„Licorice Pizza" ist eine atmosphärische Liebeserklärung an die 70er-Jahre – und an die Gegend, in der Regisseur Paul Thomas Anderson aufgewachsen ist. Der Film läuft seit dem 27. Januar im Kino.
Paul Thomas Anderson hat ein unglaubliches Gespür für die Stimmung einer Zeit: Das beweist – wieder einmal – der Film „Licorice Pizza", eine Liebeserklärung an das Los Angeles der 70er-Jahre. Um es gleich vorwegzunehmen: Der Film ist herausragend.
„Licorice Pizza" ist ein Film, in den man wegen der Atmosphäre geht. Sie ist durch und durch stimmig. Die Farben erinnern an alte Urlaubsfotos und Super-8-Filme, der Soundtrack ist ein Querschnitt durch die Zeit. Zu hören sind unter anderem Sonny & Cher, Chuck Berry, The Doors, Paul McCartney und David Bowie, um nur die bekanntesten Interpreten zu nennen. Die Neukompositionen für den Film stammen von dem britischen Musiker Jonny Greenwood, Gitarrist und Keyboarder der Band Radiohead.
Was Lakritz-Pizza mit den 70ern zu tun hat
Erklärungsbedürftig ist der Filmtitel „Licorice Pizza", auf Deutsch „Lakritz-Pizza". Er bezieht sich auf eine Kette von Plattenläden, die es in den 70er-Jahren in Kalifornien gab. Im Film kommt aber kein Laden der Kette vor; offenbar fand Paul Thomas Anderson einfach, dass das ein cooler Titel sei.
Bei „Licorice Pizza" werden Erinnerungen an frühere Filme Andersons wach. An „Inherent Vice" aus dem Jahr 2014 etwa oder an „Boogie Nights" von 1997, den zweiten Film des Regisseurs.
In „Licorice Pizza" geht es zunächst einmal um eine ungewöhnliche und nicht unbedingt einfache Beziehung. Gary Valentine, ein 15-jähriger Teenager mit reichlich Pickeln im Gesicht und noch mehr Selbstbewusstsein, macht sich im Jahr 1973 an die 25-jährige Alana Kane (Alana Haim) heran, die bei einer Firma jobbt, die Fotos fürs Jahrbuch seiner Schule macht. Alana zeigt ihm die kalte Schulter. Doch Gary lässt nicht locker und lädt sie zum Essen ein. Alana lässt sich darauf schließlich ein. Gleichzeitig stellt sie klar, dass sie nicht seine Freundin, sondern nur eine Freundin sein kann.
Bei den Hauptrollen setzt Paul Thomas Anderson auf junge, weitgehend unbekannte Schauspieler. Sowohl für den im Jahr 2003 geborenen Cooper Hoffman, den Sohn des Schauspielers Philip Seymour Hoffman, als auch für die 1991 geborene Alana Haim – die bislang vor allem als Musikerin bekannt war – ist es die erste Filmrolle. Zu beiden hatte Anderson auch vorher schon Kontakt: So war Cooper Hoffmans Vater in fast allen Filmen Andersons zu sehen, die vor seinem Tod im Jahr 2014 entstanden. Und für Alana Haims Band Haim – in der auch zwei ihrer Schwestern mitspielen – hat er mehrere Videos aufgenommen. Die Nebenrollen wiederum sind hochkarätig besetzt: unter anderem mit Sean Penn, Tom Waits und Bradley Cooper.
Die beiden Hauptfiguren tragen die wilde Handlung: Gary, der nicht weiß, wohin mit seinem Selbstbewusstsein, und Alana, die es zwar seltsam findet, mit 15-Jährigen abzuhängen, sich aber doch zu Gary hingezogen fühlt. Im Laufe des Films geraten die beiden immer wieder in skurrile Situationen, sie begegnen Charakteren, die kaum exzentrischer sein könnten.
Eine Zeit, in der alles möglich scheint
Gary hat in einem Film mitgespielt – eine Tatsache, auf die er mächtig stolz ist, obwohl er eigentlich nur einer unter vielen Darstellern ist. Zusammen mit den anderen Schauspielern soll er zu einem Promo-Auftritt nach New York fliegen. Da er erst 15 ist, soll seine Mutter ihn auf der Reise begleiten. Doch die hat andere Pläne – und so heuert Gary Alana dafür an.
Garys Mutter ist andauernd unterwegs. So organisiert er sein Leben weitgehend selbst, während Alana noch bei ihrer Familie wohnt. Eines Tages kommt Gary durch Zufall an einem Geschäft für Wasserbetten vorbei. Er ist begeistert und fängt selbst an, Wasserbetten zu verkaufen. In seinem neuen Geschäft stellt er Alana an. Da sie auch ins Filmgeschäft einsteigen möchte, verschafft Gary ihr einen Termin bei seiner Agentin.
„Licorice Pizza" spielt im San Fernando Valley, jener Gegend im Norden von Los Angeles, in der Paul Thomas Anderson aufgewachsen ist und auch heute noch lebt. Es ist ein rasanter Lauf durch eine Welt und eine Zeit, in der alles möglich scheint. In der ein 15-Jähriger mal eben zum erfolgreichen Geschäftsmann wird. In der es der neueste Schrei ist, sich ein Wasserbett ins Schlafzimmer zu stellen. Und in der sich auf einmal lange Schlangen vor den Tankstellen bilden, weil die Ölkrise zuschlägt und der Sprit ausgeht.