte der Trainer. Was dann passiert ist, ist ein Stück weit unerklärlich. „Ich fand, dass wir in Mannheim selbstbewusst begonnen haben. Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir nervös sind. Wir haben keine spielerischen Lösungen gefunden, hatten keinen Einsatz, wie wir den Gegner knacken können. Aber ich glaube nicht, dass dies etwas mit der Einstellung zu tun hatte", sagte Koschinat, der das Unheil vor dem Kaiserslautern-Spiel frühzeitig kommen sah: „Die Trainingswoche war schwierig, und das gipfelte dann in der Stimmung beim Abschlusstraining. Es waren viele Fans da, kaum jemand hat etwas gesagt. Es war ganz still, auf dem Platz und auf der Tribüne. Das hatte etwas von Abstiegsangst, aber nicht von Vorfreude auf ein Derby. Wir waren wie gelähmt."
Nun steht das erste Liga-Spiel nach den zwei Horror-Pleiten an. Koschinat und Co. machen keinen Hehl daraus, dass ihnen bewusst ist, dass sie viel Porzellan zerschlagen haben.
Fahrlässig wäre es aber, den verlorenen Derbys hinterherzutrauern. Denn tabellarisch ist die Situation beim Drittligisten noch recht entspannt. Aber sportlich entließ das Team sein Umfeld mit einigen Fragezeichen in die Länderspielpause. Wie kann es sein, dass eine Mannschaft, die in Sachen Torschüsse 13 Spiele lang zu den Top Fünf der Liga gehörte, in zwei Spielen 170 Minuten lang ohne eine einzige Chance auskommt? Warum findet eine Mannschaft, deren Trainer sowohl in der Zweiten als auch 3. Liga über Jahre bewiesen hat, dass er stabile Defensiven formen kann, über Wochen zu keiner Abwehr-Balance? Und warum ist in der Mannschaft der Eindruck entstanden, Koschinat würde Neuzugänge bevorzugen? „Ich übernehme die Verantwortung für die Aufstellungen. Aber ich habe nach bestem Gewissen aufgestellt, weil ich überzeugt war, dass wir die Spiele in dieser Konstellation gewinnen können. Ich wollte immer einen Traditionsverein mit seiner Wucht trainieren. Es tut mir wahnsinnig weh, dass mir so etwas unterstellt wird", sagt der Trainer.
Wie dick die Luft intern war, zeigte sich unmittelbar nach dem Lautern-Spiel, als Torwart Daniel Batz in der Mixed Zone gegen den eigenen Trainer lederte. Zwei Tage später präsentierten sich beide einträchtig vor der Presse.
Nur durch starke Leistungen wieder Thema werden
Denn möglicherweise war das Lautern-Spiel aber auch der Auslöser für ein reinigendes Gewitter. Es haben viele klärende Gespräche stattgefunden, Koschinat hat bewusst den Kontakt zu Spielern gesucht, die sich schlecht behandelt fühlen. Alternativen, das betont der Trainer, hat er jedenfalls reichlich. Innenverteidiger Dennis Erdmann zählt offenbar derzeit nicht dazu. Zwar erklärt Koschinat, dass die schier unerklärliche Leistungsdelle keine Nachwirkung des Rassismus-Skandals seien, gute Karten hat der 30-Jährige dennoch nicht: „Ich habe ihn in Halle gebracht, obwohl er in keiner guten Verfassung war. Und ich habe es auf meine Kappe genommen, dass wir in der Halbzeit zurückgelegen haben. Die Mannschaft hat damals das Spiel gerettet. Ich habe Dennis geholt, weil ich ihn für einen spannenden Charakter gehalten habe und weil ich geglaubt habe, dass er uns hilft. Aber derzeit hilft er uns gar nicht. Ich hatte ein längeres Gespräch mit ihm und habe ihm erklärt, dass er nur durch starke Traningsleistungen und einen guten körperlichen Zustand wieder eine ernsthafte Alternative werden kann."
Innerhalb der Fan-Szene und auch der Mannschaft wird immer wieder diskutiert, ob Kapitän Manuel Zeitz von der Innenverteidigung wieder ins defensive Mittelfeld rücken könnte: „Manuel ist mein Kapitän, und mein Ziel war es, dass er alle Spiele macht. Aufgrund der Dichte des Terminplans sehe ich ihn einfach als Konstante in der Abwehr. Aber natürlich haben wir nun eine Situation, in der ich alles hinterfrage", sagte Koschinat. Eine Umstellung in der Abwehr wäre naturgemäß auch ein Risiko. Boné Uaferro und Steven Zellner werden noch länger ausfallen. Talent Rasim Bulic macht laut Koschinat Fortschritte. „Er hat ein großes Herz und eine super Einstellung. Aber wir müssen auch immer sehen, von welchem Niveau dieser Spieler kommt. Als Einwechselspieler hat er überzeugt", erklärt der Trainer.
Seit Wochenbeginn ist Maurice Deville wieder zurück. Die Hoffnung war groß, dass der Luxemburger in seinem zweiten Jahr in Saarbrücken zünden würde: „Er hatte eine gute Vorbereitung und ist auch ganz gut in die Runde gestartet. Aber dann war er insgesamt fünf Wochen mit der Nationalmannschaft unterwegs. Er ist ein Top-Profi, aber die Reisen haben ihn immer wieder ein Stück vom Team entfernt", sagte Koschinat. Abschreiben sollte man den introvertierten Luxemburger aber nicht, da Minos Gouras zumindest in Verl aufgrund seiner Corona-Infektion sicher fehlen wird. Aber auch Eigengewächs Marius Köhl hat Pluspunkte gesammelt. „Er entwickelt sich Stück für Stück weiter. Ich habe ihn auf der Rechnung", sagt der Trainer, der weiß. „Nur mit einem Sieg in Verl können wir den ganz großen Druck vom Kessel holen."