Der 1. FC Saarbrücken muss nach der Niederlage in Osnabrück am Sonntag beim MSV Duisburg gewinnen, soll der Abstand zur Spitze nicht abreißen. Interessant wird die Besetzung der Offensive sein.
Jeder Trainer hat so seine Eigenarten. Uwe Koschinat, Coach des Drittligisten 1. FC Saarbrücken, ist da nicht anders. Seinen Analysen fügt er gern den Satz „zur Wahrheit gehört auch" hinzu. Die 1:2-Niederlage zum Jahresauftakt beim VfL Osnabrück war vermeidbar, am Ende gar so überflüssig wie ein Kropf. Darin waren sich alle einig, sogar Heimtrainer Daniel Scherding. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass „in der 3. Liga jede Schlafmützigkeit" bestraft wird und „man seine eigenen Chancen nutzen muss", wie es Offensivmann Julian Günther-Schmidt enttäuscht formulierte: „Die Niederlage war vermeidbar, und wir haben uns es selbst zuzuschreiben."
Zur Wahrheit der Niederlage gehört ebenfalls, dass es dem FCS abermals nicht gelungen ist, der Vorgabe des Trainers zu entsprechen und die Stärken des Gegners zu minimieren. Die Blau-Schwarzen gerieten auch an der Bremer Brücke in Rückstand, und die Art und Weise nach 17 Minuten war durchaus bemerkenswert. Die von Koschinat aufgrund ihrer Aggressivität gepriesene rechte Seite mit Dominik Ernst und Robin Scheu schaute erstaunt zu, wie sich die Osnabrücker gefällig bis in den Strafraum kombinierten. Lukas Boeder und Manuel Zeitz machten es nicht viel besser, und am Ende ließ sich Luca Kerber von Routinier Sören Bertram wie ein Lehrling austanzen. „Wir haben den Auftakt verschlafen, sind nicht in die Zweikämpfe gekommen. Das kann eigentlich nicht sein", tadelte Koschinat, der danach attestierte, sein Team habe „dramatisch gut" gespielt. Körpersprache und Einsatz stimmten zwar, aber zur Wahrheit gehört dann eben auch, dass man auswärts wohl nicht mehr als die zwei einhundertprozentigen Torchancen bekommt, die Tobias Jänicke vor der Pause hatte. Zweimal parierte Gästetorwart Philipp Kühn heldenhaft und verdiente sich damit den Titel „Spieler des Spiels".
Grimaldi sucht seine Form
Nach der Pause verlegten sich beide Teams auf einen Abnutzungskampf. Viel erinnerte an das Hinspiel, als der VfL bereits nach vier Minuten in Unterzahl geriet, aber den Ludwigspark dennoch als 2:1-Sieger verließ. Auch damals waren die Niedersachsen zweikampfstärker und cleverer. „Sie haben es gut wegverteidigt, aber wir haben es spielerisch auch nicht immer gut gemacht", sagte Günther-Schmidt, der auf dem linken Flügel zunehmend verschenkt wirkt, aber dennoch bester Saarbrücker Offensivmann war. Im Zentrum rieb sich der formlose Adriano Grimaldi auf, fand bei seinen Ablagen aber konsequent einen gegnerischen Spieler, sodass die wie Dutzendware geschlagenen langen Bälle umgehend wieder zurückkamen. In der Mittelfeldzentrale mühte sich Kapitän Zeitz redlich, während Youngster Kerber nicht seinen besten Tag hatte. Links steigerte sich Pius Krätschmer nach haarsträubenden Anfangsminuten immerhin defensiv, offensiv konnte er keine Akzente setzen. Auf der anderen Seite hatte „Dodo" Ernst vor allem im zweiten Abschnitt viel Platz, seine Flanken der Marke „Bügeleisen" endeten aber stets am Oberkörper eines Osnabrückers. Und Robin Scheu? Der „Unterschiedsspieler", der im Sommer gekommen war, um die Lücke zu schließen, die der Wechsel von Topscorer Nicklas Shipnoski hinterlassen hatte, gibt weiterhin Rätsel auf. Man kann dem 26-Jährigen nicht vorwerfen, dass er sich nicht reinhängen würde. Aber defensiv wie offensiv kommt er in aller Regel einen Schritt zu spät. Torgefahr strahlt er in aller Regel keine aus, sodass sich mehr und mehr die Frage stellt, ob Koschinat nicht eine von vier offensiven Positionen verschenkt. Ein Tor (per Elfmeter) und eine Vorlage (ein herausgeholter Elfmeter) sind jedenfalls kein Bewerbungsschreiben für weitere Startelfeinsätze, zumal der torgefährliche Joker Maurice Deville 90 Minuten lang die Bank drücken musste. „Ich hatte schlicht und ergreifend keinen Platz für ihn", verwies Koschinat auf die Tatsache, dass am Ende mit Justin Steinkötter, der drei Minuten vor dem Ende den Anschlusstreffer erzielte, Sebastian Jacob, Günther-Schmidt und Grimaldi gleich vier nominelle Stürmer auf dem Feld standen. Die größte Ausgleichschance hatte aber der eingewechselte Minos Gouras, der eine Minute vor Schluss nach tollem Pass Steinkötters freistehend vorbeischoss.
Am Ende wurde eine Partie doch noch heiß, die wenige Minute vor dem Ende bereits entschieden schien, nachdem Boeder und Mario Müller im Duett einen Osnabrücker Schuss ins eigene Tor abfälschten. „Die Niederlage tut weh, weil beide Tore vermeidbar waren", sagte Rückkehrer Steven Zellner, der nach neunmonatiger Verletzungspause ein bemerkenswertes Comeback hinlegte. Weh tat auch die Tatsache, dass Schiedsrichter Mitja Stegemann dem FCS nach gut einer Stunde einen durchaus möglichen Handelfmeter verweigerte.
Nun geht es am Sonntag zum MSV Duisburg. Dort muss Koschinats Team gewinnen, um den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren. Zur Wahrheit des vergangenen Wochenendes gehört, dass der Trainer erneut gefragt sein wird, wenn es darum geht, die richtige Offensivformation zu finden. Rückkehrer Gouras drängt ebenso wie Joker Steinkötter in die Startelf, auch Deville hätte mehr Bewährungsmöglichkeiten verdient. Und dass Julian Günther-Schmidt im Zentrum besser aufgehoben ist, versteht sich eigentlich von selbst.